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Meinung Zukunft der Nato

Was passiert mit Osteuropa, wenn sich die USA zurückziehen?

Unberechenbar: US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump Unberechenbar: US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump
US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner: Donald Trump
Quelle: dpa
Wenn Donald Trump wieder an die Macht kommt, sieht es für die Ukraine-Hilfen schlecht aus. Er könnte die Nato schwächen. Wenn der Osten nicht zum Freiwild für Putin werden soll, muss Europa viel enger zusammenarbeiten, schreibt unser Gastautor, ein Osteuropa-Experte.
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Trotz des blutigen Angriffs Russlands auf die Ukraine fühlen sich die Ostmitteleuropäer heute sicher. Sie haben Vertrauen in die Nato als eine Organisation, die von den Vereinigten Staaten geführt wird und daher in Moskau als stark gilt. Gleichzeitig fragen sich viele Politiker, Diplomaten und Experten in Osteuropa, was mit ihren Ländern geschehen wird, sollte Donald Trump im November 2024 die US-Präsidentschaftswahl gewinnen.

Trump hat kein klares außenpolitisches Profil. Manche halten ihn für prorussisch oder sogar von Putin durch kompromittierendes Material kontrolliert. „Ein Sieg Trumps im Jahr 2024 würde zweifellos zum Ende der amerikanischen Unterstützung für die Ukraine führen“, warnt Alexander Vindman, in Kyjiw geborener US-Oberstleutnant a.D. und ehemaliger Direktor des Nationalen Sicherheitsrats der USA.

Andere sehen in Trump aufgrund seiner Unberechenbarkeit ein potenzielles Problem für den Kreml. Sie spekulieren daher, dass er für Ostmitteleuropa von Vorteil sein könnte. So soll Trump kürzlich erklärt haben, dass er – wäre er 2022 Präsident der USA gewesen – als Reaktion auf Russlands umfassenden Einmarsch in der Ukraine Moskau bombardiert hätte.

Viele Osteuropäer sind unzufrieden mit Biden und seiner Unentschlossenheit in Bezug auf Russland. Andererseits sind Biden und die Demokratische Partei für sie berechenbar. Trump und seine Anhänger sind dagegen ein Risiko.

In Osteuropa ist die Befürchtung weitverbreitet, dass der russische Respekt vor dem westlichen Verteidigungsbündnis nach der nächsten US-Präsidentschaftswahl schwinden könnte. Sollte der Zusammenhalt der Nato oder das Engagement Washingtons nachlassen, könnten die mittelosteuropäischen Staaten wieder zum Freiwild Russlands werden – so wie sie es vor ihrem Nato-Beitritt waren. Die Bandbreite der Szenarien, die dann eintreten können, wurde durch die jüngsten Schicksale der Ukraine, Georgiens und Moldaus anschaulich demonstriert.

Osteuropäer erinnern sich an die sowjetische Unterdrückung

Osteuropa hat sich in den letzten 30 Jahren nicht an eine scheinbar perfekte Weltordnung gewöhnt. Anders als in Westeuropa gibt es keinen magischen Glauben an die politische Kraft der Friedfertigkeit. Die Osteuropäer erinnern sich an die zaristische und sowjetische Unterdrückung sowie an den westlichen Verrat an europäischen Werten.

Die kollektive Wahrnehmung der nationalen Sicherheit in Mittelosteuropa ist immer noch geprägt von der Erinnerung an den Molotow-Ribbentrop-Pakt von 1939, die Teilung Europas in Jalta 1945 und das Budapester Memorandum von 1994.

Die Funktionslogik der Nato als Verteidigungsbündnis beruht auf Vertrauen, Klarheit und Berechenbarkeit. Dies könnte mit Trump als US-Präsident nicht mehr der Fall sein. Schlimmer noch, eine knappe Niederlage Trumps bei der Präsidentschaftswahl könnte Unruhe oder sogar Instabilität in den USA auslösen. Washington wird dann nicht mehr in der Lage sein, eine entschlossene Außenpolitik zu betreiben. Dies hätte schwerwiegende Auswirkungen auf das Funktionieren der Nato.

Die Osteuropäer haben gelernt, das Schlimmste zu erwarten. Freilich würde Trumps außenpolitisches Verhalten als Präsident weiterhin von mehr als nur den teils schrulligen Ideen seines politischen Lagers bestimmt werden. Die Trumpisten können, selbst wenn sie das Weiße Haus zurückerobern, die amerikanischen Institutionen und Traditionen nicht einfach ignorieren.

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Dennoch wird die Ukraine im schlimmsten Fall keine amerikanische Hilfe mehr erhalten. Die Verpflichtung der Vereinigten Staaten, den Nato-Staaten beizustehen, könnte infrage gestellt werden. Wenn entweder Trump gewinnt oder seine Niederlage innenpolitische Turbulenzen auslöst, wird sich Europa schnell und grundlegend verändern müssen.

Eine europäische Rumpf-Nato ohne volle Beteiligung der USA müsste sich neu aufstellen. Sollte die Nato ganz verschwinden, müsste sich die EU von einer bloßen wirtschaftlichen und politischen Gemeinschaft in ein Sicherheits- und Verteidigungsbündnis verwandeln.

Die geopolitischen Risiken nehmen zu

Mit der Verleihung des EU-Kandidatenstatus an die Ukraine, Moldau und Georgien 2022 und 2023 sind die EU und ihre 27 Mitgliedstaaten indirekt in drei europäische Territorialkonflikte mit Russland verwickelt worden. Seit Anfang 2024 schließen immer mehr europäische Staaten Sicherheitsabkommen mit der Ukraine ab. Die EU hat gerade eine Sicherheits- und Verteidigungspartnerschaft mit der Republik Moldau unterzeichnet.

Die mittlerweile starke Einbindung der EU in den postsowjetischen Raum würde bedeuten, dass die geopolitischen Risiken rasch zunehmen, wenn sich die USA aus Europa zurückziehen. Es wäre ein Moment der Wahrheit für den Kontinent und eine Prüfung für die viel gepriesene europäische Idee. In den letzten 70 Jahren lag immer die Frage in der Luft, ob es europäische Integration und Sicherheit nur gibt, weil und solange Washington seine schützende Hand über Europa hält.

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Fällt der amerikanische Schutzschirm weg, könnte sich die Vision eines sich selbst tragenden geeinten und solidarischen Europas als Fiktion erweisen. Die europäischen Staaten müssten eine ganz neue Form von sicherheits-, außen- und verteidigungspolitischer Zusammenarbeit untereinander praktizieren.

Nach 70 Jahren wäre die Frage, ob Moskau seine hegemonialen Ansprüche in Europa durchsetzen kann, nicht mehr primär an Washington gerichtet. Die Antwort würde davon abhängen, inwieweit sich die Nationen Europas als echte Gemeinschaft verstehen – mit allen Konsequenzen, die dies mit sich bringt.

Andreas Umland ist Analyst des Stockholmer Zentrums für Osteuropastudien (SCEEUS) am Schwedischen Institut für Internationale Angelegenheiten (UI).

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