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Meinung Wagenknecht-Biografie

Denken im Lenin’schen Schema – das wurde in DDR-Schulen vermittelt

Freier Autor
WELT-Autor Alan Posener WELT-Autor Alan Posener
WELT-Autor Alan Posener
Quelle: Claudius Pflug
Mit der Wagenknecht-Biografie werden auch Bereiche der DDR wieder sichtbar, die schon vergessen waren. So lobt der Wagenknecht-Autor die historische, literarische und philosophische Bildung, die ihr die Schule der DDR „doch sehr solide vermittelt hat“. Unser Autor hat da eine andere Meinung.
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Zurzeit quäle ich mich durch eine neue Biografie von Sahra Wagenknecht. Nicht der Gegenstand ist das Problem, obwohl ich kein Fan der Politikerin bin, sondern der Autor. Klaus-Rüdiger Mai wurde 1963 in der DDR geboren, wurde also durch das System geprägt; bis heute fremdelt er mit der Demokratie der Bundesrepublik.

Was natürlich erlaubt ist, nur spricht aus Mais Buch allzu deutlich das Ressentiment eines Mannes, der sich zu wenig anerkannt wähnt. Entscheidend für Deutschland sei, „ob das Erbe der DDR, die Erfahrung der DDR für Deutschlands Entwicklung existenziell bedeutsam werden könnte“, schreibt er; also ob Leute wie Mai – ja, und Wagenknecht, auch sie ein Produkt des Spätsozialismus – mit ihrer Kritik am System, das die DDR zu Fall gebracht hat, mehr Beachtung finden.

Es ist doof, wenn man mit Ende 20 das Koordinatensystem verliert, in dem man sich wohnlich eingerichtet hat. Und dann sind die Gewinner der Geschichte nicht etwa Übermenschen mit Arno-Breker-Maßen, sondern „das Mittelmaß, die Mediokratie des allzu lange allzu reichen Juste Milieus der Bundesrepublik“, so Mai. Wie konnten diese Mittelmäßigen bloß gewinnen? Das ist und bleibt für manche DDR-Babyboomer eine narzisstische Kränkung.

Nehmen wir die Bildung. „Das Problem“ der bundesdeutschen Schulen, so Mai, „das erstaunlicherweise auch Sahra Wagenknecht, sonst eine gute Analytikerin, verkennt“, sei das Fehlen eines verbindlichen literarischen und geschichtlichen Kanons, dass „den Schülern keine Orientierung mehr in der Geschichte angeboten wird, dass die Fähigkeit, in Zusammenhängen zu denken, nicht vermittelt wird, wie es in den Schulen der DDR geschah.“ Der Politikerin wirft ihr Biograf vor, in ihren eigenen autobiografischen Äußerungen nicht von der historischen, literarischen und philosophischen Bildung zu reden, die ihr die Schule der DDR „doch sehr solide vermittelt hat“.

Wenn Schriftsteller als „Gesindel“ bezeichnet werden

Wie man ausgerechnet historische, literarische und philosophische Bildung und Orientierung erhalten soll, wenn die Interpretation von Geschichte als Geschichte von Klassenkämpfen, von Literatur als Dokument von Philosophie als Mittel des Klassenkampfs nicht hinterfragt werden darf, das bleibt Mais Geheimnis.

Will man, als jemand, der nicht dabei war, diese „Orientierung“ verstehen, sollte man noch einmal Rainer Kunzes „Die wunderbaren Jahre“ lesen: Der Deutschlehrer bezeichnet Pasternak und Solschenizyn – die er natürlich nicht gelesen hat – als „Gesindel“; das Hausaufsatzthema lautet: „Warum müssen wir uns Goethe kritisch aneignen?“ – die Betonung, fügt der Lehrer hinzu, liege auf „kritisch“; die Bibel auf dem Bücherbrett ist Grund, aus dem Lehrlingswohnheim zu fliegen. Und so weiter und so fort.

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Was in den Schulen der DDR solide vermittelt wurde, das war das Denken im Lenin’schen Schema „Wer-Wen?“ In Freund-Feind-Bildern. Anti-Amerikanismus und Anti-Liberalismus. Verklärung der Arbeiterklasse und der schwieligen Faust. Gleichsetzung von „Volk“ und „gut“. Skepsis gegen den „bürgerlichen Individualismus“. Und wie man sieht: Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.

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