Christian Lindner hat recht. Syrien ist nicht sicher. Deutschland und Europa dürfen keine Flüchtlinge zwangsweise in ihre Heimat zurückschicken. Diese Heimat gibt es in den meisten Fällen nicht mehr.
Von den 22 Millionen Menschen, die vor Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien lebten, sind zwei Drittel Flüchtlinge geworden: Sieben Millionen sind innerhalb des Landes geflohen, sieben Millionen ins Ausland, die meisten in die Türkei oder den Libanon, etwa eine Million nach Europa.
Nikos Christodoulidis hat aber auch recht. „Wir sind nicht in der Lage, noch mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Zyperns Präsident. Sieben Prozent der Bevölkerung der Inselrepublik seien bereits Migranten, darunter viele Syrer, die aus dem Libanon oder der Türkei kommen. Zypern hat die Prüfung von Asylanträgen ausgesetzt und fordert zusammen mit sieben anderen EU-Staaten die Europäische Union auf, sichere Herkunftsgebiete in Syrien auszuweisen, in die Flüchtlinge zurückgeschickt werden können.
Der Widerspruch ließe sich nur auflösen, wenn die EU selbst die Sicherheit dieser Gebiete mit garantieren würde. Dorthin könnte man dann jene Syrer zurückschicken, die nicht vor Repression fliehen, sondern vor der Armut, die Folge von Bürgerkrieg und Repression ist, und unter der 90 Prozent der Bevölkerung Syriens leiden.
Empörung über den Grenzwall von Trump
Das wird nicht passieren. Europa scheut die Kosten und will nicht Teil des in Syrien ausgefochtenen Stellvertreterkriegs regionaler und überregionaler Mächte werden. Derweil wird das Migrationsproblem outgesourct, indem Staaten wie Libanon und Türkei, Tunesien, Marokko und Mauretanien Geld dafür bekommen, Migranten abzufangen.
Europäer empören sich über Donald Trumps Grenzwall, den Joe Biden wohlweislich nicht abbaut; unseren Grenzwall bilden autoritäre und korrupte Regime. Kürzlich enthüllte der „Spiegel“, dass marokkanische und mauretanische Polizeikräfte mit Wissen der EU wahllos Menschen mit schwarzer Haut aufgabeln und in entfernten Wüstenregionen aussetzen.
Vor diesem Hintergrund müssen die 7,5 Milliarden Euro gesehen werden, die eine internationale Geberkonferenz zur Milderung der Flüchtlingsnot in Syrien und den Nachbarländern bereitstellt. Deutschland trägt davon ein Siebentel. Eine Milliarde ist viel Geld; aber nur ein Bruchteil der Summe, die wir aufbringen müssten, wollten wir Syrern die sichere Rückkehr ermöglichen. Als Salbe für unser Gewissen also: unbezahlbar.