Ja, meint Moritz Seyffarth
Grundrechenarten und Sprache sind entscheidender für das Zusammenleben als Klanghölzer und Tuschkasten. Wer Addieren und einfache Grammatik in der Grundschule nicht versteht, wird es im Leben schwer haben.
Deutsche Schüler erzielen bei Pisa-Tests historisch schlechte Ergebnisse. Diese offenkundigen Schwächen in Mathematik und Deutsch kosten die Bundesrepublik langfristig Billionen Euro an Wohlstand. Daher ist es richtig, dass Bayerns Kultusministerin plant, den Musikunterricht mit Kunst und Werken zusammenzulegen und dafür mehr Stunden in Deutsch und Mathe anzubieten.
Natürlich sind auch Kunst und Musik für die Bildung essenziell. Malen und Trommeln gehören jedoch auch so zur Lebenswirklichkeit vieler Kinder. Wie viele üben in Ihrer Freizeit hingegen Multiplikation oder schreiben freiwillig Diktate?
Deutschland sollte sich fragen, ob es weiterhin das Land der Ingenieure und der Exzellenz sein möchte – oder das Land von Traumtänzern und Mittelmaß. Bayern macht es vor – hoffentlich machen es andere Bundesländer nach.
Der Autor hat sein Abitur in Bremen gemacht.
Nein, meint Alan Posener
„Wer kann, macht. Wer nicht kann, lehrt.“ So George Bernard Shaw. Lehrkräfte witzeln: „Wer nicht lehren kann, geht in die Schulverwaltung.“ Siehe Bayern.
Längst wissen Theoretiker und Praktiker, dass Musikunterricht die Entwicklung des kindlichen Gehirns fördert, weil beim Musizieren und Tanzen Hören und Bewegung, Koordination und Konzentration auf intensive Weise verbunden werden. Ähnliches gilt für das Hantieren mit Holz oder Wolle beim Werken, mit Farben oder Ton im Kunstunterricht.
Wer diese Fächer kürzt, damit Deutsch und Mathe im Interesse besserer Pisa-Ergebnisse gebimst werden, hat von Lernpsychologie und Schulalltag keine Ahnung. Schule soll Menschen bilden, nicht Automaten. Das sagte zwar ein Preuße, Wilhelm von Humboldt, aber er hatte Recht.
Was nicht nur in Bayern Not tut, ist mehr Musik, Werken und Kunst. Dann leisten die Kinder auch in Deutsch und Mathe mehr. Das zeigen auch die Waldorfschulen. Aber man wird nicht dadurch Bildungsminister, dass man sich an Fakten hält.
Der Autor hat lange als Lehrer gearbeitet. Bis heute spielt er in einer Band.