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Meinung Ernährungsempfehlung

Die Bundesregierung will uns das Fleisch verbieten? Das ist nichts als billige Polemik

Freier Autor
WELT-Kolumnist Alan Posener WELT-Kolumnist Alan Posener
WELT-Kolumnist Alan Posener
Quelle: Claudius Pflug
Die deutsche Gesellschaft für Ernährung senkt ihre Empfehlung für den Fleischkonsum auf 300 Gramm pro Woche. Eigentlich kein Grund zur Aufregung, schließlich ist das keinesfalls eine Vorschrift. Doch in der AfD nimmt man es mit der Wahrheit nicht so genau.

Im Februar besuchte ich Palermo. Zu den kulinarischen Spezialitäten der sizilianischen Hafenstadt gehört „pani câ meùsa“: Rindermilz und -lunge, kurz gekocht, in Schweineschmalz frittiert und im weichen Brötchen serviert. Mein Reiseführer nennt es „gewöhnungsbedürftig“, und es war … gewöhnungsbedürftig.

Erstaunlicherweise wurde mir aber nicht schlecht. Dafür löste die Speise einen heftigen Gichtanfall aus, an dem ich immer noch leide. Nun, ich war gewarnt worden. Lassen Sie die Finger von Innereien, sagte schon vor Jahren mein Internist nach Betrachtung meiner Blutwerte. Womit ich bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) wäre.

„Wir fördern eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung. Damit die Menschen in Deutschland gesund bleiben oder werden“, heißt es auf der Website des gemeinnützigen Vereins. Kürzlich hat die DGE ihre Empfehlung für den Fleischkonsum auf 300 Gramm pro Woche gesenkt. Das entspricht etwa einem doppelten Hamburger. Der durchschnittliche Deutsche konsumiert heute in etwa das Dreifache.

Manche Umweltverbände und Gesundheitsexperten fanden dennoch, 300 Gramm seien zu viel. Das Deutsche Diabetes-Zentrum fand gar, im Hinblick auf die Risiken bezüglich Diabetes, Dickdarmkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen müsste sich der Fleischkonsum „der Null annähern“. Nun gut, wir sind gewarnt worden; wir können uns entsprechend verhalten, müssen es aber nicht.

Von Zwang ist keine Rede

Trotzdem wettert Dr. Christina Baum, Zahnärztin und Mitglied im AfD-Vorstand: „Es ist eine Ungeheuerlichkeit, wie die Bundesregierung schon wieder versucht, schrittweise unser Leben über Vorschriften zu kontrollieren und zu bestimmen.“ Ähm, nein. Die Bundesregierung versucht gar nichts. Es gibt keine „Vorschriften“ über den Fleischkonsum, nur die Empfehlung einer unabhängigen Fachorganisation.

Wie denn überhaupt diese Regierung, weit davon entfernt, unser Leben zu kontrollieren und zu bestimmen, etwa mit der Legalisierung von Cannabis unser Leben von einigen lästigen Kontrollen und Bestimmungen befreit hat. Gegen den Widerstand der AfD. Frau Baum schreibt denn auch auf ihrer Website: „Persönlich kämpfe ich gegen die Liberalisierung unserer Gesellschaft an.“

Aber man macht nicht Karriere bei der AfD, wenn man es mit der Logik zu genau nimmt. Dr. Baum erklärt weiter: „Mit der Begründung eines so erzwungenen, gesenkten Verbrauchs von tierischen Lebensmitteln kann dann stetig auch die Tierhaltung zurückgefahren werden, um einem Großteil der Bauern ihre Lebensgrundlage zu entziehen.“

Wie gesagt, von Zwang ist nicht die Rede. Aber der Schlenker mit den Bauern ist lustig. Wenn ich mehr Fleisch essen soll, um den Bauernstand zu ernähren, kann ich ja auch mehr Formulare ausfüllen, um Bürokraten in Lohn und Brot zu halten und mehr schlechte Filme gucken, damit Kameraleute und Regisseure nicht arbeitslos werden.

Ich gönne Dr. Baum so viel Fleisch, wie sie verträgt. Was ich aber gar nicht goutiere, das ist Desinformation und billige Polemik. Das vertrage ich fast so schlecht wie pani câ meùsa.

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