Überraschung! Oskar Lafontaine ist der Partei seiner Ehefrau Sahra Wagenknecht beigetreten. An ihrer Stelle wäre man vorsichtig: Lafontaine neigt dazu, die Brocken hinzuschmeißen, wenn ihm etwas nicht passt. Man frage Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder. Eigentlich hat ihre Partei – das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ (BSW) – einen scharfen Screening-Prozess installiert, um Querulanten, Selbstdarsteller und andere unzuverlässige Elemente fernzuhalten, aber vermutlich hat die Chefin für ihren Mann gebürgt: Ich sorge schon dafür, dass Oskar spurt.
Denn weit davon entfernt, ein „Bündnis“ zu sein, wie etwa die Nato, ist Wagenknechts Organisation eine Kaderpartei nach dem Muster früherer kommunistischer Parteien, die von oben nach unten aufgebaut wurden. Oberstes Prinzip ist die Loyalität zur Chefin, was wiederum an Parteien anderer Couleur erinnert. Egal. Lafontaine ist sozusagen per Eid gezwungen, die Chefin zu lieben und zu ehren, in guten und schlechten Zeiten, bis dass der Tod sie trenne, erfüllt also das wichtigste Kriterium für eine Mitgliedschaft. Und darf zur Belohnung auf dem ersten Parteitag des BSW sprechen, der sinnigerweise in einem früheren DDR-Kino namens „Kosmos“ abgehalten wird.
Man kann sich das Gespräch am Frühstückstisch im saarländischen Merzig vorstellen: „Bitte, Sahra, lass mich eine Rede halten. Nur eine kleine. Du willst es doch auch.“ „Gut, aber nicht, dass du mir die Schau stiehlst wie damals dem Dingsda, wie hieß er doch, SPD-Chef war er, und dann haben sie dich gewählt.“ „Scharping? Das würde ich bei dir nie tun, Liebes.“ „Weil Bündnis Oskar Lafontaine kommt nicht so gut. BOL. Wie klingt das denn?“ „Also, besser als BSW…“ „Oskar!“ „Alles klar. Reichst du mir die Marmelade?“
Lafontaine wird wissen, dass er als Einigungsskeptiker und Frankophiler aus dem äußersten Westen der Republik bei den kommenden Wahlen in Ostdeutschland seiner Frau nur bedingt von Nutzen sein wird. Wahrscheinlich tritt er nur bei, damit man nicht spekuliert, warum er es nicht tut.
Im Alter lernt man halt Bescheidenheit. Wie sagt Baron Arne in Theodor Fontanes Roman „Unwiederbringlich“: „Aber so seid ihr; die Jugend ist die Hauptsache, wenn man alt wird, ist man nur noch Beigabe.“ Fontane und Lafontaine tragen französische Namen, die daran erinnern, wie viel Deutschland über die Jahrhunderte den Zuwanderern verdankt. In Fontanes Fall waren es Hugenotten, die in Preußen Asyl fanden.
Lafontaine hingegen hält von Asylanten wenig und von preußischen Sekundärtugenden gar nichts: „Pflichtgefühl, Berechenbarkeit, Machbarkeit, Standhaftigkeit … damit kann man auch ein KZ betreiben“, sagte er einmal. Wagenknecht wird aber solche Sekundärtugenden von ihren Parteigenossen – heißen sie Genossen? Oder Verbündete? – fordern müssen, wenn sie reüssieren will. Auch von ihrem Mann.
Genug gelästert. Wer’s mit 80 noch einmal wissen will, der heiße nun Mick Jagger oder Oskar Lafontaine, der verdient Häme, aber auch Respekt. Außerdem: Donald Trump ist 77, Joe Biden 81, und die hören auch nicht auf. Leider.