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Hautpflege-Mythen im Check: Eine Dermatologin beantwortet die 10 häufigsten Fragen

Macht Schokolade Pickel und Retinol die Haut dünner? Eine Dermatologin gibt Antworten auf die zehn Fragen, die ihr immer wieder gestellt werden.
HautpflegeMythen im Check Eine Dermatologin beantwortet die 10 häufigsten Fragen
Alena Saz / Blaublut-Edition.com

Hautpflege-Mythen: Eine Dermatologin beantwortet 10 häufige Fragen und klärt auf, was stimmt und was nicht.

Waren Sie schon einmal auf der gleichen Party wie eine Hautärzt:in? Wenn ja, dürfte Ihnen aufgefallen sein, dass die Person mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit spätestens nach der Frage "Und was machst du so beruflich" zum Zentrum der Aufmerksamkeit aller anderen Gäst:innen wurde. Scheinbar treiben die meisten von uns Fragen zu ihrer Haut um. Und scheinbar sind das bei den meisten die gleichen. Deshalb haben wir die Dermatologin Dr. med Anne Gürtler von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Praxis LVATE aus München gebeten, uns die zehn häufigsten Fragen, die ihr im Praxisalltag (und auch sonst immer wieder) gestellt werden, zu beantworten – auch damit es auf der nächsten Feier anderen Gesprächsstoff gibt.

10 häufige Hautpflege-Fragen beantwortet von einer Dermatologin

#1 Gewöhnt sich die Haut an das tägliche Eincremen?

Dr. Gürtler: "Nein. Die Haut stellt ihre Eigenfettproduktion nicht ein, nur weil sie von außen eingecremt wird. Wenn jedoch (sehr) trockene Haut nach konsequenter Anwendung von einer Creme wieder ausreichend gepflegt ist, kann das Bedürfnis nach der benötigten Crememenge subjektiv abnehmen und damit einen Gewöhnungseffekt suggerieren."

#2 Macht Retinol die Haut dünner?

Dr. Gürtler: "Nein. Retinol, eine Form des Vitamin A, wird in vielen Hautpflegeprodukten verwendet, da es die Kollagenproduktion anregen und so feine Linien und Falten reduzieren kann. Die Vorstellung, dass Retinol die Haut "dünner" macht, beruht darauf, dass es die oberen Hornschichten (Stratum corneum) abschält und die Zellerneuerung beschleunigt. Dadurch kann die Haut vorübergehend dünner erscheinen, insbesondere wenn sie zu Beginn der Anwendung gereizt oder trocken ist. Studien haben jedoch gezeigt, dass die Haut nach der Anwendung von Retinol sogar dicker wird."

#3 Ist tägliches Duschen schlecht für die Haut?

Dr. Gürtler: "Nein, solange man nicht zu lange (nicht länger als fünf Minuten) und nicht zu heiß (nicht wärmer als Körpertemperatur) duscht und sich danach sofort mit rückfettenden Pflegecremes eincremt. Menschen mit sehr trockener Haut (z.B. Neurodermitis) sollten beim Duschen keine klassischen Seifen, sondern so genannte Syndets/Duschöle verwenden, um die Hautbarriere nicht zusätzlich zu schädigen."

#4 Können Lippen einen Sonnenbrand bekommen?

Dr. Gürtler: "Ja, und zwar sehr ausgeprägt, da die oberste Hornschicht (Stratum corneum) sehr dünn ist und im Vergleich zur freien Haut weniger Pigment (Melanin) als Schutz vorhanden ist. Außerdem ist die Unterlippe anatomisch bedingt der direkten Sonneneinstrahlung von oben ausgesetzt. Daher ist es wichtig, die Lippen vor der Sonne zu schützen, insbesondere bei Aktivitäten im Freien und bei intensiver Sonneneinstrahlung."

#5 Machen Lippenpflegestiften süchtig?

Dr. Gürtler: "Nein. Lippenpflegestifte enthalten rückfettende Inhaltsstoffe, die trockene oder spröde Lippen beruhigen, so dass die regelmäßige Anwendung zwar zur Gewohnheit, aber nicht zu einer Sucht werden kann. Pflegestifte mit Geschmack sollten jedoch eher gemieden werden, da sie zu einem häufigeren (unbewussten) Lippenlecken führen können. Der Speichel, der auf diese Weise auf die Lippen gelangt, kann mit seinen Enzymen, die unter anderem helfen, die Nahrung aufzuspalten, im Laufe der Zeit die Lippenoberfläche angreifen, so dass der Wunsch nach noch mehr Pflege entsteht. Dadurch kann ein Teufelskreis entstehen, der zu einem „Abhängigkeitsgefühl“ nach noch mehr Pflege führt."

#6 Entwickelt man einen Vitamin-D-Mangel, wenn man täglich Sonnencreme auf das Gesicht aufträgt?

Dr. Gürtler: "Jein, das tägliche Auftragen von Sonnencreme auf das Gesicht kann die Fähigkeit der Haut, Vitamin D durch Sonnenlicht zu produzieren, beeinträchtigen. Viele Erwachsene in Deutschland haben jedoch einen Vitamin D Mangel, der nicht durch die Anwendung von Sonnencreme im Gesicht verursacht wird, sondern durch den überwiegenden Aufenthalt in Innenräumen. Da Sonnencreme aus dermatologischer Sicht unumstritten zu empfehlen ist, gilt: Bei Mangel einfach Vitamin D supplementieren."

#7 Verursacht Schokolade Pickel?

Dr. Gürtler: "Ja, laut aktuellen klinischen Studien. Die Datenlage ist jedoch kontrovers und es bedarf weiterer großer Interventionsstudien, um diese Frage abschließend zu beantworten. Wie auch bei anderen Lebensmitteln gilt: Wenn Schokolade subjektiv zu einer Verschlechterung des Hautbildes führt, sollte der Konsum minimiert werden. Sollte dies nicht der Fall sein, ist gegen einen maßvollen Genuss nichts einzuwenden."

#8 Sieht man nach einer Botox-Behandlung "aufgespritzt" aus?

Dr. Gürtler: "Das Ziel einer Behandlung mit Botulinumtoxin ist es, feine Linien und Falten zu glätten, indem die Muskeln gezielt und vorübergehend entspannt werden. Wenn die Behandlung von einem erfahrenen und qualifizierten Arzt:in durchgeführt wird, ist es eine sehr sichere Behandlung, deren Ergebnis nicht als „aufgespritzt“ wahrgenommen wird. Ein "aufgespritztes" Aussehen kann eher durch die Anwendung unnatürlich hoher Mengen an Hyaluronsäure-Fillern entstehen."

#9 Hilft Zahnpasta gegen Pickel?

Dr. Gürtler: "Nein. Die Paste kann zwar austrocknend wirken und das in manchen Zahncremes enthaltene Zink kann entzündungshemmend sein, aber andere Inhaltsstoffe wie Fluor oder Menthol können die entzündete Haut zusätzlich reizen und das Hautbild sogar verschlechtern. Besser ist es, sich vom Hautarzt:in eine geeignete Therapie verschreiben zu lassen."

#10 Hilft es gegen Falten, viel Wasser zu trinken?

Dr. Gürtler: "Jein, obwohl sich ein extremer Flüssigkeitsmangel des Körpers nach einiger Zeit auch in einer Zunahme von Hautfalten bemerkbar machen kann, ist der Einfluss auf die Faltenbildung in Ländern mit ausreichender Wasserversorgung als gering einzustufen. Grundsätzlich scheint die empfohlene tägliche Trinkmenge von ca. zwei Litern Wasser auch für die Hautgesundheit empfehlenswert zu sein. In neueren Studien konnte kein weiterer positiver Effekt durch eine höhere Trinkmenge festgestellt werden."

Über die Expertin:

Dr. med. Anne Gürtler arbeitet als Hautärztin und Ernährungsmedizinerin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München. Als Oberärztin leitet Sie unter anderem die Spezialsprechstunde für Akne und Rosazea. Zusammen mit ihrem Studienteam erforscht Sie im Rahmen von klinischen Studien den Einfluss von Ernährung auf entzündliche Gesichtserkrankungen. Zusätzlich bietet sie an zwei Samstagen im Monat eine Sprechstunde in der Privatpraxis LVATE in München an. Ihrem klinischen Alltag und wissenschaftlichen Veröffentlichungen kann man auf Instagram folgen @dermahealthnutrition.

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