Tarifrunden Banken: Gehälter bei Privaten Banken steigen um 10,5 Prozent

In den Tarifrunden bei den Privaten und Öffentlichen Banken haben ver.di und die Beschäftigten bei den Privaten Banken einen Abschluss erzielt. Der Auftakt der Tarifrunde bei Öffentlichen Banken endete mit einer Kampfansage der Arbeitgeber. Was Du noch wissen musst, erfährst Du hier

© Wolfgang Kumm/dpa
Beschäftigte der Berliner und Brandenburger Geldinstitute demonstrierten am 19.6.2019 während eines Warnstreiks vor dem Brandenburger Tor in Berlin
08.07.2024

INHALT

Am späten Abend des 3. Juli 2024 hat ver.di ein Verhandlungsergebnis bei den privaten Banken erzielt. Die Gehälter steigen ab dem 1. August 2024 in drei Stufen um insgesamt 10,5 Prozent, die der Nachwuchskräfte um insgesamt 250 Euro. Darüber hinaus einigten sich die Tarifvertragsparteien darauf, den bereits im letzten Jahr begonnenen Tarifreformprozess fortzuführen und die Gespräche für eine neue Entgeltstruktur sowie eine moderne und lebensphasenorientierte Arbeitszeitgestaltung aufzunehmen.

Die Einigung hat eine Laufzeit von 28 Monaten. Die ver.di-Tarifkommission empfiehlt den ver.di-Mitgliedern die Annahme des Verhandlungsergebnisses. Bis Ende Juli können die Mitglieder über dessen Annahme abstimmen.

Sowohl bei den bei Privaten als auch bei Öffentlichen Banken hatten die Mitglieder vor Beginn der Verhandlungen entschieden, mit welchen Forderungen ver.di für sie in die diesjährigen Verhandlungen gehen soll. 12,5 Prozent, mindestens 500 Euro pro Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten forderte ver.di sowohl für die Beschäftigten bei Privaten als auch bei Öffentlichen Banken an Gehaltserhöhungen. Die Verhandlungen hatten bei den Privaten Banken enttäuschend am 6. Juni (virtuell) begonnen und auch die zweite Runde am 17. Juni in Berlin endete enttäuschend. Der Auftakt für die Öffentlichen Banken in Düsseldorf am 21. Juni endete mit einer Kampfansage der Arbeitgeber. Die Beschäftigten reagierten jeweils mit Warnstreiks.

In Niedersachsen und Bremen hatte ver.di am 1. Juli 2024 die Beschäftigten des privaten Bankgewerbes und die Beschäftigten des öffentlichen Bankgewerbes zu einem gemeinsamen ganztägigen Warnstreik an zwei Standorten aufgerufen. Betroffen von den Streiks waren Deutsche Bank, Commerzbank, ING-DiBA, Toto Lotto Niedersachsen, BHW Bausparkasse, Postbank Finanzberatung sowie Oldenburgische Landesbank, Norddeutsche Landesbank Girozentrale, Sparkasse Bremen, N-Bank, LBS Landesbausparkasse NordWest und Braunschweigische Landessparkasse.

 

„Das starke Engagement bei den Warnstreiks hat die entscheidende Bewegung in die Verhandlungen gebracht.“

Jan Duscheck, ver.di-Verhandlungsführer

„Das starke Engagement bei den Warnstreiks hat die entscheidende Bewegung in die Verhandlungen gebracht. Die Gehaltssteigerungen von über 10 Prozent sorgen für eine spürbare Entlastung bei den Gehältern“, kommentierte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck die Tarifeinigung.

Bei den Öffentlichen Banken wird am 12. September weiterverhandelt.

 

Private Banken

Die Vorgeschichte

Am 17. Juni 2024 hatte in Berlin die zweite Verhandlungsrunde der Tarifverhandlungen für 140.000 Beschäftigte im Privaten Bankgewerbe stattgefunden. Dank unermüdlicher Streiks und Aktionen gab es bereits in dieser Runde ein erstes Angebot der Arbeitgeberseite. Doch schnell wurde klar, dass dieses Angebot völlig unzureichend ist und ohne weitere Aktivitäten kein zufriedenstellender Abschluss erreicht werden kann. Deshalb wurden die Streikaktivitäten ausgeweitet: Die Beschäftigten fanden das Angebot der Arbeitgeber viel zu niedrig und enttäuschend. Die Beschäftigten erwarteten, dass in der dritten Verhandlungsrunde ein abschlussfähiges Angebot vorgelegt wird.

Auch die erste Verhandlungsrunde für die Beschäftigten der Privaten Banken am 6. Juni war enttäuschend zu Ende gegangen. ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck betonte danach: „Diese Tarifrunde betrifft nicht die Großverdiener, sondern über 140.000 Beschäftigte, die in Filialen, im Risikomanagement und im Backoffice dafür sorgen, dass die deutsche Wirtschaft funktioniert und Privatpersonen gut beraten werden." Ihre Erwartung sei eindeutig: Der Kaufkraftverlust muss ausgeglichen werden. Auch betonte er: „Für uns ist wichtig, dass die Beschäftigten der privaten Banken zügig mehr Geld bekommen. Sie wollen angesichts des Wertverlustes ihrer Gehälter keine lange Hängepartie wie in der letzten Tarifrunde. Die wirtschaftlichen Spielräume für einen guten Tarifabschluss sind in den Unternehmen da.“

Die dritte und entscheidende Verhandlungsrunde für die Privaten Banken fand schließlich am 3. Juli in Frankfurt am Main statt.

Das unzureichende Arbeitgeberangebot: Die Arbeitgeber argumentierten, sie seien nicht dafür verantwortlich, die Inflation der letzten Jahre auszugleichen. Stattdessen sollten weitere Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Doch welche Rahmenbedingungen sind gemeint? Etwa die hohen Gewinne der letzten Jahre? Diese Gewinne wurden nur dank des unermüdlichen Einsatzes der Beschäftigten, oft bis an die Belastungsgrenze, erzielt. Zu Recht erwarten sie eine angemessene Beteiligung an diesen Erfolgen – eine Beteiligung, die im aktuellen Angebot der Arbeitgeber jedoch nicht erkennbar ist. Die Arbeitgeber boten eine Erhöhung der Gehälter um 4,5 Prozent ab 1. Oktober 2024, von 2,5 Prozent ab 1. Oktober 2025 und weitere 1,5 Prozent ab 1. Oktober 2026. Zudem soll nach dem Willen der Arbeitgeber die Laufzeit über 36 Monate gehen, mit 4 Nullmonaten bis Ende Mai 2027. Ebenfals gab es von den Arbeitgebern kein Angebot für AT/ÜT (außertariflich/übertariflich bezahlte Beschäftigte), für Nachwuchskräfte und keine Mindesterhöhung

Das hatte ver.di gedordert:

Gehaltsforderung
- 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens 500 Euro pro Monat (bei einer Laufzeit von 12 Monaten)
ver.di setzt sich dafür ein, dass der Gehaltsabschluss auch für ÜT(AT) – Beschäftigte übernommen wird.

Arbeitszeitsouveränität
Gesprächsbedarf zum Thema „Mehr Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten in der Bankenbranche“

Über die Gehaltsforderung hinaus hat ver.di Gesprächsbedarf zur Weiterentwicklung der Arbeitszeitregelungen (inklusive der Frage möglicher Arbeitszeitverkürzungen) in der privaten Bankenbranche mit dem Ziel, die Arbeitszeitsouveränität für die Beschäftigten zu stärken. Hierfür will ver.di einen Einstieg in entsprechende Verhandlungen erreichen.

Verlängerung bestehender befristeter tariflicher Regelungen
ver.di geht davon aus, dass der Altersteilzeittarifvertrag und die Öffnungsklausel zur Beschäftigungssicherung (31-Std.-Klausel) verlängert werden.

Forderung für Nachwuchskräfte
- Erhöhung der monatlichen Vergütungen der Nachwuchskräfte um 250 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten)
- Übernahmeregelung: Weiterentwicklung der Übernahmeregelung im Nachwuchskräftetarifvertrag
hin zu einem verbindlichen Übernahmeanspruch für Nachwuchskräfte.

Bereits vor zwei Jahren bei den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern der Privaten Banken hatte es ein langes Hin und Her gegeben. Nach neun Monaten ohne Ergebnis und mehreren Monaten ohne jegliche Reaktion der Arbeitgeberseite war dann schließlich endlich ein Tarifabschluss mit dem Arbeitgeberverband für das private Bankgewerbe (AGV) zustande gekommen. Allerdings gelang es vor zwei Jahren nicht, die Tarifverträge weiterzuentwickeln oder wichtige Regelungen zu mobiler Arbeit oder einem speziellen Tarifvertrag für Nachwuchskräfte abzuschließen.

Weitere Infos und Material zur Tarifrunde 2024 gibt es auf der Kampagnenseite wir-für-tarif.de

 
Vor der zweiten Tarifverhandlungsrunde bei den Privatbanken hatte ver.di am 13. Juni 2024 die Beschäftigten von Unicredit, Deutsche Bank und Commerzbank in Hamburg zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen
© Bodo Marks/dpa
Vor der zweiten Tarifverhandlungsrunde bei den Privatbanken hatte ver.di am 13. Juni 2024 die Beschäftigten von Unicredit, Deutsche Bank und Commerzbank in Hamburg zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen

Öffentliche Banken

Der Auftakt der Tarifrunde für die 60.000 Beschäftigten bei den Öffentlichen Banken endete in Düsseldorf am 21. Juni enttäuschend und mit einer Kampfansage der Arbeitgeberseite. Zwar boten die Arbeitgeber eine Gehaltserhöhung von 9,5 Prozent an, verknüpften dies jedoch mit einer extrem langen Laufzeit von über dreieinhalb Jahren bis Ende 2027. „Die geforderte sehr lange Laufzeit von 43 Monaten ist in der deutschen Tarifhistorie beispiellos und wird von uns als deutliche Kampfansage verstanden“, kommentierte ver.di-Verhandlungsführer Jan Duscheck das Angebot der Arbeitgeberseite. „Damit würde ein weiterer Reallohnverslust für die Beschäftigten in diesem Jahrzehnt festgeschrieben. Das ist mit uns nicht zu machen.“ Von einem ernstgemeinten Einstieg in Verhandlungen sei man damit meilenweit entfernt.

ver.di will der Arbeitgeberseite nun gemeinsam mit den Beschäftigten klar und deutlich machen, dass sie ihre Beschäftigten nicht so behandeln können und zur nächsten Verhandlungsrunde ein ernsthaftes Angebot vorlegen müssen. Dafür ist der sichtbare Rückhalt der Belegschaften nötig. Es kommt jetzt auf jede*n Einzelnen an. ver.di ruft die Beschäftigten auf: Beteiligt euch an Aktionen und ersten Warnstreiks in den kommenden Tagen und bringt eure Kolleginnen und Kollegen mit. Nur gemeinsam können wir jetzt dafür sorgen, dass die Arbeitgeber sich bewegen. Der große Zusammenhalt in der aktuellen Tarifrunde zeigt sich durch die über zehntausend Unterstützungsunterschriften, die wir im Rahmen des Stärketests in den letzten Wochen gesammelt haben.

  • Der zweite Verhandlungstermin ist am 12. September 2024
  • Der dritte Verhandlungstermin ist am 10. Oktober 2024

Das unzureichende Angebot der Arbeitgeberseite:

  • 5,0 Prozent bei Abschluss (Oktober/November 2024)
  • 2,5 Prozent zum 1. Januar 2026
  • 2,0 Prozent zum 1. Januar 2027
  • Laufzeit: 43 Monate bis zum 31. Dezember 2027

Für Nachwuchskräfte bot die Arbeitgeberseite:

  • monatlich 150 Euro mehr bei Abschluss (Oktober/November 2024)
  • weitere 150 Euro mehr zum 1. Januar 2026

Zudem waren die Arbeitgeber nicht bereit, ein mögliches Verhandlungsergebnis auf übertariflich bezahlte Beschäftigte (AT-Beschäftigte) zu übertragen. Über Mitgliedervorteilsregelungen wollten sie ebenfalls nicht sprechen.

Ein Anspruch der Beschäftigten darauf, die Arbeitszeitverkürzung von 39 auf 38 Stunden auch in Form ganzer freier Tage umzusetzen, wurde ebenfalls abgelehnt. Empörenderweise vertraten die Arbeitgeber die Ansicht, dass diese Stunde einen Gegenwert von 2,56 Prozent Gehaltserhöhung habe, der bei einem neuen Abschluss berücksichtigt werden müsse.
Die Arbeitgeber zeigten auch keinerlei Bereitschaft, über eine soziale Komponente von 500 Euro Mindesterhöhung zu sprechen, die insbesondere Beschäftigten mit niedrigen und mittleren Einkommen zugutekommen würde.

Die ver.di-Forderungen im Überblick:

  • 12,5 % mehr Gehalt, mindestens aber 500 € pro Monat
  • 250 € höhere Vergütung für Nachwuchskräfte
  • Verlängerung und Weiterentwicklung der Übernahmeregelung
  • Übertragung des Gehaltsabschlusses auch auf Beschäftigte im übertariflich bezahlten Bereich (auch AT-Beschäftigte genannt)
  • Einstieg in Verhandlungen über eine Weiterentwicklung der Arbeitszeitregelungen
  • 2 zusätzliche freie Tage für ver.di-Mitglieder

Weitere Infos und Material gibt es auf der Kampagnenseite: wir-fuer-tarif.de