Erwerbs­minderungs­rente

Worauf es für eine hohe Rente ankommt

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Die Höhe der Erwerbs­minderungs­rente hängt davon ab, wie viel an Beiträgen seit dem 17. Lebens­jahr der Versicherten an die Renten­versicherung geflossen sind. Wichtig gerade für jüngere Erwerbs­geminderte sind zudem aber auch Anrechnungs­zeiten – rentenrecht­liche Zeiten, in denen sie keine Beiträge gezahlt haben, die aber dennoch als Versicherungs­zeit zählen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeit des Studiums.

Tabelle: Auch beitrags­freie Zeiten sind wichtig

Wie hoch die Erwerbs­minderungs­rente ausfällt, hängt davon ab, wie viel Versicherte verdient haben und auf wie viele rentenrecht­liche Zeiten sie seit ihrem 17. Lebens­jahr insgesamt kommen; auch solche, in denen keine Beiträge gezahlt wurden. Wir zeigen unterschiedliche Beispiele.

Verdienst­höhe während des Arbeits­lebens im Vergleich zum Durch­schnitt aller Versicherten

80

(Prozent)

100

(Prozent)

150

(Prozent)

Das entspricht 2024 brutto (Euro/Monat)1

3 024

3 780

5 670

Volle Erwerbs­minderungs­rente zum 1. Juli 2024 brutto (Euro)2

29 Jahre alt bei Renten­beginn
5 Jahre Beschäftigung
plus 7 Jahre beitrags­freie Zeit

1 184

1 478

2 218

29 Jahre alt bei Renten­beginn
5 Jahre Beschäftigung

571

714

1 070

55 Jahre alt bei Renten­beginn
30 Jahre Beschäftigung
plus 7 Jahre beitrags­freie Zeit

1 184

1 478

2 218

55 Jahre alt bei Renten­beginn
30 Jahre Beschäftigung

1 087

1 358

2 038

Legende

1) Vorläufiges Durch­schnitts­entgelt

2) Vorläufige Werte

Quelle: Deutsche Renten­versicherung Bund. Alle Beträge gerundet. Stand: 01. Juli 2024

Jüngere Menschen: auf Anrechnungs­zeiten achten

Die Berechnungen zeigen: Ein 29-Jähriger, der fünf Jahre lang durch­schnitt­lich verdient hat, ansonsten keine anrechen­baren Zeiten auf seinem Renten­konto hat und dann – zum Beispiel aufgrund eines Unfalls – erwerbs­unfähig wird, bekäme derzeit 714 Euro Monats­rente.

Sind auf seinem Renten­konto aber nicht nur die Beitrags­zeiten aus seiner Beschäftigung gespeichert, sondern ist die restliche Zeit ab seinem 17. Lebens­jahr mit Schul- und Studien­zeiten gefüllt, erhöht sich seine Rente auf 1 478 Euro.

„Gerade bei jüngeren Menschen, die vermindert erwerbs­fähig sind, ist es sehr wichtig, dass alle Zeiten, die rentenrecht­lich eine Rolle spielen, auf ihrem Renten­konto gespeichert sind. Unabhängig, ob Beiträge gezahlt wurden oder nicht“, bestätigt Katja Braubach, Pressereferentin bei der Deutschen Renten­versicherung Bund.

Neben­job während des Studiums nicht nach­teilig

Haben Studierende während ihres Studiums einen Neben­job, ist das für die Höhe der Erwerbs­minderungs­rente in der Regel nicht nach­teilig. Zwar wirkt sich eine Phase mit geringem Verdienst im Allgemeinen negativ auf die Höhe der Rente aus.

Fällt der Neben­job aber mit einer Anrechnungs­zeit – also Schul- oder Studien­zeiten – zusammen, prüft die Renten­versicherung, was für den Versicherten vorteilhafter ist. Führt die geringe Beschäftigung während des Studiums bei der sogenannten Gesamt­leistungs­bewertung dazu, dass die Renten­ansprüche des Versicherten sinken, wird sie nicht berück­sichtigt.

Tipp: Auf Jobsuche nach Schule oder Studium? Zeiten der Arbeits­losig­keit zählen bei der Erwerbs­minderungs­rente. Melden Sie sich arbeits­suchend, auch wenn Sie die Voraus­setzung für die Zahlung von Arbeits­losengeld 1 nicht erfüllen. Nur wenn Sie bei der Arbeits­agentur gemeldet sind, zählt die Zeit bei der Berechnung der Erwerbs­minderungs­rente mit.

Zurechnungs­zeit: So rechnet die Renten­versicherung

Im Schnitt sind Menschen Anfang 50, wenn sie erwerbs­gemindert werden. Deshalb fehlen ihnen viele Jahre bis zum Beginn ihrer regulären Alters­rente, in denen sie keine Beiträge an die gesetzliche Renten­versicherung zahlen. Damit ihre Renten aber nicht ganz klein ausfallen, rechnet die Renten­versicherung die Renten Erwerbs­geminderter hoch.

Es wird dabei rechnerisch so getan, als ob die Person weiterge­arbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hätte. Diese fiktive Zeit nennt sich „Zurechnungs­zeit“. Sie führt dazu, dass die Renten junger Erwerbs­geminderter genauso hoch ausfallen können wie die Älterer. „Hier­hinter steht die Sozial­gemeinschaft und die soziale Absicherung. Es soll keiner bestraft werden, weil er in jungen Jahren bereits erwerbs­gemindert wird“, sagt Braubach.

Je nach dem Jahr des Renten­beginns verlängert sich die Zurechnungs­zeit aber. Unsere Tabelle zeigt, um wie viele Jahre.

Zurechnungs­zeit nach Jahr­gang

Die Tabelle zeigt, bis zu welchem Alter die Renten­versicherung die Versicherungs­zeit nach Eintritt der Erwerbs­minderung hoch­rechnet. Diese Zurechnungs­zeit bewertet sie mit einem Durch­schnitt aus den zurück­liegenden Versicherungs­zeiten.

Renten­beginn (Jahr)

Alter

Jahre

Monate

2024

66

 1

2025

66

 2

2026

66

 3

2027

66

 4

2028

66

 6

2029

66

 8

2030

66

10

2031

67

 0

Legende

Quelle: DRV Bund

Renten­abschläge bis 10,8 Prozent

Erwerbs­minderungs­renten, die vor dem 65. Geburts­tag bezogen werden, kürzt die Renten­versicherung. Es fallen sogenannte Abschläge an. Für jeden Monat, den die Erwerbs­minderungs­rente früher beginnt, zieht die Renten­versicherung 0,3 Prozent ab – maximal aber 10,8 Prozent.

Da viele Menschen bereits deutlich vor ihrem 65. Geburts­tag eine Erwerbs­minderungs­rente erhalten, fallen sehr oft die maximalen Abschläge in Höhe von 10,8 Prozent an. Sie bleiben auch nach dem Über­gang in die Altersrente bestehen.

Weniger Einkommen vor der Erwerbs­minderung

Seit dem 1. Juli 2014 können Menschen mit Erwerbs­minderung von einer sogenannten Güns­tiger­prüfung profitieren. Die Renten­versicherung klärt, ob sich die letzten vier Jahre vor der Erwerbs­minderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Mindern diese Jahre die Renten­ansprüche, wirken sie sich – ähnlich wie ein nied­riger Verdienst während des Studiums – beim Berechnen der Rente nicht senkend aus.

Hintergrund: Viele Menschen sind in der Zeit vor dem Renten­beginn gesundheitlich schon so stark einge­schränkt, dass sie zum Beispiel keine Über­stunden mehr leisten können, eventuell nur noch Teil­zeit arbeiten können, länger krank­geschrieben sind oder Krankengeld beziehen.

Die Berechnung der Rentenhöhe beruht normaler­weise auf dem durch­schnitt­lichen Verdienst eines Versicherten seit dem 17. Lebens­jahr. Krank­heits­bedingte Einkommens­einbußen in den letzten Jahren können den Durch­schnitt deutlich nach unten ziehen.

Wer schon vor dem 1. Juli 2014 eine Erwerbs­minderungs­rente bezog, kann die Güns­tiger­prüfung nicht nach­träglich in Anspruch nehmen.

Tipp: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Versicherungs­verlauf voll­ständig ist. Stellen Sie dafür bei der Renten­versicherung einen Antrag auf Kontenklärung. Das erspart Ihnen Bürokratie, sollten Sie zukünftig eine Erwerbs­minderungs­rente beantragen müssen.

Medizi­nische Gutachter unter­suchen Erwerbs­fähig­keit

Um die Erwerbs­minderungs­rente zu erhalten, müssen Versicherte einen Rentenantrag stellen. Die Deutsche Renten­versicherung untersucht dann mit eigenen medizi­nischen Gutachtern, ob und in welchem Umfang ein Antrag­steller noch arbeiten kann.

Neben den gesundheitlichen Einschränkungen prüft die Renten­versicherung, ob der Antrag­steller mindestens fünf Jahre lang in die Rentenkasse einge­zahlt hat. Vor allem psychische Erkrankungen zwingen Menschen zu einem früh­zeitigen Ausstieg aus dem Erwerbs­leben – vor Rücken- und Krebs­erkrankungen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 05.06.2024 um 15:19 Uhr
    Nebenjob im Studium

    @BuchFan: Wir haben dazu nicht berichtet, welches Nebeneinkommen von Studenten über welchen Zeitraum hinweg welchen Einfluss auf die Höhe einer Erwerbsminderungsrente hat.
    Bitte wenden Sie sich an Ihre Rentenberatungsstelle. Dann bekommen Sie auch keine allgemeinen, sondern ganz konkrete Hinweise auf Ihren Rentenverlauf zugeschnitten.
    Allgemeine Fragen zur Rentenversicherung kann man auch bei der Hotline des Bundesministeriums stellen: 030 221 911 001

  • BuchFan am 05.06.2024 um 01:22 Uhr
    @Stiftung_Warentest am 03.06.2024

    Danke für die Antwort. Natürlich können Sie zum Einzelfall nichts sagen, aber der Beitrag wirft allgemein die Frage auf, ob man sich nachhaltig die Höhe des Einkommens für die Zurechnungszeit "kaputt macht", wenn man sich im Studium etwas dazu verdient.
    Aus dem Beitrag entnehme ich
    a) weder Arbeit noch Studium = zählt nichts
    b) keine Arbeit, Vollzeitstudium = zählt voll wie der spätere Durchschnittsverdienst
    Aber in meinem Umfeld haben die meisten Studenten einen Nebenjob ein paar Stunden die Woche - gibt es denn keine allgemeine Antwort auf die Frage wie der Durchschnitt für die Zurechnungszeit gebildet wird, wenn das Studium voll als Ausbildungszeit gewertet werden kann, weil weniger als 20 Stunden/Woche gearbeitet wird (und deutlich mehr als 20 Stunden studiert wird)?
    Also entweder, dass alle Einzahlungen während anerkannter Ausbildungszeiten nicht in den Durchschnitt einfließen, oder leider das Gegenteil. Das muss doch allgemein geregelt sein?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 03.06.2024 um 10:00 Uhr
    Nebenjob im Studium: Auswirkung auf Durchschnitt

    @BuchFan: Ohne Kenntnis des Rentenkontos lässt sich hierzu nichts sagen. Es hängt vom Einzelfall ab, usw. wie die Zeiten rentenrechtlich erfasst werden. Bitte wenden Sie sich an das Beratungsangebot Ihrer Rentenversicherungsträgerin.

  • BuchFan am 02.06.2024 um 11:10 Uhr
    Nebenjob im Studium: Auswirkung auf Durchschnitt

    Guten Tag,
    Ich habe eine Frage zu dem Punkt "Die Zurechnungs­zeit bewertet sie mit einem Durch­schnitt aus den zurück­liegenden Versicherungs­zeiten.":
    Weiter oben steht als Beispiel ein 29-Jähriger, der fünf Jahre lang durch­schnitt­lich verdient hat, und dass sich die Rente erhöht wenn auf seinem Renten­konto auch die restliche Zeit ab 16 mit Schul- und Studien­zeiten gefüllt ist. Die werden dann so berücksichtigt, als hätte er zu diesen Zeiten genau so viel verdient (oder?).
    Was ist, wenn ich im Studium nebenbei gearbeitet und dabei 0,1 oder 0,2 Rentenpunkte pro Jahr erworben habe - wird dann für die Studienzeit das als Grundlage für den Durchschnitt für die Berechnung der Zurechnungszeit genommen?
    Hätte im oben genannten Beispiel der 29-Jähriger viel geringerr Ansprüche, wenn er 6 Jahre lang einen Nebenjob im Studium hatte, als wenn er in der Zeit keine Beiträge gezahlt hätte und nur die Studienzeit ohne Beiträge eingetragen ist?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 15.09.2023 um 13:23 Uhr
    tgl. weniger als 6 Std. - an 7 Tagen (theoretisch)

    @Thomas.Hahn: Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhält, wer wegen Krankheit oder Behinderung noch mindestens drei, aber nicht mehr als sechs Stunden täglich arbeiten kann. Grundlage für die Feststellung des gesundheitlichen Leistungsvermögens ist das sozialmedizinisch festgestellte Leistungsbild bezogen auf die körperliche, geistige, psychische Belastbarkeit; hierbei wird abgestellt auf eine zumutbare tägliche Arbeitszeit im Rahmen einer 5-Tage-Woche. Arbeiten Sie knapp unter sechs Stunden täglich an sechs Tagen in der Woche überschreiten Sie damit die zumutbare Arbeitszeit, die der Rentengewährung zu Grunde liegt. Dies ist die allgemeine Regel. Sie sollten aber direkt bei der Rentenversicherung prüfen lassen, ob die Voraussetzungen für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in Ihrem individuellen Fall noch zutreffen.