Xperion Berlin Gaming-Location für Kinder ab zwölf

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Xperion Berlin - Gaming-Location für Kinder ab zwölf

Bereich für Renn­spiele im Saturnmarkt am Alexander­platz in Berlin. Angesagte Musik und cooles Design versüßen den Kids das Spielen am Computer. © Thomas Vossbeck

In einem Saturn-Markt in Berlin können Kinder ab 12-Jahren kostenlos, ohne Zeit­limit und Einverständnis der Eltern am Computer spielen. Wir haben das Angebot angeschaut.

150 Stationen zum Zocken

„Berlins größte Gaming Area“ mit „150 Stationen zum Zocken“, so wirbt der Berliner Elektronikhändler Mediamarkt/­Saturn am Alexander Platz für sein neues Angebot. Xperion heißt es – laut Presseerklärung eine inter­aktive Erleb­niswelt im Stil einer „Entertainment-Messe“, auf 2 200 Quadrat­metern. Unterteilt ist das Xperion in zwei Bereiche, einen Gaming-Bereich für Erwachsene mit 70 Plätzen und einen weiteren, mit gut 60 Computerplätzen für Menschen ab 12 Jahren. Dort können Kinder kostenlos und ohne Zeit­limit Computer­spiele für ihre Alters­klasse spielen und die neueste Technik ausprobieren. Eine Einverständnis­erklärung der Eltern ist nicht nötig.

Das Xperion ist räumlich getrennt vom Elektronikmarkt. Mit angesagter Musik, gedimmtem Licht, großen Leinwänden und einer Red-Bar mit Lounge wirkt es eher wie ein Club und nicht wie ein Verkaufs­raum. Außerdem gibt es eine Bühne mit rund 150 Sitz­plätzen für Events, die live gestreamt werden können.

„Wert­volle Verbindung zu unseren jüngeren Ziel­gruppen“

Für Saturn ist das Xperion eine Marketingmaß­nahme: Jörg Bauer, COO MediaMarkt­Saturn Deutsch­land sagt: „Wir machen im Xperion inno­vative Technik noch besser erleb­bar. Kundinnen und Kunden können Produkte entdecken, ausprobieren und auch direkt kaufen. Das ist eine besondere Erfahrung, die nach­haltig beein­druckt und eine wert­volle Verbindung zu unseren jüngeren Ziel­gruppen schafft.“ Mit 30 Part­nern, darunter Red Bull, Microsoft, Sony Play­Station oder Acer Predator arbeitet das Xperion zusammen.

Doch ist das Angebot jugend- und daten­schutz­konform?

Alters­kontrolle und ein Bereich für Voll­jährige

Am Einlass kontrollieren Mitarbeiter das Alter der Kinder und Jugend­lichen, damit sie sich nur dort aufhalten, wo Spiele für ihre entsprechende Alters­freigabe – USK 12 oder 18 – verfügbar sind. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) ist eine halb­staatliche Stelle, die für die Alters­freigabe von Video­spielen zuständig ist. Nach dem Jugend­schutz­gesetz dürfen Kindern in der Öffent­lich­keit nur Spiele zugäng­lich gemacht werden, wenn sie für ihre Alters­stufe freigegeben sind und das Alter über­prüft wird. An beides hält sich Saturn.

Doch heißt Alters­freigabe USK 12 auch, dass Kinder im Xperion ohne Zeit­limit spielen dürfen? Aus der USK-Alters­kenn­zeichnung lässt sich dies nicht ohne weiteres ableiten. Sie regelt nur, ob ein Computer­spiel an Kinder und Jugend­liche öffent­lich zugäng­lich gemacht werden darf, nicht aber seine zeitliche Nutzung. Uwe Engelhard, Ständiger Vertreter der Obersten Landes­jugend­behörden bei der USK – Unterhaltungs­software Selbst­kontrolle sagt: „Wir haben eine Farbskala mit USK-Emblem einge­führt, die sofort erkennen lässt, ab welchem Alter ein Spiel aus der Sicht des Jugend­schutzes unbe­denk­lich ist.“

Zwölfjäh­rige sollen nicht mehr als 120 Minuten zocken

Im Elternratgeber veröffent­licht die USK Empfehlungen, wie lange Kinder in welchem Alter Computer­spiele nutzen sollten. Dort heißt es zur täglichen Spieldauer: „zwischen zehn und zwölf Jahren 75 Minuten und ab 12 Jahren 90 bis 120 Minuten (je älter, desto flexibler).“ Außerdem gibt die USK den Tipp: „Legen Sie gemein­sam mit Ihrem Kind Spiel­zeiten fest und berück­sichtigen Sie dabei die Zeiten, die ohnehin schon Medien­zeiten sind (wie z.B. Smartphone und Fernsehen).“ Gar nicht so einfach, wenn die Kinder quasi inkognito im Xperion spielen können. Eine Einverständnis­erklärung der Eltern ist für das Zocken im Xperion laut Jugendschutzgesetz möglicher­weise nicht erforderlich. Denn laut Gesetz dürfen „Bild­schirm­spielgeräte ohne Gewinn­möglich­keit“, öffent­lich aufgestellt werden, wenn sie von der USK für 12-jährige freigegeben und gekenn­zeichnet worden sind.

Keine Einschät­zung von offizieller Stelle

Für die jugend­schutz­konforme Einschät­zung des Xperions ist in Berlin eine Abteilung der Senats­verwaltung für Bildung, Jugend und Familie zuständig, die unsere Anfrage aber nicht beant­wortete. Die Einhaltung und Über­wachung von Jugend­schutz­bestimmungen liegt im Bereich des regionalen Ordnungs­amtes. Die Presse­stelle des Bezirks­amts Berlin-Mitte schrieb uns auf unsere Anfrage hin Anfang April 2023: „Das Ordnungs­amt möchte sich zunächst selbst ein Bild von der Situation machen und plant einen Vor-Ort-Termin.“

Verstoß gegen den Daten­schutz

Xperion Berlin - Gaming-Location für Kinder ab zwölf

Dieser Hinweis zur Verwendung von Fotos und anderen Aufnahmen hängt im Durch­gang zwischen Verkaufs­raum und Xperion im SaturnMarkt Berlin. © Stiftung Warentest / Thomas Vossbeck

Wir haben einen Gutachter beauftragt, um prüfen zu lassen, ob diese Einwilligungs­abfrage den gesetzlichen Anforderungen der Daten­schutz-Grund­ver­ordnung (DSGVO) entspricht. Er fand eindeutige Verstöße. Für Kinder und Jugend­liche bis zum 16. Geburts­tag ist die Einwilligung unzu­lässig. Denn zusätzlich müssten auch die Sorgeberechtigten zustimmen.

Außerdem werden weitere Anforderungen nicht erfüllt. Dazu gehört etwa der Hinweis, dass eine erteilte Einwilligung jeder­zeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann. Zudem fehlen weitere Angaben, die üblicher­weise in einer Daten­schutz­information zusammengefasst werden, wie zum Beispiel Angaben zu dem Verantwort­lichen („Euer XPERION Team“ ist allein nicht ausreichend), zu konkreten Empfängern, zur Speicherdauer und den Betroffenenrechten. Außerdem wird der Verarbeitungs­zweck nicht konkret genug dargestellt und abge­grenzt.

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