Winter­dienst Wann Mieter und Eigentümer Schnee schippen müssen

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Winter­dienst - Wann Mieter und Eigentümer Schnee schippen müssen

Neuschnee. Schneit es im Laufe des Tages immer wieder, müssen Mieter oder Eigentümer sogar mehr­mals schippen. © Adobe Stock

Wer muss räumen und streuen? Wer haftet für Ausrutscher? Die Rechts­experten der Stiftung Warentest erklären die Regeln für den Winter­dienst und wie Sie Steuern sparen.

Eigentum verpflichtet. Im Winter auch zum Schnee­räumen und Streuen. Der Weg zum Haus muss frei sein und in der Regel auch der Bürger­steig davor. Das schreiben Städte und Gemeinden in ihren Orts­satzungen vor. Sie regeln auch, wann die Anlieger räumen müssen.

Wann der Gehweg in der Frühe geräumt sein muss

Eigentlich ist der Winter­dienst auf öffent­lichen Straßen und Wegen Aufgabe der Städte und Gemeinden. Die aber kümmern sich meist nur um die Fahr­bahnen. Die Verkehrs­sicherungs­pflicht für die Gehwege über­tragen sie per Satzung auf die Anlieger. Einzelne Regeln variieren zwar von Ort zu Ort, die Haupt­punkte sind aber meistens gleich: Montag bis Samstag von 7 bis 20 Uhr, teils auch schon um 6 Uhr und teils auch bis 22 Uhr müssen die Wege gefahr­los zu benutzen sein. Die Streu­pflicht gilt auch an Sonn- und Feier­tagen, beginnt dann allerdings oft erst ein oder zwei Stunden später: von 8 oder 9 bis 20 Uhr.

Bußgeld, Schmerzens­geld, Schaden­ersatz

Wer sich nicht an die Räum­vorschriften hält, läuft Gefahr, eine Geldbuße zahlen zu müssen. In vielen Kommunen sind mehrere Hundert Euro möglich. Vereinzelt dürfen die Bußen sogar mehrere Tausend Euro hoch ausfallen. Noch sehr viel teurer kann es werden, wenn ein Passant stürzt und sich verletzt. Wer nicht ausreichend geräumt oder gestreut hat, muss Schmerzens­geld und Schaden­ersatz zahlen. Bei bleibenden Schäden kann der sechs- oder sogar sieben­stel­lig werden. Sofern Sie nicht gerade absicht­lich gegen die Räum- und Streu­pflicht verstoßen haben, springt Ihre Privathaftpflichtversicherung ein. Wichtig: Auch außer­halb der Zeiten, in denen der Gehweg frei sein muss, kann der Winter­dienst im Einzel­fall Pflicht sein.
Ober­landes­gericht Naumburg, Urteil vom 27.02.2014
Aktenzeichen: 2 U 77/13

Schnee und Eis beseitigen – das Wichtigste in Kürze

Haus­besitzer. Stellen Sie sich recht­zeitig auf Schnee und Eis ein. Sobald es glatt wird, sind Sie in der Verantwortung und haften, wenn jemand verunglückt, weil bei Ihnen nicht ordentlich geräumt und gestreut ist. Das gilt nicht nur für die Zuwege zur Haustür. In der Regel sind Sie auch verpflichtet, den öffent­lichen Gehweg vorm Haus frei zu halten.

Mieter. Über­trägt Ihr Miet­vertrag Ihnen als Mieter die Pflicht zum Winter­dienst? Dann müssen Sie Opfer von Glätteunfällen entschädigen, wenn Sie nicht recht­zeitig geräumt haben. Schließen Sie unbe­dingt eine Privathaftpflichtversicherung ab, falls Sie noch keine haben.

Fußgänger. Achten Sie als Fußgänger selbst darauf, ob die Witterungs­verhält­nisse Glätte vermuten lassen. In solchen Fällen sollten Sie besonders vorsichtig sein. Denn jeder ist verpflichtet, sich bei einer erkenn­baren Gefahr selbst zu schützen. Daher können Sie ansonsten bei einem Unfall eventuell eine Mitschuld bekommen.

Wie weit muss geräumt werden?

Die Orts­satzungen legen auch fest, auf welcher Breite die Gehwege zu räumen sind. Üblich sind – je nach Kommune – 1 bis 1,50 Meter. So können zwei Fußgänger mit Kinder­wagen oder Einkaufs­taschen gefahr­los aneinander vorbei gehen.

Wie oft muss Schnee geräumt werden?

Einmal schippen pro Tag ist oft zu wenig. Der Schnee ist unver­züglich nach Beendigung des Schnee­falls, bei anhaltendem Schnee­fall mehr­mals in angemessenen Zeit­abständen zu räumen. Bei Glatt­eis gilt: Solange es wegen andauernden Regens auf gefrorenen Boden sinn­los ist, braucht niemand zu streuen. Sobald allerdings der Regen nach­lässt, ist Glatt­eis unver­züglich zu bekämpfen. So hat es der Bundes­gerichts­hof bereits vor vielen Jahren fest­gelegt.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 27.11.1984
Aktenzeichen: VI ZR 49/83

Welche Streu­mittel sind erlaubt?

Das Streu­mittel muss geeignet sein, die Gefahr so zu beseitigen, dass es für Passanten nahezu ausgeschlossen ist zu stürzen. Als Streu­gut sind Sand, Asche, Granulat oder Splitt erlaubt. Salz ist in den Satzungen der meisten Kommunen aus ökologischen Gründen verboten.

Rund um Treppen oder an Stellen mit Gefälle sollten die Anlieger besonders sorgfältig streuen. Einzelne Kommunen machen dort sogar eine Ausnahme vom Salz­verbot. Achtung: Auch chemische Auftaumittel aus dem Baumarkt sind in vielen Städten und Gemeinden für Privatpersonen unzu­lässig. Oft darf nur die Stadt­reinigung sie benutzen.

Wohin mit dem Schnee?

Wer Schnee schippen muss, sollte die weiße Pracht nicht auf die Fahr­bahn schieben. Besser ist es, ihn beispiels­weise im Garten zu lagern oder auf einer freuen Fläche im Hof. Ist auf dem Gehweg selbst noch Platz dafür, sind Schnee- und Eismengen grund­sätzlich auf dem der Fahr­bahn zugewandten Rand der Gehwege anzu­häufen.

Es darf aber nicht in den Rinn­stein oder die Einfluss­öffnungen der Straßen­entwässerung verstopfen. Ebenso wenig dürfen sich Berge vor Ein- und Ausfahrten auftürmen, an Bushalte­stellen, Radwegen sowie Behinderten­park­plätzen. Neben Fußgänger­über­wegen, Straßenkreuzungen und Straßen­einmündungen darf Schnee nur bis zu einer Höhe aufgehäuft werden, die Sicht­behin­derungen für den Auto­verkehr ausschließt.

Grund­sätzlich gilt: Wo die Breite des Gehweges ausreicht, darf der Schnee nur auf dem Gehweg, sonst nur auf der Grenze von Gehweg und Fahr­bahn so abge­lagert werden, dass der Verkehr hier­durch nicht mehr als unver­meid­bar gefährdet oder behindert wird. Eis und Schnee von Privatgrund­stücken darf nicht auf die Straße geschafft werden.

Winter­dienst muss im Miet­vertrag geregelt sein

In der Regel über­tragen Vermietende die Räum- und Streu­pflicht auf ihre Miete­rinnen und Mieter. Dazu bedarf es einer klaren und ausdrück­lichen Regelung im Miet­vertrag. Aber selbst dann sind Vermietende nicht ganz aus der Pflicht: Sie müssen darauf achten, dass tatsäch­lich geräumt und gestreut wird, also in regel­mäßigen Abständen über­prüfen, ob der Winter­dienst wirk­lich funk­tioniert.

Um Mieter wirk­sam in die Pflicht zu nehmen, reicht ein Aushang im Hausflur nicht aus. Auch ein Gewohn­heits­recht, wonach Erdgeschoss­mieter stets räumen und streuen müssen, gibt es nicht. Wo eine ausdrück­liche Regelung fehlt, bleiben Vermietende in der Verantwortung fürs Räumen und Streuen. Sie können dann selbst schippen oder einen professionellen Räum­dienst beauftragen. Die Kosten dafür dürfen in der Betriebskostenabrechnung auf die Mietenden umge­legt werden.

Winter­dienst – auch Berufs­tätige müssen schippen

Die Räum­pflicht gilt auch bei Urlaub, Krankheit, Behin­derung oder Berufs­tätig­keit. Mangel an Zeit entbindet nicht von der Winter­dienst­pflicht. Wer sich nicht selbst kümmern kann oder will, muss eine Vertretung organisieren oder einen Räum­dienst beauftragen. Selbst wer alt, krank oder behindert ist, bleibt nicht auto­matisch vom Dienst verschont. Manche Gerichte verlangen selbst von hoch­betagten Menschen, dass sie für eine Vertretung sorgen, wenn sie selbst nicht mehr Schnee fegen können. Nur in Ausnahme­fällen sind Richter nach­sichtig.

Profis mit dem Schnee­schippen beauftragen

Für Rechts­sicherheit sorgt es, einen professionellen Räum­dienst zu beauftragen. Das gilt vor allem, wenn man nicht selbst im Haus wohnt oder es nicht schafft, die Räum­pflicht dauer­haft und zuver­lässig zu erfüllen. Führt das Unternehmen den Auftrag nicht oder nur schlampig aus, muss es für Schäden haften, falls jemandem etwas zustößt.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 22.01.2008
Aktenzeichen: VI ZR 126/07

Eis und Schnee – Fußgänger müssen vorsichtig sein

Wer bei Eis und Schnee den Gehweg benutzt, darf sich nicht blind darauf verlassen, dass die Anwohner den Winter­dienst ausreichend erledigen, sondern muss auch selbst aufpassen. So muss sich ein Mitverschulden anrechnen lassen, wer bei Eis und Schnee mit dafür völlig unge­eigneten Schuhen mit harten glatten Sohlen unterwegs ist. Wenn es nach einem Unfall Streit gibt, urteilen die Gerichte unterschiedlich, wie weit die Verantwortung des Einzelnen im konkreten Fall ging. Ein Mann, der mit Fahr­rad auf der Schulter aus der Haustür ging, obwohl leicht zu erkennen war, dass ein Winter­dienst nicht statt­gefunden hatte, ging wegen über­wiegenden Mitverschuldens sogar völlig leer aus.
Ober­landes­gericht Naumburg, Urteil vom 27.02.2014
Aktenzeichen: 2 U 77/13

Auch Kommunen müssen streuen

Auch Städte und Gemeinden müssen streuen – und zwar die Gehwege, für die kein Anlieger zuständig ist. Die Streu­pflicht gilt auch, wenn kurz­fristig ein Streufahr­zeug ausfällt. In Bremen war eine Fußgängerin morgens auf der vereisten Bremerhavener Heer­straße ausgerutscht. Sie verletzte sich so schwer, dass ein Rettungs­wagen sie ins Kranken­haus brachte. Die Stadt erklärte, üblicher­weise werde um 7 Uhr gestreut, doch sei der Front­besen des Streufahr­zeugs gebrochen. Alle anderen Fahr­zeuge waren im Einsatz. Das Land­gericht Bremen meinte, es könne zwar nicht verlangt werden, dass die Stadt ständig ein Ersatz­auto vorhält. Aber dass ein Besen bricht, sei nicht ungewöhnlich. Das sei schnell zu reparieren. Es rechnete der Frau allerdings 30 Prozent Mitverschulden an, weil sie trotz der Glätte weiterging. Außerdem urteilte das Gericht, dass Kommunen nicht alle Gehwege streuen müssen, wohl aber die wichtigen. Entscheidend dafür sei, ob ein vernünftiger Fußgänger mit der Räumung rechnen darf.
Land­gericht Bremen, Urteil vom 10.07.2019
Aktenzeichen: 1 O 2112/16

Städtische Räumung nur bis zur Grundstücks­grenze

So ist es hinzunehmen, wenn eine Kommune einen selten genutzten öffent­liche Gehweg vorm Haus nicht komplett räumt. Betroffene sollten dann entsprechend vorsichtig sein. In dem Fall war die Stadt München für den Winter­dienst zuständig. Sie hatte den öffent­lichen Gehweg mehr­fach geräumt und gestreut, allerdings einen schmalen Streifen vor der Haustür des Miets­hauses ausgelassen. Ein Mieter war gestürzt und hatte sich Fraktur­verletzungen am Knöchel zugezogen. Er verklagte seinen Vermieter auf Schadens­ersatz – erfolg­los. Das Gericht entschied, dass Vermieter bei Eis und Schnee nur bis zu ihrer Grundstücks­grenze räumen müssen. Für den öffent­lichen Gehweg sei die Stadt München zuständig – und die hatte in ausreichender Weise gestreut.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 21.02.2018
Aktenzeichen: VIII ZR 255/16

Supermarkt­park­platz – keine Streu­pflicht zwischen Park­buchten

Ähnliche Regeln gelten auf öffent­lichen Plätzen. So müssen auch Restaurant­besitzer oder Supermarkt­betreiber die Flächen vor ihren Geschäfts­räumen frei halten. Bei Park­plätzen gilt aber: Kunden müssen dort im Winter mit Glatt­eis rechnen, insbesondere auf den Flächen zwischen den Park­buchten. Eine Aldi-Kundin aus Schleswig-Holstein war im Dezember morgens in eine markierte Park­bucht des Supermarkts gefahren. Beim Aussteigen rutschte sie auf einer gefrorenen Stelle aus. Sie verlangte knapp 1 000 Euro Schaden­ersatz und 15 000 Euro Schmerzens­geld – vergebens. Aldi sei nicht verpflichtet, den Bereich der markierten Stell­flächen zu streuen. Die Sturzgefahr zwischen den parkenden Autos sei generell eher gering. Die Fläche werde nur beim Ein- und Aussteigen betreten, und die Wageninsassen könnten sich an ihrem Auto fest­halten. Supermarkt­kunden könnten zwar grund­sätzlich einen guten Streu­dienst erwarten. Das Streuen der markierten Park­flächen sei aber regel­mäßig nicht erforderlich, so das Gericht. Den Kunden sei es zumut­bar, dort selbst auf Glätte zu achten. Umge­kehrt sei für den Betreiber ein maschinelles Streuen wegen der ständig wechselnden Fahr­zeuge nicht möglich, ein regel­mäßiges Streuen von Hand aber wegen des hohen Aufwands nicht zumut­bar.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 02.07.2019
Aktenzeichen: VI ZR 184/18

Splitt und Sand entfernen – Früh­jahrs­putz gehört dazu

Letzter Akt im Winter­dienst: Der über den Winter gestreuten Splitt oder Sand ist im Früh­jahr zusammen­zufegen und zu entsorgen. So legte es der Bundes­gerichts­hof fest. Er bestätigte zwar die Abweisung der Klage einer auf Splitt ausgerutschten Frau. Grund dafür war aber, dass die Pflicht zur Beseitigung des Splitts nicht schon im Februar einsetzt, wo noch mit weiteren Winter­einbrüchen zu rechnen ist.
Bundes­gerichts­hof, Beschluss vom 29.04.2003
Aktenzeichen: VI ZR 260/02

Tipps für Haus­besitzer, Mieter, Fußgänger

Wintertipps für Haus­besitzer und Grund­stücks­eigentümer

Information. Informieren Sie sich über Ihre Räum- und Streu­pflicht. Meist halten Stadt oder Kommune ausführ­liche Merk­blätter bereit. Dort finden Sie auch Informationen dazu, wem Sie die Pflicht zum Winter­dienst über­tragen dürfen – und wie.

Aufpassen. Vermietende, die ihre Räum­pflicht auf die Mietenden über­tragen, müssen zumindest anfangs kontrollieren, ob es tatsäch­lich klappt. Sonst haften sie eventuell doch, falls jemand stürzt.

Versicherung. Schließen Sie unbe­dingt eine passende Haft­pflicht­versicherung ab. Haben Sie ein Eigenheim, genügt eine Privathaftpflichtpolice. ­Eigentümer von Miets­häusern oder -wohnungen brauchen eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht. Verurtei­lungen zu Schaden­ersatz wegen der Verletzung der Räum- und Streu­pflicht sind zwar nicht so häufig, es geht jedoch oft um schwere und lang­wierige Verletzungen und entsprechend hohe Schaden­ersatz- und Schmerzens­geld­forderungen.

Wintertipps für Mietende

Absprechen. Wenn Sie den Winter­dienst nicht selbst leisten können, müssen Sie für Vertretung sorgen. Treffen Sie mit den Mitgliedern der Haus­gemeinschaft trag­fähige Vereinbarungen, wer sich kümmert, falls es zum Beispiel während Ihres Urlaubs schneit.

Absetzen. Ist ein professioneller Dienst­leister mit dem Winter­dienst beauftragt, können Sie die Kosten als haushaltsnahe Dienstleistung steuerlich geltend machen. Der Bundes­finanzhof hat entschieden, dass Winter­dienst „haus­halts­nah“ ist, obwohl er im Freien und auf öffent­lichen Wegen statt­findet.

Absichern. Eine Privathaftpflichtversicherung kommt für Schaden­ersatz­ansprüche auf, falls Sie wegen Versäum­nissen beim Winter­dienst für Unfälle haft­bar gemacht werden. Diese schützt Sie nicht nur im Haftungs­fall, sie wehrt auch unbe­rechtigte Ansprüche ab, falls jemand Sie verklagt.

Wintertipps für Fußgänger

Unfall­stelle. Bitten Sie unbe­dingt jemanden, die Unfall­stelle möglichst sofort genau anzu­schauen und Fotos zu machen, wenn Sie ausgerutscht sind und sich verletzt haben. Am besten machen Sie ausführ­liche Notizen.

Räum­pflicht. Chance auf Schaden­ersatz haben Sie, wenn Räum- oder Streu­pflicht galt. Das ist meist werk­tags zwischen 7 und 20 Uhr und sonn- und feier­tags zwischen 8 oder 9 Uhr und 20 Uhr der Fall, sofern es möglich und zumut­bar war, die Glätte zu beseitigen. Entscheidend ist, was Kommune oder Stadt vorgeschrieben haben.

Schaden­ersatz. Wenn Sie auf dem Bürger­steig verunglückt sind, weil die Räum­pflicht nicht erfüllt war, können Sie in der Regel vom Eigentümer des Grund­stücks, das am Gehweg liegt, Ersatz von Behand­lungs­kosten, Verdienst­ausfall und Schmerzensgeld verlangen. Auch Ihr Chef und Ihre Krankenversicherung können womöglich Schaden­ersatz fordern.

Mit dem Winter­dienst Steuern sparen

Selbst schippen hält fit und kostet nichts. Doch wer einen Räum­dienst damit beauftragt, kann das Finanz­amt an den Ausgaben beteiligen: Es zieht 20 Prozent dieser Arbeits­kosten direkt von der Einkommensteuer ab. Wer Sand oder Splitt kauft, kann die Ausgaben dafür ebenfalls abrechnen. Dabei gelten einige Besonderheiten.

Wie Vermietende den Winter­dienst korrekt abrechnen

Über­trägt ein Vermieter die Räum- und Streu­pflicht auf dem Grund­stück nicht auf die Mietenden, sondern nimmt er sie selbst wahr, gelten andere Steuer­regeln.

Richtig eintragen. Kosten, die Vermietende mit dem Winter­dienst haben, sind steuerlich absetz­bar – allerdings nicht als haushaltsnahe Dienstleistung, sondern als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Alle Angaben dazu gehören in die Anlage V.

Kosten auflisten. Wer in Eigen­regie Schnee und Eis beseitigt, kann – anders als Mietende und Eigentümer, die ihre Immobilie selbst bewohnen – auch den Preis für Arbeits­geräte wie Schaufel, Besen oder Schnee­fräse sowie Fahrt­kosten zwischen eigener Wohnung und vermieteter Immobilie geltend machen. Hinzu kommen Ausgaben für Streu­gut. Wer einen Räum­dienst beauftragt, kann Bereit­schafts­pauschale, Einsatz­kosten und Zuschläge abrechnen.

Einnahmen versteuern. Wer mit der Neben­kostenpauschale Voraus­zahlungen auf die Nebenkosten kassiert, etwa für den Winter­dienst, muss sie in der Anlage V als Einnahmen versteuern.

Fall 1: Eigentümer oder Mietende beauftragen eine gewerb­liche Firma

Dann erkennt das Finanz­amt die Einsatz­kosten sowie Nacht- und Wochen­endzuschläge an, aber auch die Bereit­schafts­pauschale. Auf Verlangen sind aber Rechnungen vorzulegen, aus denen die Arbeits­kosten hervorgehen. Die Rechnung muss per Über­weisung oder Last­schrift beglichen werden, damit die Zahlungen per Konto­auszug beleg­bar sind. Die Kosten gehören in Zeile 72 des Mantelbogens der Steuererklärung – zusammen mit anderen haus­halts­nahen Dienst­leistungen, zum Beispiel Ausgaben für Haus- und Garten­arbeiten. Das Finanz­amt erkennt 20 Prozent von maximal 20 000 Euro an – das macht pro Jahr bis zu 4 000 Euro Ersparnis.

Tipp: Auch Kosten für die Räumung öffent­licher Gehwege außer­halb des Grund­stücks lassen sich absetzen.
Bundes­finanzhof, Urteil vom 20.03.2014
Aktenzeichen: VI R 55/12

Fall 2: Eigentümer oder Mietende beauftragen einen Minijobber

Wer nur in Abständen „dran“ ist, kann Minijobber mit dem Schnee­schippen beauftragen. Neben Putzen, Kochen und Babysitten gehört auch der Winter­dienst zu den Minijobs im Privathaushalt. Oft ist es finanziell sogar güns­tiger, Helfer anzu­melden, als sie schwarz zu beschäftigen. Da die Arbeit nur in der Winter­saison statt­findet, ist es sinn­voll, einen befristeten Vertrag, etwa von November bis März, abzu­schließen, eine Abruf­bereitschaft sowie einen Stunden­lohn. Denk­bar ist auch ein pauschaler Monats­lohn – schneit es dann doch nicht, bleibt als Trost der Steuer­vorteil. Den Lohn melden Sie halb­jähr­lich an die Minijob-Zentrale. Diese zieht per Last­schrift Lohn­steuer und Sozial­abgaben ein und schickt eine Bescheinigung fürs Finanz­amt. Die Summe aus Lohn und Abgaben gehört als „Aufwendungen für Minijobs“ in Zeile 71 des Mantelbogens zu Ihrer Steuererklärung. Das Finanz­amt zieht dann 20 Prozent dieser Summe von der zu zahlenden Steuer ab – maximal jedoch 510 Euro. Dieser Höchst­betrag gilt auch dann in voller Höhe, wenn das Arbeits­verhältnis – wie beim Winter­dienst – nur einen Teil des Jahres bestanden hat.

Tipp: Das Barzahlungs­verbot gilt für Minijobs im Haushalt nicht. Per Haus­halts­scheck­verfahren angemeldete Minijobber dürfen Sie auch bar bezahlen. Die Bescheinigung der Minijob-Zentrale reicht als Zahlungs­nach­weis aus.

Winter­dienst – so melden Sie einen Minijobber an

Formular runter­laden. Wollen Sie eine Haus­halts­hilfe bei der Minijob-Zentrale anmelden, laden Sie sich unter minijob-zentrale.de das Formular „Haus­halts­scheck“ herunter, drucken es aus und kreuzen das Feld „Erst­anmeldung“ an. Tragen Sie Ihre persönlichen Angaben und Ihre Steuer­nummer sowie Name, Anschrift und Renten­versicherungs­nummer des Minijobbers ein.

Verdienst angeben. Auf dem Haus­halts­scheck werden Angaben zur Höhe des monatlichen Lohns abge­fragt. Auch wechselnde Arbeits­entgelte – wie bei Winter­dienst­einsätzen üblich – sind zulässig. Bei der Anmeldung reicht es, den Verdienst im ersten Monat anzu­geben. Was Sie dem Minijobber danach monatlich zahlen, melden Sie auf einem „Halb­jahres­scheck“ nach.

Steuern und Abgaben. Inklusive Steuer, Beiträge zu Kranken- und Unfall­versicherung sowie Umlagen für Lohn­fortzahlung und Mutter­schutz haben Sie insgesamt 14,74 Prozent zusätzlich zu tragen.

Beispiel. Sie zahlen Ihrem Minijobber für den Winter­dienst zwischen Januar und März sowie für November und Dezember pro Monat 180 Euro, insgesamt 900 Euro. Pro Monat kämen 26,53 Euro (14,74 Prozent 2018) an Abgaben hinzu – für fünf Monate 132,65 Euro. In die Steuererklärung tragen Sie „Winter­dienst“ und Ihre Gesamt­ausgaben ein, also 1 032,65 Euro. Das Finanz­amt zieht 20 Prozent von Ihrer Steuerschuld ab: 206,53 Euro. Sie zahlen also tatsäch­lich 826,12 Euro und machen unterm Strich 73,88 Euro im Vergleich zur Schwarz­arbeit gut. Bei einem anderen Verdienst zahlen Sie eventuell etwas drauf, doch dafür ist der Minijobber über die gesetzliche Unfall­versicherung geschützt.

Fall 3: Eigentümer­gemeinschaft beauftragt Firma oder Minijob

Auch Eigentümer inner­halb eines Mehr­parteien­hauses oder einer Wohn­anlage können mehr­heitlich beschließen, einen Räum­dienst zu beauftragen. Umge­kehrt kann jedoch ein einzelnes Mitglied nicht durch einen Mehr­heits­beschluss gezwungen werden, den Winter­dienst turnus­mäßig selbst zu erledigen. Die Entscheidung dafür muss einstimmig fallen.
Bundes­gerichts­hof, Urteil vom 09.03.2012
Aktenzeichen: V ZR 161/11

Die Kostenwerden aufgeteilt – meist nach Größe des Miteigentums­anteils. Als Nach­weis fürs Finanz­amt dient entweder die Jahres­abrechnung oder eine Bescheinigung der Haus­verwaltung. Aber: Erteilt eine Gemeinschaft den Auftrag, lässt die Minijob-Zentrale das Haus­halts­scheck­verfahren nicht zu, da es sich dann nicht um einen Privathaushalt handelt. Dann sind deutlich höheren Abgaben fällig als im Fall 2 oben, vor allem Lohn­steuer, Kranken-, Renten- und Unfall­versicherung.
Bundes­verfassungs­gericht, Beschluss vom 22.9.2015
Aktenzeichen: 1 BvR 138/13

Tipp: Als Mitglied einer Eigentümergemeinschaft können Sie Ihren Anteil an den Ausgaben für Minijobs als haushaltsnahe Dienstleistungen absetzen.

Fall 4: Mietende zahlen mit Neben­kosten einen Abschlag für Winter­dienst

Winter­dienst - Wann Mieter und Eigentümer Schnee schippen müssen

© Stiftung Warentest

Viel einfacher ist die Sache für die meisten Mietenden. Haben Vermieter oder die Haus­verwaltung den Räum­dienst bestellt und legen die Kosten, können sie diese als haus­halts­nahe Dienst­leistung steuerlich geltend machen. Damit das Finanz­amt den Steuer­abzug gewährt, muss aus der Neben­kosten­abrechnung hervorgehen, wie viel zum Beispiel für Winter­dienst, Haus­reinigung und Garten­pflege gezahlt wurden. Noch einfacher ist es, wenn die Ausgaben auf einem Extrablatt bescheinigt werden.

Tipp: Lässt Ihre Nebenkostenabrechnung bis nach Abgabe der Steuererklärung auf sich warten, können Sie die Vorjahres­werte eintragen. Oder Sie reichen dem Finanz­amt die aktuellen Werte nach und lassen Ihren Steuer­bescheid ändern. Das ist sogar möglich, wenn er bereits rechts­kräftig war.
Finanzge­richt Köln, Urteil vom 24.08.2016
Aktenzeichen: 11 K 1319/16

Einzel­fälle vor Gericht

Recht auf Befreiung von unzu­mutbarem Winter­dienst

Im Einzel­fall müssen Kommunen Anlieger auf Antrag von unzu­mutbaren Winter­dienst-Pflichten befreien. Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württem­berg stellte fest: Ein Anwohner ist nicht verpflichtet, einen gut 60 Meter langen, sehr steilen Fußweg entlang seines Grund­stücks im Winter von Eis und Schnee frei­zuhalten. Begründung der Richter: Der Weg sei bloß eine Abkür­zung für Fußgänger und nicht wirk­lich wichtig. Hinzukomme: Der Anwohner könne den Winter­dienst nur unter erheblichen Gefahren für sich selbst vornehmen. Das sei unzu­mutbar.
Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württem­berg, Urteil vom 23.02.2022
Aktenzeichen: 5 S 947/21

Streu­pflicht auch bei lokaler Glätte

Immobilien­eigentümer müssen auch gegen Eisglätte vorgehen, wenn sie nicht allgemein, sondern nur an einzelnen Stellen auftritt. Das Kammerge­richt in Berlin verurteilte ein Unternehmen zu Schaden­ersatz und Schmerzens­geld, dass den Winter­dienst für ein Kranken­hausgelände über­nommen hatte. Auch wenn es an vielen anderen Stellen in Berlin nicht glatt war, hätte das Unternehmen auf dem Gelände des Kranken­hauses streuen müssen, urteilten die Richter am Kammerge­richt.
Kammerge­richt Berlin, Urteil vom 06.12.2022
Aktenzeichen: 21 U 56/22

Keine Haftung für unvor­hersehbares Glatt­eis

Mit Glatt­eis aufgrund außergewöhnlichen Umstände brauchen Anwohner nicht zu rechnen und haften nicht, wenn das zu einem Sturz mit Verletzungen führt. Das Gericht wies die Klage des Unfall­versicherungs­trägers ab, der seine Behand­lungs­kosten vom Eigentümer der Immobilie ersetzt haben wollte, vor dessen Haus ein Mann auf dem Weg zur Arbeit auf Glatt­eis verunglückt war. Der Hausmeister hatte an dem bitterkalten Wintertag gestreut. Das unter einer Schnee­schicht nicht erkenn­bare Glatt­eis hatte sich gebildet, weil Wasser in einer Regen­rinne durch starkes Heizen in einer Wohnung aufgetaut und auf den Gehweg gelaufen war.
Land­gericht Dessau-Roßlau, Urteil vom 11.08.2023
Aktenzeichen: 4 O 477/22

Mit 80 Jahren keine Winter­dienst­pflicht mehr

Eine 80-jährige Dame aus Hamburg-Altona muss keinen Winter­dienst mehr machen. Sie hatte einen Attest vorgelegt, wonach sie das nicht mehr schafft. Soweit ein Mieter aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer nicht in der Lage ist, selbst den Winter­dienst zu machen, entfällt die Verpflichtung dazu, urteilte das Amts­gericht Hamburg-Altona zu einem bereits im Jahr 1968 abge­schlossenen Miet­vertrag, in dem Miete­rinnen und Mieter nur bei vorüber­gehender Verhinderung verpflichtet waren, für eine Vertretung zu sorgen.
Amts­gericht Hamburg-Altona, Urteil vom 30.08.2006
Aktenzeichen: 318a C 146/06

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24 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.01.2024 um 11:12 Uhr
    Verkehrssicherungspflicht Eigentümer

    @karl_m: Ganz können sich Eigentümer nicht aus der Haftung entziehen, selbst wenn sie die Verkehrssicherungspflicht delegieren. Sie müssen mindestens kontrollieren, ob die Beauftragen / Mieter ihrer Verpflichtung nachkommen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.01.2024 um 11:11 Uhr
    Fußweg zwischen zwei Grundstücken

    @testberni2014: Wir kennen die Situation vor Ort nicht. Bitte wenden Sie sich mit Ihrer Frage ans Bürgeramt der Kommune.

  • karl_m am 19.01.2024 um 11:36 Uhr
    Rechtsurteile n och aktuell?

    Ich meine für Berlin gab es vor einigen Jahren ein neues Urteil, danach ist immer der Besitzer der Immobilie in der Haftung, unabhängig davon, ob er/sie die Räumpflicht an andere übertragen hat. Auch bei der Übertragung an professionelle Reinigungsdienste!

  • testberni2014 am 18.01.2024 um 18:55 Uhr
    Fußweg zwischen zwei Grundstücken

    Guten Tag,
    wie sieht es denn im Fall eines öffentlichen Fußweges zwischen zwei Grundstücken aus? Hier führt ein Weg zwischen der Hauptstraße in einem Dorf zum Ende einer Stichstraße mit Wendehammer für Autos. - Gibt es hier ggf. auch Regeln wie bei Zäunen (zumindest in Berlin und Brandenburg), dass der Grundstückseigentümer immer für den Zaun auf der rechten Grundstücksgrenze zuständig ist?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 16.12.2022 um 10:39 Uhr
    Unklare Grundstücksverhältnisse

    @Pasternake: An dieser Stelle können wir für Sie nicht klären, bis wohin genau Sie das Grundstück von Schnee freiräumen müssen. Das müssen Sie konkret mit dem Vermieter abklären.
    Wie berichtet: Auch wenn der Vermieter die Verpflichtung zum Winterdienst wirksam auf die Mieter umgelegt hat, treffen diesen Organisations- und Aufsichtspflichten.
    Ob die Klausel im Mietvertrag den Winterdienst wirksam auf Sie übertragen hat, können Sie in der Mieterberatung prüfen lassen. Es kann gut sein, dass die Vereinbarung, dass die Räumpflicht, wie sie sich in der Ortssatzung darstellt, auf die Mieter übertragen werden soll, wirksam ist.
    Da Lücken im Winterdienst eine Gefahr für die Gesundheit für alle darstellen kann, die die betroffenen Wege nutzen, liegt eine Klärung der Verantwortlichkeit sowohl im Sinne der Mieter und ihren Angehörigen als auch der Allgemeinheit.