Werbung für Kinder­lebens­mittel Influencer empfehlen zu häufig Zuckerbomben

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Werbung für Kinder­lebens­mittel - Influencer empfehlen zu häufig Zuckerbomben

Will ich haben! Werden Lebens­mittel online als lecker und gesund für Kinder beworben, sollten Eltern kritisch sein. © Westend61 / HalfPoint

Mütter und Väter bewerben als Influencer Snacks und Getränke für Familien. Vieles davon ist ungesund, sagt die Verbraucherzentrale Hamburg nach einem Produkt-Check.

Sie sind selbst Eltern, wollen für den Nach­wuchs vor­geblich nur das Beste und sprechen darüber gern mit allen, die es interes­siert: Sogenannte Mom- und Dadfluencer. Sie nutzen Social-Media-Kanäle wie Instagram, Tik Tok oder Youtube, um persönliche Produkt­empfehlungen zu geben. Häufig geht es bei dieser Art der personalisierten Werbung auch um Lebens­mittel, die Familien und Kinder ansprechen sollen – weil sie bunt und lustig aufgemacht sind, Spaß beim Essen versprechen oder eine gesunder Alternative sein sollen.

13 Lebens­mittel im Nähr­wert-Check

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat 13 Lebens­mittel ausgewählt, die durch reich­weitenstarke Influencer und Influence­rinnen beworben werden, und sich die Aufmachung und Zusammenset­zung der Produkte genauer angesehen.

Auf der Liste finden sich unter anderem Frühstücksflocken, Soft­drinks, Snacks für zwischen­durch und Gummi­bärchen. Das Fazit ist wenig erfreulich: In mehreren Punkten sehen die Hamburger Verbraucherschützer Grund zur Kritik.

Viel Zucker in Snacks für zwischen­durch

Die Mom- und Dadfluencern präsentieren zum Beispiel Schokolade oder bunte Gummi­drops als Snacks – die allerdings wahre Zuckerbomben sind: 100 Gramm der Leckereien bringen mehr als 50 Gramm Zucker mit sich. Ebenfalls empfohlen werden gefrier­getrock­nete Erdbeeren, die 47 Gramm Zucker pro 100 Gramm enthalten. Sie sind damit rund zehnmal kalorien- und zuckerreicher als frische Erdbeeren – und keine gesunde und praktische Alternative zu frischem Obst.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfehlen, maximal 10 Prozent der täglichen Energie aus freiem Zucker aufzunehmen. Das bedeutet, dass Kinder von 1 bis 4 Jahren höchs­tens 30 Gramm freien Zucker pro Tag zu sich nehmen sollten, Kinder zwischen 4 und 7 Jahren maximal 39 Gramm.

Als „freier Zucker“ gilt sowohl Zucker, der zugesetzt wird, als auch jener, der von Natur aus in Sirup, Honig oder Säften enthalten ist.

Süßungs­mittel keine gute Alternative

Häufig werben die Anbieter der Produkte explizit mit Aussagen wie „zero sugar“ oder „ohne Zucker­zusatz“. Zu empfehlen sind aber auch diese Produkte nicht. „Statt­dessen sind Süßstoffe enthalten, die in der Kinder­ernährung nichts zu suchen haben. Sie führen zu einer Gewöhnung an süße Lebens­mittel“, schreiben die Hamburger Verbraucherschützer.

Einige Produkte sind mithilfe von Saft­konzentraten oder Datteln gesüßt, was zunächst gesünder wirken mag. Das sei jedoch nicht der Fall, denn Zucker bleibe Zucker. Über­dies prägten auch solche Snacks den Geschmack und die Vorliebe für Süßes.

Zu viel Zucker kann Karies, Überge­wicht und Fett­leibig­keit fördern. Mit dem Gewicht steigen die Risiken für Typ-2-Diabetes und Blut­hoch­druck, lang­fristig auch für Herz­infarkt und Schlag­anfall.

Mit unnötigen Vitaminen angereichert

Bei zwei beworbenen Gummi­bärchensorten handelt es sich nicht einfach um Naschereien, sondern um Nahrungsergänzungsmittel, die mit verschiedenen Vitaminen angereichert wurden. Kinder sollten ohne ärzt­lichen Rat keine Nahrungs­ergän­zungs­mittel einnehmen, da es zu gesund­heits­schädlichen Über­dosierungen kommen könne, sagt die Verbraucherzentrale Hamburg. Die meisten Kinder seien ohnehin ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt.

Geht ins Geld: 50 Euro pro Kilo Frucht­gummis

Ein weiterer Kritik­punkt: „Die Preise der beworbenen Lebens­mittel sind meist exorbitant hoch.“ So kosteten die beworbenen Frucht­gummis gut 50 Euro pro Kilogramm – ein Vielfaches von dem, was Frucht­gummis üblicher­weise kosten. Für die gefrier­getrock­neten Erdbeeren lag der Grund­preis bei rund 250 Euro pro Kilogramm.

Wohl­gemeinte Empfehlung? Am Ende auch Werbung!

Die Hamburger Verbraucherschützer raten: Familien sollten grund­sätzlich kritisch bleiben und bedenken, dass Influence­rinnen und Influencer in der Regel Geld damit verdienen, wenn sie für Produkte Werbung machen – auch wenn die wie eine persönliche Ansprache oder wohl­gemeinte Empfehlung daher­kommt.

Gutes für die Kleinen: Wissen, was drin steckt

  • Wie viel steckt drin? Unser Ernährungsrechner errechnet, wie viel Prozent Zucker von der maximalen Ober­grenze Ihr Kind mit seinem Lieblingss­nack aufnimmt.
  • Zucker­alarm zum Frühstück: Die Stiftung Warentest hat 110 Kinder-Cerealien einem Nähr­wert-Check unterzogen. Nur 24 davon sollten morgens wirk­lich im Schälchen landen. Denn die meisten Schoko-Chips, Honig-Pops oder Baby-Müslis sind über­zuckert und ungesund.
  • Von Babybrei über Fisch­stäbchen bis Pommes: Auf unserer Themenseite Baby- und Kinderernährung finden Sie Wissens­wertes und Test­ergeb­nisse zu vielem, was die Kleinsten gerne essen.
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2 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • marotoma am 04.07.2024 um 15:02 Uhr
    Influencer

    Glauben Sie etwa, dass irgendwer, der auf Influencer hört, sich jemals auf diese Website verirrt und sich missionieren lässt? Informieren Sie sich doch mal bei Neurowissenschaftlern, ob es Sinn macht, das Verhalten anderer Menschen per Artikel "ändern" zu wollen (nennen Sie es gern auch informieren, aufmerksam machen etc). Das könnte eine unschöne Überraschung geben. Jedenfalls für hoffnungsvolle Gesellschaftsverbesser*innen.

  • simorgh am 04.07.2024 um 13:08 Uhr
    machtlose Eltern

    Als Eltern fühlen wir uns vollkommen machtlos gegenüber der Werbung / Lebensmittelindustrie.
    Schade, dass die Politik nichts dagegen tut!