Versicherungs­ombuds­mann Unzufrieden mit der Versicherung? Ombuds­leute können helfen

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Versicherungs­ombuds­mann - Unzufrieden mit der Versicherung? Ombuds­leute können helfen

Außerge­richt­lich. Die Schlichtungs­stelle Versicherungs­ombuds­mann über­prüft Entscheidungen des Versicherers kostenlos und unbürokratisch. © Getty Images / Andrii Yalanskyi

Zahlt der Versicherer nicht oder kürzt die Leistung, können Kunden die Schlichtungs­stelle einschalten. Rund 50 Prozent der Beschwerden sind erfolg­reich.

Der Versicherer zahlt nicht

Der Versicherer zahlt nicht, kürzt die Leistung oder verweigert die Deckungs­zusage? Wer mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist kann sich an die staatlich anerkannte Schlichtungs­stelle Versicherungs­ombuds­mann e.V. wenden und eine Schlichtung beantragen. Die Organisation ist ein eigen­ständiger Verein unter der Leitung der Ombuds­frau Dr. Sibylle Kessal-Wulf. Die Schlichtungs­stelle tritt als Vermittler auf und versucht, zwischen den Streitenden eine Einigung herbei­zuführen. Maßstab sind dabei Recht und Gesetz. Das Einschalten der Schlichtungs­stelle hindert Versicherungs­kunden nicht daran, später den Rechtsweg zu beschreiten.

So gehen Sie vor

Versicherungs­ombuds­mann - Unzufrieden mit der Versicherung? Ombuds­leute können helfen

Bis zu einem Streit­wert von 10 000 Euro dürfen die Schlichter verbindlich entscheiden.

Auf der Internetseite versicherungsombudsmann.de können Unzufriedene ihre Beschwerde online einreichen oder ein Beschwerdeformular herunter­laden und alles per Post erledigen. Das Formular kann auch telefo­nisch ange­fordert werden (Telefon kostenfrei: 0800 3696000). Das Verfahren ist für Versicherungs­nehmer kostenlos. Die Schlichter prüfen die einge­reichten Unterlagen und holen gegebenenfalls eine Stellung­nahme des Versicherungs­unter­nehmens ein. Folgende Unterlagen sollten vorliegen:

  • Die Personalien des Versicherungs­nehmers.
  • Kopien des Schrift­wechsels, der für die Beschwerde wichtig ist.
  • Das Beschwerdeziel (zum Beispiel Zahlung eines bestimmten Geld­betrages, Vertrags­auflösung).
  • Kurze Beschreibung des Sach­verhalts.
  • Name des Versicherers oder des Vermitt­lers, Versicherungs­schein- oder Schaden-Nummer.
  • Sons­tige Unterlagen (zum Beispiel Gutachten, Kosten­vor­anschlag, Reparatur­rechnungen).

Bis 10 000 Euro verbindliche Entscheidung

Bis zu einem Streit­wert von 100 000 Euro können Kunden ihr Anliegen prüfen lassen. Um eine solche Summe kann es schon mal bei einem Lebens-, Berufs­unfähigkeits- oder Wohn­gebäude­versicherungs­vertrag gehen. Eine auch für den Versicherer verbindliche Entscheidung dürfen die Schlichter jedoch nur bis zum Streit­wert von 10 000 Euro aussprechen. Kunden können trotzdem noch vor Gericht ziehen, wenn Ihnen die Entscheidung nicht passt.

Versicherer muss Mitglied sein

Die Schlichtungs­stelle wird nur tätig, wenn der Versicherer auch Mitglied im Verein Versicherungs­ombuds­mann e.V. ist. Die gute Nach­richt: Das trifft auf die meisten in Deutsch­land ansässigen Versicherer zu. In unseren Tests weisen wir regel­mäßig aus, ob ein Versicherer am Schlichtungs­verfahren teilnimmt, oder nicht. Wer Ärger mit einem ausländischen Versicherer hat, der nicht Mitglied ist und zum Beispiel in Liechten­stein ansässig, kann sich an die dort ansässige Schlichtungs­stelle wenden.

Tipp: Welche Schlichtungs­stelle für Verbraucher­streitig­keiten zuständig ist, steht in der Regel im Versicherungs­vertrag.

Beschwerde über Vermittler

Auch für einen Streit mit einem Versicherungsvermittler und -makler ist die Schlichtungs­stelle zuständig, wenn der Streit im Zusammen­hang mit der Vermitt­lung und dem Abschluss eines Versicherungs­vertrages steht. Hierfür gibt es ein Extra-Beschwerdeformular.

Über 18 000 Beschwerden – im Schnitt rund 50 Prozent erfolg­reich

Im Jahr 2023 wandten sich 18 037 Versicherungs­kunden mit einer zulässigen Beschwerde an die Schlichtungs­stelle. Besonders häufig ärgerten sich Kunden über ihre Lebens-, Rechts­schutz-, Kfz- und Wohn­gebäude­versicherung. Mit Ausnahme der Lebens­versicherung waren im Schnitt etwa 50 Prozent der Schlichtungen erfolg­reich im Sinne der Versicherungs­nehmer. Das heißt, Kunden bekamen voll­ständig oder zum Teil den gewünschten recht­lichen oder wirt­schaftlichen Vorteil zugesprochen. In anderen Fällen kam es zu einem Vergleich, einer Rück­nahme der Beschwerde oder die Schlichter sprachen eine Empfehlung aus. Ein Beschwerde­verfahren dauert etwa zwei bis drei Monate.

Lebens­versicherungen

Zur Sparte mit den höchsten Beschwerdezahlen zählen Lebens- und Rentenversicherungen, dazu gehören auch Risikolebens- und fonds­gebundene Versicherungen, Riesterrenten-, Sterbegeld-, Rürup-, Schwere-Krankheiten-, Pflegerenten- und Rest­schuld­versicherungen. Die Erfolgs­quote für Beschwerden lag im Jahr 2023 bei rund 23 Prozent. Häufige Beschwerdegründe waren:

  • Der Versicherer hat einen Widerruf des Lebens- und Renten­versicherungs­vertrags trotz fehler­hafter Belehrung über das Widerrufs­recht zurück­gewiesen.
  • Die Höhe der Ablauf­leistungen und Rück­kaufs­werte, die in der Regel unter den bei Vertrags­schluss vorgenommenen Hoch­rechnungen lagen und hinter den Erwartungen der Kunden zurück­blieben. Zu einer Nach­zahlung führte die Beschwerde in der Regel nicht.
  • Beteiligung der Kunden an Bewertungsreserven, auch stille Reserven genannt. Versicherer sind verpflichtet, die Bewertungs­reserven jähr­lich neu zu ermitteln und den Verträgen rechnerisch zuzu­ordnen. Versicherungs­kunden beschweren sich zum Beispiel, wenn sich inner­halb eines sehr kurzen Zeitraums von nur wenigen Monaten die Bewertungs­reserven erheblich verringern. Der Ombuds­mann beur­teilt allerdings nicht, ob die Höhe der ausgezahlten Bewertungs­reserven korrekt ist, da er die Bilanzen der Unternehmen nicht prüft. Er beschränkt sich auf eine Plausibilitäts­prüfung. Durch verständliche Erklärungen, was Bewertungs­reserven sind und wie diese unmittel­bar von den Kapitalmärkten abhängen, konnte er in vielen Fällen zur Streit­schlichtung beitragen.
  • Doppelte Abschlusskosten“ bei Riesterrenten. Die Schlichter trafen hier keine verbindliche Entscheidung, mit Verweis auf von der Recht­sprechung noch zu klärende Rechts­fragen.

Rechts­schutz­versicherung

Die Schlichter bearbeiteten 2 637 Beschwerden, rund 30 Prozent waren erfolg­reich. Häufige Beschwerdegründe:

  • Der Rechtsschutzversicherer lehnte die Regulierung ab, weil der Rechts­schutz­fall vor Beginn des Vertrages und nicht inner­halb des versicherten Zeitraums lag. Die Schlichter konnten hier kaum Abhilfe schaffen, aber immerhin die Rechts­lage erklären. Im Jahres­bericht für das Jahr 2024 gibt es den Hinweis, dass Kunden häufig nicht klar ist, dass es nicht auf die (subjektive) Kennt­nis vom Rechts­verstoß ankommt, sondern auf die tatsäch­liche zeitliche Einordnung des Rechts­schutz­falles.
  • Der Versicherer weigerte sich, den Gebühren­anspruch einer Anwältin oder eines Anwalts anzu­erkennen. Teil­weise konnten die Schlichter hier Abhilfe verschaffen.
  • Besonders häufig ging es um die Ablehnung einer Deckungs­zusage, wenn Nutzer von Social-Media-Platt­formen Schadens­ersatz-, Unterlassungs- und Auskunfts­ansprüche geltend machten, weil bei den Platt­formen ein Daten­leck aufgetreten war. Die Beschwerden waren kaum erfolg­reich. Die Schlichter hielten eine Entscheidung im vereinfachten Schlichtungs­verfahren aufgrund der sehr umfang­reichen und uneinheitlichen Recht­sprechung oft nicht für geeignet, außerdem läge die umfang­reiche Rechts­materie des Daten­schutz­rechts außer­halb des Versicherungs­rechts.

Kfz-Haft­pflicht und -Kasko

Wegen Ärger mit ihrer Kfz-Haftpflicht oder -Kaskoversicherung wandten sich 2 407 Versicherte – rund 29 Prozent mehr als im Vorjahr – an die Schlichter. Die Erfolgs­quote lag in dieser Sparte bei knapp 60 Prozent. Häufige Beschwerdegründe:

  • Die Einstufung in eine Schadenfrei­heits­klasse oder die Über­tragung der Einstufung bei Versicherer­wechsel. Aus Sicht der Schlichter sind die Schadenfrei­heits­klassen­einstufungen sehr problem­anfäl­lig. Häufig gibt es Sonder­einstufungen und Rabatte, die der neue Versicherer nicht reibungs­los über­nimmt. Durch das Einschalten der Schlichtungs­stelle konnten einige Angelegenheiten geklärt werden.
  • Schäden, die der Versicherer aus Sicht des Versicherten zu Unrecht zugunsten des Unfall­gegners regulierte. In der Regel waren die Entscheidungen des Versicherers nicht zu bean­standen, teilt der Ombuds­mann im Jahres­bericht mit.
  • Streit mit dem Kasko-Versicherer über die Schadenhöhe nach einem Diebstahl. Da die Schlichter selbst keine Sach­verständigen beauftragen können, haben sie in der Regel „nur“ die Rechts­lage erklärt und vermittelt.

Wohn­gebäude- und Hausrat­versicherer

  • Beschwerden über die Wohngebäudeversicherung gingen im Vergleich zum Vorjahr zurück. 1 523 Kunden wandten sich an die Schlichter. Oft ging es darum, ob über­haupt ein Schaden einge­treten war und in welchem Umfang der Versicherer leistet. Besonders häufig ging es um Bruch­schäden und Frost­schäden an wasser­führenden Leitungen. Die Schlichter konnten hier kaum Entscheidungen treffen. Hatten Versicherungs­nehmer jedoch Maßnahmen ergriffen, um die Wahr­scheinlich­keit des Schadens­eintritts zu verringern, konnten Schlichter in einigen Fällen den Versicherer dazu bewegen, mehr zu leisten und die Kürzungs­quote zu reduzieren.
  • Haupt­thema bei der Hausratversicherung waren Beschwerden über eine aus Sicht der Kunden unzu­reichende Schaden­regulierung. Auch die Kündigung einer bestehenden Hausrat­versicherung durch Versicherungs­nehmer war oft problematisch.
  • Beschwerden über eine Glas­versicherung haben zugenommen. Häufig ist Kunden nicht klar, dass nur der betroffene Glasschaden, nicht aber die insgesamt erforderlichen Reparatur­kosten vom Versicherungs­schutz umfasst sind. Die Schlichter konnten hier kaum Abhilfe schaffen.

Berufs­unfähigkeits­versicherung

Zahlt der Berufsunfähigkeitsversicherer im Leistungsfall nicht, ist es sinn­voll, sich professionelle Hilfe zu holen und an Fach­anwälte für Versicherungs­recht zu wenden. Das Schlichtungs­verfahren eignet sich nicht in allen Fällen zur abschließenden Klärung einer Beschwerde, darauf weisen die Schlichter hin. Anders als bei staatlichen Gerichten können etwa keine medizi­nischen Gutachten in Auftrag gegeben oder eine persönliche Befragung vorgenommen werden.

Reise-, Tierkranken-, Fahr­rad-, Elektronik­versicherung

Top-Beschwerde­grund bei Reiseversicherungen waren nicht voll­ständig erstattete Storno­kosten nach einem Reiserücktritt. Oft konnten die Schlichter hier einen Vergleich erzielen. Um Regulierungs­fragen ging es auch in der Tierkranken-, Fahrrad- oder Elektronikversicherung.

Tipps und Adressen

  • Kontakt. Versicherungs-Ombuds­mann, Post­fach 08 06 32, 10006 Berlin, Telefon kostenfrei: 0 800/36 96 00 0 oder www.versicherungsombudsmann.de.
  • Versicherungs­unternehmen. Achten Sie bei Abschluss einer Versicherung auch darauf, ob Ihr Versicherer Mitglied im Verein Versicherungs­ombuds­mann ist. Die Versicherer sind verpflichtet, dies in ihren Bedingungen auszuweisen. Eine Mitglieder-Liste finden Sie im Internet direkt beim versicherungsombudsmann.de.
  • Eine Beschwerde über ein Versicherungs­unternehmen ist auch bei der Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungen (Bafin) möglich. Die Behörde entscheidet jedoch nicht den Einzel­fall, sondern prüft lediglich, ob Ihr Versicherer gegen Gesetze oder Urteile verstoßen hat. Kontakt: Bafin, Graurhein­dorfer Straße 108, 53117 Bonn, Telefon 0 22 8/29 97 02 99, www.bafin.de.
  • Private Kranken­versicherung. Für Streit mit dem privaten Kranken­versicherer oder der privaten Pflege­versicherung ist der PKV-Ombuds­mann zuständig. Im Gegen­satz zur Schlichtungs­stelle Versicherungs­ombuds­mann entscheiden die Schlichter jedoch nicht verbindlich, sondern sprechen eine Empfehlung aus. Kontakt: Ombuds­mann Private Kranken- und Pflege­versicherung, Post­fach 06 02 22, 10052 Berlin, Tel. 0 180 2/55 04 44, www.pkv-ombudsmann.de.
  • Schlichtungs­stellen im Über­blick. Der Versuch, sich außerge­richt­lich zu einigen, ist in vielen Fällen sinn­voll. Für viele Verbraucher­konflikte gibt es Schlichtungsstellen, egal ob es um die Bank, Bahn, Post, Energieverträge, Reisen oder Tele­kommunikation geht.
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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 23.05.2017 um 11:27 Uhr
    LV Tarif, Überschussbeteiligung nicht ermittelbar

    @JaHou: Für Alttarife werden in den (gekürzten) Geschäftsberichten mancher Versicherungen oft keine Überschussätze mehr genannt. In diesem Fall wenden Sie sich direkt an den Versicherer und fragen konkret nach, wie Sie an die gewünschte Information herankommen . (maa)

  • JaHou am 23.05.2017 um 11:07 Uhr
    LV Tarif, Überschussbeteiligung nicht ermittelbar

    Guten Tag, ich habe eine Generali Lebensversicherung. Diese läuft unter einem bestimmten Tarifkürzel, das die Veruinsung und Überschussbeteiligung ersichtlich macht.
    Nun wollte ich mich im Geschäftsbericht der Generali Lebensversicheurung über die Merkmale informieren, doch mein Tarif taucht dort nicht auf.
    Was kann ich tun?

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 02.01.2017 um 16:39 Uhr
    Träger der Schlichtungsstellen

    @alle: Auch wenn nicht jeder Antrag auf Schlichtung für den Verbraucher zum Erfolg führt, gibt es auch die Verfahren, bei denen der Konflikt außergerichtlich zu Gunsten des Versicherten gelöst wird. Dass die Kosten der Ombudsmannes von den Versicherungen getragen werden, schließt eine Streitbeilegung zugunsten der Verbraucher nicht aus. Die meisten Schlichtungsstellen sind wirtschaftsgetragen. So sieht es auch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz vor, dass in 2016 in Kraft getreten ist und das Ziel hat, dass z.B. die Wirtschaftsverbände eine Schlichtungsstelle für ihre Branche gründen und diese finanziell (mit-)tragen. So ärgerlich ein erfolgloser Antrag ist, die Anrufung des Ombudsmannes versperrt nicht den Weg vors Gericht. Wer mit dem Schlichtungsspruch nicht einverstanden ist, kann seinen Streit weiterhin vors Gericht tragen. (maa)

  • Corelli am 02.01.2017 um 13:56 Uhr
    Bock zum Gärtner gemacht

    Versicherungen , die Mitglied im Verein Versicherungsombudsmann sind .. sagt schon alles.
    Unabhängige Entscheidungen kann man hier genauso gut erwarten wie vom Vorstandsmitglied Bayern München, dass er Hoeness wegen der Steuerhinterziehung anzeigen würde.
    Wir haben erlebt, dass nicht nur die Versicherungen untereinander sich verbünden gegen ihre Versicherten, sondern das auch noch weiter fortgeführt wird beim Ombudsmann, der nur Kenntnis nimmt von den Infos, die er haben will und die anderen einfach ignoriert. Von Ton im Umgang mal ganz zu schweigen. Mag andere Mitarbeiter geben , aber diese eine Erfahrung reicht schon aus.Und ein Einzelfall ist das offenbar auch nicht, wenn man mal googelt.