Versand­handel Wenn sper­rige Ware Fehler hat

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Müssen Kunden im Versand­handel bestellte Ware zur Reparatur einschi­cken, wenn sie sich als mangelhaft heraus­stellt? Oder muss der Händler sie abholen? Ein Urteil des Europäischen Gerichts­hofs (EuGH) bringt nun etwas Klarheit: Bei besonders schwerer, sper­riger oder zer­brech­licher Ware muss der Händler die Ware zur Mangelbehebung („Nach­erfüllung“) zu Hause abholen. Ist die Ware ohne große Unannehmlich­keiten zu verpacken und zu versenden, muss der Kunde sie einschi­cken (Az. C-52/18).

Der Fall: Mängel am Zelt

Entwickelt hat der EuGH diese Leit­linien im Party­zelt-Fall. Ein Kunde aus Deutsch­land hatte beim Versandhändler Toolport in Norder­stedt ein fünf mal sechs Meter großes Party­zelt geordert. Der Kunde reklamierte nach der Lieferung Mängel am Zelt. Der Händler wies die Reklamation als unbe­gründet zurück. Der Verkäufer holte die Ware nicht ab, der Kunde schickte sie nicht ein und forderte Mangelbehebung bei sich zu Hause. Als nichts passierte, erklärte er den Rück­tritt vom Kauf­vertrag und verlangte vor dem Amts­gericht Norder­stedt den Kauf­preis zurück. Das Amts­gericht legt den Fall dem EuGH vor.

Händler oder Käufer – wer ist am Zug?

Nach Ansicht des Europäischen Gerichts­hofs ist beim „Verbrauchs­güterkauf“ der Erfüllungs­ort für die Mangelbehebung von Fall zu Fall zu bestimmen. Wendet man die EuGH-Kriterien an, dürfte Folgendes gelten: Eine defekte Wasch­maschine (schwer), einen großen Schrank (sper­rig) oder einen Spiegel (zer­brech­lich) muss der Händler abholen. Den Rück­versand von Ware, die leicht zu verpacken und zurück­zuschi­cken ist, muss dagegen der Kunde organisieren.

Verkäufer muss Versand­kosten tragen

Auch wenn Kunden den Versand erledigen müssen, trägt der Händler das Porto (Paragraf 439 Absatz 2 Bürgerliches Gesetz­buch). Der Kunde kann sogar Vorschuss fürs Porto verlangen (Paragraf 475 Absatz 6 Bürgerliches Gesetz­buch).

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 19.06.2024 um 17:21 Uhr
    Verpackung/Retoure

    @Sior811: Reklamiert der Verbraucher einen Mangel an einem sperrigen Kaufgegenstand, findet die Prüfung des Mangels und die Nacherfüllung (Reparatur bzw. Ersatzlieferung) am Wohnort des Verbrauchers statt. In der Praxis schicken die Händler meist einen Spediteur vorbei, der die Sache verpackt und mitnimmt (de facto findet die Mangelüberprüfung dann also am Geschäftssitz des Händlers statt, in dessen Werkstatt oder beim Hersteller). Der Verbraucher ist nicht verpflichtet, die sperrige Ware zu verpacken (wir wüssten auch nicht, wie ein Verbraucher eine Waschmaschine transportfähig verpacken sollte). Das ist Sache des Händlers/Transporteurs. Verpackt der Verbraucher die Ware dennoch, auf Wunsch des Händlers, hat der Händler die Verpackungskosten zu tragen.

  • Sior811 am 07.06.2024 um 10:17 Uhr
    Frage zur Verpackung

    Wie verhält es sich denn mit der Verpackung? Angenommen ich habe ein Solarmodul welches beschädigt geliefert wurde - bin ich verantwortlich das für die Abholung entsprechend zu verpacken? Ich sehe da ein Risiko, da mir ggf. bei nicht fachgerechter Verpackung und ggf. entstandenen "Folgeschäden" bei dem Transport wieder ein Strick daraus gemacht wird?

  • warg am 19.07.2019 um 12:27 Uhr
    Aktenzeichen von Urteilen automatisch verlinken

    Hallo,
    es wäre schön, wenn Artikel, in denen es um Urteile geht, die Urteils-/Aktenzeichen automatisiert auf eine öffentliche Datenbank verlinken, damit man mit einem Klick das Urteil selbst nachlesen kann. Bei solch gewichtigen Entscheidungen von obersten Gerichten dürften die Entscheidungen häufig öffentlich zugänglich sein und in einer Urteilsdatenbank stehen. Vielen Dank!
    Beste Grüße