Vermeid­bare Schad­stoffe in Garten­pflanzen Blumen für Bienen und Falter

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Vermeid­bare Schad­stoffe in Garten­pflanzen - Blumen für Bienen und Falter

Nektar. Biene im Anflug auf ein viel­versprechendes Rendezvous. © 

Studien zeigen: Gekaufte Pflanzen sind mit Pestiziden belastet, Blüh­mischungen oft unge­eignet. Wer ein paar Tipps beherzigt, kommt trotzdem zu einem artenreichen Garten.

In gutem Glauben Gift gesät

Wer will nicht mit bunten Blumen­ecken Wild- und Honigbienen oder Falter anziehen? Leider sind viele Zier­pflanzen stark pestizidbelastet. Der Bund für Umwelt und Natur­schutz Deutsch­land (Bund) hat 44 als Bienenweiden angepriesene Pflanzen untersucht – fast alle waren stark belastet.

In 40 Prozent der Proben wurden hoch bienengiftige Substanzen gefunden. Die belasteten Gewächse stammen meist aus dem Import, die Pestizide sind in der EU teils verboten. Der Bund empfiehlt, Zier­pflanzen für den Garten möglichst in Bio-Qualität oder regional zu kaufen. Bio-Pflanzen dürfen nicht mit solchen Pestiziden behandelt werden.

Schädlich für Mensch und Insekt

Die Blumen wurden in Gartencentern, Blumenläden, Baumärkten oder bei Lebens­mittel­händ­lern gekauft. Sie waren entweder mit einem Label als „bienenfreundlich“ oder „insektenfreundlich“ gekenn­zeichnet, wurden vom Verkaufs­personal als Bienenweiden empfohlen oder sind allgemein als attraktiv für Bienen bekannt.

Von den 44 Proben wiesen 42 Pestizide auf, im Schnitt rund acht verschiedene Insektengifte pro Probe. Die Blumen wurden in Deutsch­land und Österreich einge­kauft, alle 25 Proben aus Deutsch­land waren belastet. Nicht nur Insekten leiden darunter, viele Pestizide sind auch für den Menschen gesund­heits­schädlich. Besonders viele problematische Gifte fanden sich auf Sonnenblumen, Hyazinthen und Narzissen.

Saat­gut für Blüh­mischungen oft unge­eignet

Wenn die Pflanzen aus dem Gartencenter für Bestäu­berins­ekten ungenieß­bar sind, helfen dann vielleicht die Tütchen mit Blüh­mischungen? Kaum. Damit sie blühen, braucht es viel Pflege. Und der Inhalt stimmt oft nicht mit Werbe­versprechen wie „Samen­tütchen ausgebracht, Insekten gerettet“ über­ein. Das zeigte eine Unter­suchung von Studentinnen der Universität Hohen­heim, die diese im Deutschen Bienenjournal vorstellen. In der Studie wurden die Samen von drei Blühmischungen aus Bau- und Supermärkten untersucht. Sie enthielten vor allem fremdlän­dische Pflanzen. Viele heimische Wildbienen oder Schmetterlinge können damit nichts anfangen.

Teils gefähr­liche Pflanzen­arten ausgesät

In einer Samen­mischung fanden die Studentinnen aus Stutt­gart-Hohen­heim zum Beispiel fast zur Hälfte Zier­tabak (Nicotiana alata). Der produziert Enzyme, die für Insekten schädlich sind. Oder die Rosa Nacht­kerze aus Nord­amerika – Falter können sich mit ihrem Saug­rüssel in der Blüte verhaken und verenden. Und ein großer Anteil der restlichen gefundenen Samen dient nur Aller­welts­arten von Bienen und Hummeln, die meist schon anderswo ein ausreichendes Nahrungs­angebot vorfinden. Die Studentinnen empfehlen, wenn schon Saat­gut, dann dieses über den Verband deutscher Wildsamen- und Wildpflanzenproduzenten zu beziehen.

Tipps für artenreiche Gärten

Vor dem Pflanzen und Säen sollte über die Garten­anlage nachgedacht werden. „Im Ideal­fall sind Gärten wie kleine strukturreiche Inseln, die Lebens­räume für unterschiedlichste Tier- und Pflanzen­arten bieten“, sagt Alexandra Dehnhart, Leiterin des Projekts Gartenreich. Das Projekt ist eine Koope­ration zwischen dem Institut für ökologische Wirt­schafts­forschung (IÖW), dem Natur­schutz­bund Deutsch­land (Nabu), dem Verein Naturgarten e.V und weiteren Part­nern. Es wird gefördert durch das Bundes­ministerium für Bildung und Forschung. Die Expertinnen und Experten des Projektes forschen zu mehr Arten­vielfalt in deutschen Gärten.

Wer Bienen und Co neben ökologischen Zier­pflanzen etwas Gutes tun möchte, hat viele Optionen. „Neben den bekannten Insekten-Nist­hilfen sind auch offene Bodenflächen für boden­nistende Wildbienen­arten wichtig und können zu jeder Jahres­zeit einge­bracht oder angelegt werden“, empfehlen Nabu und Naturgarten.

Der Gemüsegarten blüht auch

Ein Gemüsegarten kann ebenfalls zur Arten­vielfalt beitragen – auch wenn viele Nutz­pflanzen exotischen Ursprungs sind und von Insekten oft links liegen gelassen werden. Nabu-Garten­expertin Melanie Konrad empfiehlt: „Es ist sinn­voll, einen Teil der Nutz­pflanzen nicht zu ernten, sondern blühen zu lassen. Dies gilt vor allen Dingen für Zwiebel oder Kohl, da sie sehr nah verwandt mit heimischen Pflanzen sind und von den Wildbienen angenommen werden.“

Tipp: Achten Sie auf samen­feste Sorten. Dann können Sie die so entstandenen Samen im nächsten Jahr wieder pflanzen. So haben Sie nicht nur den Insekten geholfen, sondern auch Ihr eigenes Saat­gut gezogen.

Manche Wild­kräuter stehen lassen

Entscheidend für einen Nutzgarten, der zur Arten­vielfalt beiträgt, sei aber auch, mal Wild­kräuter nicht zu jäten. Beliebt bei Insekten sind beispiels­weise Vogelmiere, Gundermann und Purpurrote Taubnessel, so Melanie Konrad. Das Gute: Sie haben keinen Einfluss auf den Ertrag im Garten und können ohne Bedenken stehengelassen werden. „In der zweiten Jahres­hälfte kann man außerdem Feld­salat säen, eine der wenigen Nutz­pflanzen, die aus heimischen Pflanzen stammt.“

Eine wilde Ecke anlegen

Naturgarten-Vorstand Karsten Mody empfiehlt zudem, eine wilde Ecke im Garten anzu­legen: „In wilden Ecken können sich verschiedene Wild­kräuter spontan ansiedeln, die im klassisch gepflegten Garten­bereich nicht vorhanden sind. Darunter befinden sich Nahrungs­pflanzen für verschiedene Insekten­gruppen, wie beispiels­weise Brenn­nessel und der Spitzwegerich für Schmetterlings­raupen, Gewöhnlicher Dost oder Wiesen-Flockenblume für Schmetterlinge und Löwenzahn, Horn­klee oder Nattern­kopf für Wildbienen.

In der wilden Ecke stört es auch nicht, wenn die Pflanzen am Ende der Saison stehen bleiben und die trockenen Stängel wert­volle Über­winterungs­plätze und Nahrungs­quellen für Tiere schaffen.“

Richtig Mähen für die Arten­vielfalt

Und wie legt man eine wilde Ecke im Garten an? Wichtig ist dabei, wann und wie diese gemäht wird. Die Bunte Wiese Stutt­gart, eine Initiative von Studierenden der Uni Hohen­heim, hat eine Broschüre zum richtigen Mähen für die Artenvielfalt veröffent­licht. Sie reicht vom kleinen Garten bis zur Natur­schutz­wiese. Ihre Empfehlung: Einmal mähen im Sommer ab Anfang Juni, einmal im Herbst. Herbst ist dabei je nach Lage und Witterung ab Anfang August bis Ende Oktober. Dabei das Gras abschneiden, nicht mit dem Rasenmäher kleinhäck­seln: Am schonendsten auf großen Wiesen sei der Einsatz eines Balkenmähers.

Den Gras­schnitt erst ein wenig liegen lassen, damit sich die Tiere auf den Halmen in Sicherheit bringen können. Dann weg damit. Dadurch wird der Boden lang­sam ärmer an Nähr­stoffen. Denn vor allem Gartenböden sind oft zu reichhaltig für viele Wild­blumen­arten. Durch das Mähen und Wegnehmen der Mahd wir der Boden ärmer und so geeignet für neue Arten, die darauf wachsen.

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Kommentarliste

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  • Kaledo am 31.05.2022 um 13:33 Uhr
    Wirklich kaum zu glauben!

    Wer so handelt, ist ein Verbrecher. Basta.
    Was uns aber sehr interessiert: Wie lange sind (nun einmal) gepflanzte Blumen und Stauden gefährlich für Mensch und Tier? Werden die Pestizide langsam abgebaut oder bleibt einem nichts anderes übrig, als sämtliche Pflanzen, die in z.B. den letzen zehn Jahren gepflanzt wurden, zu ersetzen?