![Vergiftungen - Wo Sie im Ernstfall Hilfe finden](https://cdn.statically.io/img/cdn.test.de/file/image/48/76/7bf8b070-21b5-448e-8553-7ec3fd348058-web/4767199_t201409092sb02a.jpg)
Reinigungsmittel gehören nicht in Kinderhände.
Shampoo getrunken, falsche Medikamente geschluckt: Meist sind es Kinder oder Senioren, die sich versehentlich vergiften. Viele Unfälle wären leicht zu vermeiden. Im Ernstfall aber müssen Profis helfen. Die test.de-Tabelle zeigt auf einen Blick, wo Sie schnell Hilfe finden.
Magen auspumpen lassen ist kein Spaß
Richtig glauben können es die Mitglieder eines Gesundheitsforums im Internet nicht: „Ich hab so gegen zwölf ein bisschen Spülmittel und Putzmittel mit Wasser getrunken. Was wird passieren?“ Nutzerin Gerda, im Forum als Ratgeberin geschätzt, antwortet prompt: „Ich denk, die Frage soll ein Witz sein. Dann bin ich jetzt auch mal witzig: Du musst in die Klinik und Dir den Magen auspumpen lassen.“ Dass jemand aus Spaß ein Gläschen Haushaltsreiniger trinkt, ist eine Ausnahme. Dass Betroffene Hilfe in Foren suchen, die Regel. Verlässliche Auskünfte gibt es dort aber nur selten. Besser: Erstmaßnahmen umsetzen (siehe Liste unten) und den Giftnotruf anrufen. Hier beraten Ärzte und Krankenpfleger, oft sind auch Pharmakologen mit an Bord.
Giftnotrufzentralen rund um die Uhr besetzt
Bundesweit gibt es neun Giftnotrufzentralen. Alle sind rund um die Uhr besetzt, ihre Auskünfte für Laien kostenlos – und extrem gefragt. 230 000 Anrufe gab es allein im Jahr 2012: In fast 40 Prozent der Fälle hatten die Betroffenen falsche oder zu viele Medikamente geschluckt, in 26 Prozent chemische Mittel wie Farben, Lacke oder ätzende Reiniger. Relativ häufig sind zudem Unfälle durch Kosmetika, etwa Nagellackentferner oder Shampoo. Auch Gartenpflanzen, zum Beispiel Maiglöckchen oder Heckenkirschen, bereiten nach einer Erhebung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) immer wieder Probleme. Schwere Vergiftungen oder Todesfälle sind selten. Doch auch Unfälle, die keine bleibenden Schäden hervorrufen, sind unangenehm und oft vermeidbar.
Schnelle Hilfe: Giftnotrufzentralen in Deutschland |
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Egal, wo Sie wohnen: Sie können jede Giftnotrufzentrale anwählen. Neun Einrichtungen, von den Bundesländern finanziert, teilen sich das Bundesgebiet auf. Sieben davon haben dieselbe Nummer: 1 92 40 (plus gegebenenfalls jeweilige Vorwahl). Die Auskunft ist für Laien gratis. |
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Stadt |
Notruf-Nummer |
Internetadresse |
Berlin |
0 30/1 92 40 |
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Bonn |
02 28/1 92 40 |
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Erfurt |
03 61/73 07 30 |
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Freiburg |
07 61/1 92 40 |
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Göttingen |
05 51/1 92 40 |
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Homburg an der Saar |
0 68 41/1 92 40 |
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Mainz |
0 61 31/1 92 40 |
www.giftinfo.uni-mainz.de (seit 2012 in Überarbeitung) |
München |
0 89/1 92 40 |
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Nürnberg1 |
09 11/3 98 24 51 |
Keine eigene Internetpräsenz |
Legende
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- Anrufe zwischen 16 Uhr und 8 Uhr morgens werden automatisch zum Münchner Giftnotruf weitergeleitet.
Spülmittel und Shampoo
Mehr als die Hälfte aller Giftunfälle betrifft Ein- bis Vierjährige. Daniela Acquarone von der Giftnotrufzentrale der Berliner Charité: „Kleinkinder trinken Spülmittel oder andere schäumende Produkte.“ Gebildet wird der Schaum von Tensiden in den Putzmitteln. Gerät er in die Lunge, wird es gefährlich. Acquarone rät, Entschäumertropfen aus der Apotheke zuhause zu haben. Das sind Produkte, die gegen Blähungen wirken. Auch etwas Butter könne helfen. Lebensbedrohlich sei der Schluck aus der Spülmittelflasche für die Kleinen aber selten, beruhigt die Medizinerin. „Meist probieren sie minimale Mengen und merken sofort, dass es nicht schmeckt.“
Tipp: Leben in Ihrem Haushalt Kinder, sollten Sie Medikamente und Reiniger, aber auch Duftöl- und Lampenöl-Flaschen hinter verschlossenen Türen lagern.
Demenzkranke besonders gefährdet
Nicht nur die Jüngsten, auch ältere Menschen bedürfen besonderen Schutzes. Ihre Sinneswahrnehmungen sind oft nicht mehr besonders gut, die Reaktionen auf den schlechten Geschmack kommen zu langsam. Greifen sie durstig zur falschen Flasche, haben sie schnell mehr als hundert Milliliter im Magen – Mengen, die lebensgefährlich werden können. Verschärft wird das Risiko bei Demenzkranken, die Getränke und Putzmittel schon einmal verwechseln. Hinzu kommt, dass Senioren nicht im gleichen Maß beaufsichtigt werden wie Kinder. Axel Hahn, Leiter der Fachgruppe Vergiftungsdokumentation beim BfR, geht davon aus, dass viele Vergiftungen bei älteren Menschen noch nicht einmal erkannt werden. „Denken Sie etwa an Lungenentzündungen. Sie könnten durchaus davon ausgelöst werden, dass die älteren Herrschaften unbemerkt größere Mengen Tenside geschluckt haben.“
Tipp: Füllen Sie gefährliche Substanzen nie in Wasser- oder Trinkflaschen. Bedenken Sie bei der Gartenplanung, dass Pflanzen wie Eisenhut und Herbstzeitlose, Rizinus, Oleander oder Goldregen giftig sind.
Praktische Neuheiten mit Risiko
Zusätzliche Risiken stecken auch in neu entwickelten Produkten: Das BfR beschäftigt sich derzeit unter anderem mit Flüssigwaschmitteln in wasserlöslicher Folie, den Liquid Caps. Seit sie auf dem Markt sind, häufen sich die Vergiftungsfälle. „Die Bonbon-Form und bunte Farbe machen sie für Kinder interessant“, erklärt Hahn. Wichtig: sie für die Kleinen unerreichbar zu lagern. Darauf machen auch die Hersteller aufmerksam. Kindersichere Verpackungen, wiederverschließbare Innentüten und Bitterstoffe in der Folie, die vom Schlucken abhalten, könnten Extra-Schutz bieten. Das BfR weist auch auf die Gefahren durch neue Lithium-Knopfzellen hin, die etwa in Fotokameras verwendet werden. Mit einem Durchmesser von 22 Millimetern sind sie etwas größer als die bislang verwendeten Knopfzellen. Werden sie verschluckt, können sie leicht in der Speiseröhre steckenbleiben. Mit Folgen: „Durch den hohen Entladestrom in den Lithiumzellen entstehen verbrennungsartige Symptome“, warnt Experte Hahn.
Tipp: Gehen Sie in die Hocke und betrachten Sie Ihre Wohnung mit den Augen eines Kindes: Knopfzellen kullern so schnell, Zigaretten bröseln herrlich und der Nagellackentferner in der rosa Flasche sieht aus wie für kleine Prinzessinnen gemacht. Bringen Sie Kindersicherungen an!
Milch und Jogurt keine Gegenmittel
Mediziner warnen davor, bei einer möglichen Vergiftung auf Hausmittel zu setzen: „Milch oder Milchprodukte wie Jogurt sind in den seltensten Fällen hilfreich“, macht Daniela Acquarone klar. Oft führten sie zum Erbrechen. Bei schäumenden Produkten steige die Gefahr, dass Schaum in die Lunge gerate, ätzende Substanzen wie Rohrreiniger würden ein zweites Mal durch die Speiseröhre gespült. Streng verboten ist auch die Gabe von Salzwasser. Bleibt Erbrechen als Folge aus, können gerade bei Kleinkindern kleinste Mengen zu schweren Kochsalzvergiftungen führen.
Tipp: Smartphone-Nutzer können die App des BfR „Vergiftungsunfälle bei Kindern“ herunterladen. Sie informiert zu Inhaltsstoffen und Gefahren von Chemikalien, Medikamenten, Pflanzen und Pilzen. Außerdem nennt sie Erste-Hilfe-Maßnahmen. Zudem können Nutzer den Giftnotruf ihrer Region direkt über die App anwählen.
Notfall – was tun?
- Giftnotruf-Nummer wählen, Namen und Menge der auslösenden Substanz nennen.
- Wasser, Tee oder Saft geben, kein Salzwasser, keine Milch.
- Für frische Luft sorgen, kein Erbrechen auslösen.
- Betroffene Haut abspülen, Augen mindestens 10 Minuten unter fließendem Wasser.
- Bewusstlos? Ein Fall für den Notarzt: 112 wählen.
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