Über­mäßiger Achselschweiß Was ein neues Mittel gegen starkes Schwitzen bringt

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Über­mäßiger Achselschweiß - Was ein neues Mittel gegen starkes Schwitzen bringt

Schweiß lass nach. Ein neuartiges Mittel reduziert die Menge, hat aber Neben­wirkungen. © Getty Images

Für Menschen, die stark unter den Achseln schwitzen, ist ein neues Medikament zugelassen: die Creme Axhidrox. Wie gut sie wirkt und für wen sie infrage kommt.

Schwitzen beein­trächtigt Lebens­qualität

Wenn Menschen auch ohne starke Hitze, körperliche Anstrengung oder eine andere erkenn­bare Ursache stark unter den Achseln schwitzen, leiden sie an primärer axillärer Hyper­hidrose. Das übermäßige Schwitzen kann sich auf die Arbeit, soziale Beziehungen sowie Psyche auswirken und die Lebens­qualität beein­trächtigen.

Tipp: Schränken Sie Alkohol, Kaffee, scharf gewürzte Speisen und Tabak ein – sie können ebenso wie Überge­wicht starkes Schwitzen zusätzlich fördern. In unserem, Special Was hilft gegen Achselgeruch und Nässe? sagen wir, welche Kleidung zu empfehlen ist und welche Rolle Stress spielen kann.

Axhidrox ist seit Sommer 2022 zugelassen

Möglicher­weise kann Betroffenen ein neues verschreibungs­pflichtiges Medikament helfen: Die Creme Axhidrox mit Glycopyrronium ist seit Sommer 2022 für Erwachsene mit schwerer primärer axillärer Hyper­hidrose zugelassen. Der Wirk­stoff verringert die Schweiß­bildung. Die Creme wird zunächst einmal täglich in den Achselhöhlen aufgetragen, später kann auch zweimal in der Woche genügen.

Wirk­samer als Scheinbe­hand­lung

Was ist von der Creme zu halten? Sie wirkt, zeigen Daten aus der Zulassungs­studie mit 171 Betroffenen: In der mit Glycopyrronium behandelten Gruppe verringerte sich die Schweiß­menge nach vier Wochen bei rund 58 Prozent der Probanden um mindestens die Hälfte. In der Gruppe mit wirk­stoff­freier Creme war das nur bei rund 35 Prozent der Probanden so.

Die Lebens­qualität verbesserte sich etwas, der Unterschied zwischen den Gruppen war aber vermutlich nicht bedeut­sam: Denn insgesamt schätzten die Teilnehmenden den Behand­lungs­erfolg nach rund vier Wochen in beiden Gruppen ähnlich ein.

Schweiß­reduktion hielt über ein halbes Jahr an

Für eine länger­fristige Anwendung gibt es bisher keine vergleichenden Daten. Nach dem Ende des vierwöchigen Vergleichs durften die Teilnehmenden die Creme aber weiter benutzen. Dabei blieb der Effekt auf Schweiß­reduktion und Lebens­qualität über ein gutes halbes Jahr erhalten. Allerdings gab es in dieser Zeit keine Vergleichs­gruppe mehr, die ein Scheinmedikament erhielt. Es ist daher unklar, ob die Effekte auf Glycopyrronium zurück­zuführen sind.

Axhidrox darf nicht an anderen schwitzigen Stellen wie Händen oder Füßen angewendet werden. Außerdem ist es wichtig, die Creme nicht mit den Fingern aufzutragen. Dafür ist die Kappe des Pump­spenders vorgesehen, damit das Mittel nicht ungewollt in Auge, Nase oder Mund gelangt.

Häufigste Neben­wirkung: Mund­trockenheit

Neben der erwünschten schweiß­hemmenden Wirkung sind auch unerwünschte Effekte möglich: Rötungen in der Achselhöhle, aber auch Augen, Nase oder Haut können trocken werden.

In der Zulassungs­studie fiel vor allem Mund­trockenheit auf: Sie trat bei 17 Prozent der Teilnehmenden mit Glycopyrronium-Creme auf, aber nur bei 5 Prozent in der Placebo-Gruppe. Etwa 5 Prozent der mit Glycopyrronium Behandelten berichteten über Augen­beschwerden, mit Placebo nur 1 Prozent.

Vorsicht bei diesen Erkrankungen

Axhidrox ist wegen seiner Wirk­eigenschaften nicht geeignet für Erkrankte an Grünem Star, Sjögren-Syndrom oder schwerer Colitis ulcerosa. Es kann bei diesen Erkrankungen die Beschwerden verschlechtern.

Bei stark vergrößerter Prostata, koronarer Herz­krankheit, Herz­rhythmus­störungen, Blut­hoch­druck und stark einge­schränkter Nieren­funk­tion ist es wichtig, sorgfältig mit Arzt oder Ärztin zu beraten, ob der mögliche Nutzen die Risiken über­wiegt.

Bisher kein Vergleich mit anderen Therapien

Krankhaftes Schwitzen lässt sich auch anders behandeln – etwa mit ärzt­lich verordneten Mitteln, die höhere Aluminium­konzentrationen enthalten als frei verkäufliche Antitransparantien. Auch eine Gleich­strom­therapie oder Botox-Spritzen kommen infrage. Wirkt Axhidrox besser als solche Behand­lungs­möglich­keiten?

Das hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen IQWiG jüngst bewertet. Es kommt zu dem Schluss: Ein Zusatz­nutzen gegen­über einer Vergleichs­therapie ist nicht belegt. Es ist also bisher nicht untersucht, welche Vor- oder Nachteile Glycopyrronium bei über­mäßigem Achselschweiß im Vergleich zu den Stan­dard­therapien hat.

Weitere Tipps für Betroffene

Lassen Sie sehr starke Schweiß­ausbrüche ohne erkenn­baren Anlass ärztlich abklären. Findet sich keine organische Ursache, versuchen Sie es zunächst mit ärzt­lich verordneten Anti­transpirantien mit hohem Alumini­umgehalt. Zu den Bedenken, dass Aluminiumsalze gesund­heits­schädlich sein könnten, geben neuere Studienergebnisse Entwarnung.

Lösungen mit Gerbstoffen können allenfalls unterstützend einge­setzt werden, um die Schweiß­produktion etwas zu verringern und das Wachs­tum der geruchs­bildenden Bakterien auf der Haut zu verlang­samen. Hilft all das nicht ausreichend, ist Axhidrox eine Therapie­option.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 16.04.2024 um 11:23 Uhr
    Unterschied Aluminiumchlorid, Aluminiumchlorhydrat

    @Antitranspirant: Die Mehrzahl der als kosmetische Mittel angebotenen Antitranspirantien enthält als Wirkstoff Aluminiumchlorhydrat, auf deutlich weniger Produkten ist Aluminiumchlorid deklariert. Dies spiegelt die historische Entwicklung der Antitranspirantien wider, die früher Aluminiumchlorid oder Aluminiumsulfat enthielten. Mit deren guter Wirksamkeit mussten allerdings Nebenwirkungen wie z. B. Hautirritationen in Kauf genommen werden. Die besser hautverträgliche Weiterentwicklung stellt das schwächer wirksame Aluminiumchlorhydrat dar, das in wasserbasierenden Formulierungen einen höheren, wenngleich noch deutlich sauren pH-Wert von ca. 4.5 aufweist.
    In kosmetischen Antitranspirantien findet man neben den genannten Stoffen Aluminiumchlorid (INCI Aluminum Chloride) und Aluminiumchlorhydrat (INCI ALUMINUM CHLOROHYDRATE) weitere Aluminium enthaltende AT-Wirkstoffe wie z. B. ALUMINUM CHLOROHYDREX, ALUMINUM CHLOROHYDREX PG, ALUMINUM SESQUICHLOROHYDRATE und ALUMINUM ZIRCONIUM TRICHLOROHYDREX GLY. Alaune erkennt man an den INCI-Bezeichnungen POTASSIUM ALUM und AMMONIUM ALUM.

  • Antitranspirant am 21.03.2024 um 16:06 Uhr
    Unterschied Aluminiumchlorid, Aluminiumchlorhydrat

    @Stiftung_Warentest
    In wie weit unterscheiden sich Aluminiumchlorid und Aluminiumchlorhydrat aus Eurer Sicht, was die mögliche Wirkung gegen Schwitzen und die mögliche Reizbarkeit der Haut angeht?
    Gibt es es hier bekannte und relevante Unterschiede?
    Man findet beide chemischen Formulierungen in einer ganzen Menge an Antitranspiranten und der oben erfragte Unterschied könnte dabei helfen deren Rezepturen zu bewerten und zu vergleichen.
    Beste Grüße Sascha Ballweg
    HyperhidroseHilfe.de - Forum zur Selbsthilfe für Menschen die stark Schwitzen

  • Antitranspirant am 21.04.2023 um 14:03 Uhr
    Ärzt­lich verordnete Mittel mit mehr % = Theorie

    Danke! Ich habe den Markt daraufhin ausgewertet:
    Selbst maximal dosierte, frei verkäufliche Antitranspirante mit 30 % aluminum chloride kommen nur auf einen Wert von unter 3,5 % "reinen Aluminiums". Der Rest innerhalb der 30 prozentigen AlCl3-Verbindung ist Chlor usw.
    Betrachtet man die Probleme der Lösbarkeit von Rezepturen mit Aluminum Chloriden, ist die zitierte höher dosierte Antitranspirant-Lösung in "ärzt­lich verordneten Mitteln" also reine Theorie.
    Denn eine Apotheke wird sich erfahrungsgemäß mehr als schwer damit tun, überhaupt ein max Antitranspirant mit 30 % aluminum chloride anzumischen.
    Und obwohl ich redaktionell eine Seite betreue, auf der Antitranspirante im Vergleich gelistet werden, ist mir kein solches "ärzt­lich verordnetes Antitranspirant" bekannt, dass Antitranspirante aus industrieller Fertigung in den Schatten stellt, was die Dosierung angeht.
    Dies ist keine Kritik, sondern zeigt nur die generell fehlende Verfügbarkeit von "noch stärkeren Lösungen" auf.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 18.04.2023 um 09:20 Uhr
    Wie hoch darf ein Antitranspirant dosiert sein?

    @Antitranspirant: Antitranspirantien, die unter das Kosmetikrecht fallen, dürfen laut EU-Kosmetikverordnung 5,4 Prozent Aluminium-Zirconiumhydroxochloridhydrate als schweißhemmendes Mittel enthalten, in Aerosolen darf die Stoffgruppe nicht eingesetzt werden. Darüber hinaus hat der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU in einer Stellungnahme vom März 2020 (SCCS/1613/19 Final Opinion) geschlussfolgert, dass Aluminiumverbindungen in nicht sprühbaren Deo-Applikationen bis zu 6,25 Prozent, in sprühbaren Applikationen bis zu 10,6 Prozent als sicher erachtet werden können. Um ein kosmetisches Produkt auf dem europäischen Markt anbieten zu dürfen, muss es sicher für Verbraucher*innen sein.

  • Antitranspirant am 17.04.2023 um 13:39 Uhr
    Wie hoch darf ein Antitranspirant dosiert sein?

    Sie schreiben: "… etwa mit ärzt­lich verordneten Mitteln, die höhere Aluminium­konzentrationen enthalten als frei verkäufliche Antitransparantien."
    Was für mich die Frage aufwirft, wie hoch darf ein frei verkäufliches Antitranspirant überhaupt dosiert sein?
    Und wo findet man konkrete Regularien dazu?
    Ich kenne im freien Handel einige maximal dosierte Antitranspirantien mit Dosierungen bis zu 30 %, die in diesem Fall jedoch auf die Anwendung an Händen oder Füßen spezialisiert sind und auch dahingehend beworben werden.