UDI-Gruppe Insolvenz­verwalter hat Pflichten verletzt

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UDI-Gruppe - Insolvenz­verwalter hat Pflichten verletzt

Wind­energie­anlage. Die UDI-Gruppe finanzierte Projekte zu erneuer­baren Energien mit Anlegergeld. © Getty Images / Lu ShaoJi

Der Insolvenz­verwalter einer Gesell­schaft aus der UDI-Gruppe hat laut Bundes­gerichts­hof pflicht­widrig versucht, die Beset­zung des Gläubiger­ausschusses zu beein­flussen.

Bundes­gerichts­hof sieht Pflichten verletzt

Der Insolvenz­verwalter Jürgen Wallner hat laut Beschluss des Bundes­gerichts­hofs (BGH) vom 23. November 2023 bei einer Gesell­schaft aus der UDI-Gruppe pflicht­widrig versucht, Gläubiger bei der Entscheidung zu beein­flussen, wer dem Gläubiger­ausschuss angehören soll (Az. IX ZB 29/22). Wallner hatte Anlegern der UDI Energie Fest­zins IV GmbH & Co KG 2021 aus Chemnitz in einem Schreiben vom 28. September 2021 eine vorformulierte Stimm­rechts­voll­macht für die Rechts­anwälte Peter Mattil und Georg Streit geschickt, die sie kostenlos auf der Gläubiger­versamm­lung vertreten könnten. Eine Pflicht­verletzung allein genüge aber nicht, auf fehlende Unabhängig­keit des Insolvenz­verwalters zu schließen, befand das Gericht. Fehlende Unabhängig­keit würde eine Abberufung recht­fertigen.

Fall zurück nach Leipzig verwiesen

Das zuvor mit dem Fall befasste Land­gericht in Leipzig muss nun erneut entscheiden, ob Wallner wegen fehlender Unabhängig­keit entlassen werden kann oder nicht. Das Land­gericht Leipzig hatte Wallner am 27. Juni 2022 abberufen. Anlass war damals ebenfalls das Schreiben vom September 2021 gewesen. Wallner hatte Rechts­beschwerde dagegen einge­legt. Mehrere Gesell­schaften aus der UDI-Gruppe sind insolvent und Wallner wurde zum Insolvenz­verwalter bestellt. Auch in anderen Fällen gab es Kritik im Hinblick auf die Entscheidung, wer dem Gläubiger­ausschuss angehören sollte.

UDI hatte zahlreiche Anla­geangebote aufgelegt

Die auf erneuer­bare Energien spezialisierte UDI-Gruppe hatte von Nürn­berg und Roth aus Geld­anlage­angebote aufgelegt beziehungs­weise vermittelt. In der Regel war das Kapital der Anlegenden für Projekte zu erneuer­baren Energien gedacht, zum Beispiel Biogas­anlagen. In vielen Fällen stammten die Anla­geangebote von Tochtergesell­schaften, die sich Geld von Anle­gerinnen und Anlegern liehen. Sie stellten es wiederum anderen Gesell­schaften in Form von Darlehen zur Verfügung.

Wirt­schaftliche Probleme und ungüns­tige recht­liche Stellung

In Schwierig­keiten gerieten sie aus mehreren Gründen. Zum einen liefen etliche der Energieprojekte nicht wie geplant. Zum anderen handelte es sich bei vielen Angeboten, darunter dem Energie Fest­zins IV, um Nach­rangdarlehen. Anlegende stehen dabei im Insolvenzfall im Rang hinter erst­rangigen Gläubigern. Erst wenn deren Forderungen komplett bedient sind, kommen sie an die Reihe. In der Regel ist aber nicht einmal genug da, um die erst­rangigen Gläubiger zu bedienen. Zudem können Anleger ihre Ansprüche gegen­über ihrer Gesell­schaft nicht durch­setzen, wenn diese durch die Zahlung insolvent würde. Solche Nach­rangdarlehen sind daher sehr riskant.

Finanz­aufsicht ordnete Abwick­lung der Geschäfte an

Die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) erachtete die Klausel für unwirk­sam, mit der UDI-Gesell­schaften in ihren Verträgen mit Anle­gerinnen und Anlegern den Nach­rang vereinbart hatten. Sie wertete die Anla­geangebote daher als Einlagen­geschäft, für das die UDI-Gesell­schaften aber keine Erlaubnis hatten. Die Bafin ordnete daher die Einstellung und Abwicklung an, unter anderem 2021 bei UDI Energie Fest­zins IV. Die Gesell­schaft rutschte in die Insolvenz. Das zuständige Amts­gericht setzte am 21. Mai 2021 einen vorläufigen Gläubiger­ausschuss mit drei Mitgliedern ein, darunter Mattil. Der vorläufige Ausschuss schlug Wallner als vorläufigen Sach­walter vor. Er wurde mit Eröff­nung des Insolvenz­verfahrens am 31. August 2021 auch zum Insolvenz­verwalter ernannt.

Land­gericht zweifelte Unabhängig­keit an

Vor der Gläubiger­versamm­lung meldeten mehrere Rechts­anwälte, die Anlegende vertraten, ihr Interesse an, Mitglied im Gläubiger­ausschuss zu werden. In dem Schreiben vom 28. September 2021 an die Gläubiger wies Wallner auf zwei hin, von denen er auch vorformulierte Stimm­rechts­voll­machten beifügte. Ein Gläubiger zog vor Gericht, weil er die Unabhängig­keit des Insolvenz­verwalters anzweifelte.

Das Land­gericht gab ihm recht: Das Schreiben wecke begründete Zweifel, dass Wallner gegen­über allen Gläubigern gleichermaßen neutral sei. Wallner habe nicht begründet, warum er gerade diese Rechts­anwälte genannt hatte und nicht erwähnt, dass auch andere Interesse gezeigt hatten. Die Sorge sei nach­voll­zieh­bar, dass die Auswahl von Rechts­anwalt Mattil nicht ohne Rück­sicht­nahme auf die Interessen des Insolvenz­verwalters erfolgt sei, weil Mattil sich wiederum am 19. Mai 2021 für seine Bestellung als Sach­walter ausgesprochen habe.

Pflicht­verletzung beein­trächtigt Unabhängig­keit nicht immer

Der Bundes­gerichts­hof sah in seinem Beschluss die Unabhängig­keit „nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass er vom Schuldner oder von einem Gläubiger vorgeschlagen worden ist“. Eine Pflicht­verletzung führe zudem nicht stets dazu, dass die Unabhängig­keit beein­trächtigt sei. Der BGH führt aus: „Allerdings war das Verhalten des Insolvenz­verwalters pflicht­widrig. Das an die Insolvenz­gläubiger gerichtete Schreiben vom 28. September 2021 ist geeignet, Einfluss auf die Zusammenset­zung des endgültigen Gläubiger­ausschusses zu nehmen.“ Das Schreiben erwecke den Eindruck, der Insolvenz­verwalter „bezwecke die Einsetzung eines ihm gewogenen Gläubiger­ausschusses.“ Die Über­wachung des Insolvenz­verwalters als wesentliche Aufgabe sei dann in Frage gestellt.

Der Insolvenz­verwalter hätte von einem solchen Schreiben absehen müssen. Wenn schon hätte er darauf hinweisen müssen, dass Gläubiger Rechts­anwälte frei wählen können, und hätte alle interes­sierten Rechts­anwälte nennen müssen. Allein mit dem Schreiben vom 28. September lasse sich eine fehlende Unabhängig­keit nicht begründen. Der BGH verwies den Fall zurück nach Leipzig.

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