Smart-Beta-ETF Growth-Aktien: Wachs­tums­werte leiden besonders

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Smart-Beta-ETF - Growth-Aktien: Wachs­tums­werte leiden besonders

Höhen­flug gestoppt. Noch während der Pandemie stiegen die Kurse der Wachs­tums­werte unbe­irrt weiter. Mit den Zins­erhöhungen endete die Erfolgs­geschichte vor­erst. © Getty Images / Klaus Vedfelt

Jahre­lang ging es schier unauf­halt­sam nach oben – mitt­lerweile sind Wachs­tums­werte, eng­lisch: Growth, jedoch die Sorgenkinder im Depot. Wir analysieren, warum das so ist.

Das Problem: Die Kurse der Wachs­tums­werte fallen stärker als die des breiten Marktes. Ein Grund dafür sind die steigenden Zinsen. Die zwei folgenden Charts zeigen die Wert­entwick­lung des MSCI World Growth seit Beginn 2022, einmal im Vergleich mit dem breit­gestreuten Welt­index MSCI World, und einmal im Vergleich mit weiteren Strategieindizes. es

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Grund­lagen der Aktienbe­wertung

Der Grund­gedanke ist einfach: Eine Aktie, die in Zukunft hohe Gewinne erzielt, ist mehr wert als eine Aktie, die weniger Gewinne macht. Und: Ein zeit­naher Gewinn ist in der Regel mehr wert als der gleiche Betrag in fünf Jahren. Das liegt daran, dass Anleger mindestens den Ertrag einer sicheren Anlage erwarten – sonst ergibt es keinen Sinn, mit dem Kauf von Aktien ein Risiko einzugehen.

Ein Beispiel: 100 000 Euro heute sind mehr wert als 100 000 Euro in fünf Jahren. Denn 100 000 Euro zu knapp 2 Prozent sicher angelegt reicht, um über fünf Jahre inklusive Zinsen eine Rück­zahlung über 110 000 Euro zu erhalten. Die 100 000 Euro entsprechen dem Barwert von 110 000 Euro in fünf Jahren. Im Fachjargon: Der Barwert ist der abge­zinste Wert der zukünftigen Zahlungen.

Drei einfache Regeln ergeben sich so:

  • Je höher der Zins, desto weniger sind zukünftige Gewinne und Zahlungen heute wert. Der Barwert sinkt.
  • Je weiter der erwartete Gewinn in der Zukunft liegt, desto weniger ist er heute wert.
  • Nur wenn der Zins Null ist, dann sind heutige und künftige Zahlungen gleich­wertig. Der Barwert entspricht dem gleichen Betrag wie die zukünftigen Zahlungen.

Das aktuelle Zins­umfeld

In der Eurozone kam man bis vor kurzem tatsäch­lich auf einen Zins um die Null. Kurz laufende Staats­anleihen hatten sogar einen negativen Zins. In den USA lag der Zins immer etwas höher, war aber auch auf historischen Tiefs. Wegen der hohen Inflation haben viele Zentral­banken die Zinsen deutlich erhöht.

Zum Vergleich:

  • Aktuell bieten Euro-Staats­anleihen 2,9 und US-Staats­anleihen 4,5 Prozent Zinsen (Stand 4. November 2022).
  • Die EZB hatte jüngst am 2. November den Leitzins um 0,75 Prozent­punkte auf 2 Prozent ange­hoben. Die Bank of England legte am 3. November ebenfalls nach und erhöhte ihren Leitzins auf 3 Prozent. In den USA liegt der Leitzins bei 3,8 Prozent.

Auswirkungen auf den Aktienmarkt – insbesondere Wachs­tums­werte

Auffällig bei den Kurs­korrekturen seit Anfang 2022 ist, dass Wachs­tums­werte deutlich mehr verloren haben als Stan­dard­werte, sogenannte Blue Chips. Wachs­tums­werte erhalten ihre Bezeichnung deshalb, weil sie hohe Gewinne in der Zukunft versprechen, welche – wenn die Gewinn­schwelle einmal erreicht ist – auch schnell weiter wachsen sollen.

Die Zins­erhöhungen sind ein Grund dafür, warum Wachs­tums­aktien aktuell mehr verlieren als Stan­dard­aktien: Ihre Bewertung erhalten sie vor allem wegen weiter in der Zukunft liegender Gewinne, deren heutiger Barwert unter steigenden Zinsen dahin schmilzt. Und wenn die erwarteten Gewinne weniger wert werden, dann auch die Aktien­kurse. Ein weiterer Grund für fallende Kurse an den Märkten generell ist das konjunkturelle Umfeld. Wie die aktuelle Berichts­saison zeigt, senken vieler der Konzerne auch ihre Umsatz- oder Gewinn­prognosen.

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Zahlenbei­spiel zur Veranschaulichung

Wir wollen hier jedoch zeigen, wie viel Einfluss die Zinsen haben und vergleichen daher zwei Aktien: Die Aktie eines Blue-Chip-Unter­nehmens, bei dem jedes Jahr 50 000 Euro Gewinn anfällt. Und eine Growth-Aktie, die in den kommenden fünf Jahren nichts verdient, aber dann den zuerst kleinen Gewinn im sechsten Jahr (1 144,44 Euro) von Jahr zu Jahr um 50 Prozent steigert. In der Summe verdienen beiden Unternehmen im Beispiel über die kommenden 20 Jahre 1 Million Euro – nur zeitlich anders verteilt.

Bei einem Zins von Null entspricht der aktuelle Wert aller Gewinne über 20 Jahre, der Barwert also, in beiden Fällen 1 Million Euro. Wie der Barwert sich ändert, wenn der Zins steigt und sich sonst nichts ändert, zeigt folgende Tabelle.

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Was die Tabelle und die Charts zeigen:

  • Auch der Barwert der Gewinne einer Blue-Chip-Aktie fällt, wenn die Zinsen steigen – und damit kommt auch ihr Aktienkurs unter Druck.
  • Aber der Barwert der Gewinne einer Growth-Aktie fällt deutlich stärker, und ihr Aktienkurs gerät damit auch deutlich stärker unter Druck. Wenn der Zins zum Beispiel von 0 auf 2 Prozent steigt, dann sinkt der Barwert der Blue-Chip-Aktie um knapp 18 Prozent, aber der Barwert der Growth-Aktie um fast 30 Prozent – obwohl beide Aktien über die kommenden 20 Jahre in der Summe den gleichen Gewinn von 1 Million Euro erzielen. Der Unterschied ist, dass der Groß­teil des Gewinns der Growth-Aktie erst am Ende der 20-Jahres-Periode anfällt und daher länger abge­zinst werden muss.

Tipp: Wenn Sie sich für ETF auf Growth-Indizes oder andere Strategie-Indizes interes­sieren, haben wir hier alles Wichtige zum Thema Strategie-Indizes für Sie zusammengefasst. Alle Renditen der Strategie-Indizes börsentäglich aktualisiert finden Sie zudem auf unserer MSCI World-Seite.

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