Kundenrechte bei Schön­heits­behand­lungen Verschnittene Frisur, verpfuschtes Tattoo

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Kundenrechte bei Schön­heits­behand­lungen - Verschnittene Frisur, verpfuschtes Tattoo

Friseur. Blondieren braucht Chemie. Wenn die Mischung nicht stimmt, kann das für Kundinnen schmerzhaft sein. © Adobe Stock / Africa Studio

Streit um Haar­schnitt, Permanent-Make-Up oder schlechtes Tattoo gibt es immer wieder. Wann Nachbesserung Pflicht ist und wann es sogar Schmerzens­geld gibt, sagt test.de.

Ein neuer Haar­schnitt, eine frisch­gefärbte, glänzende Mähne oder zumindest eine kleine Rund­erneuerung – wer einen Termin im Friseursalon ausmacht, möchte vor allem eins: besser aussehen als vorher. Doch das klappt nicht immer, auch nicht im Kosmetiksalon oder Tattoo­studio. „Dafür zahle ich keinen Cent!“, ist dann oft der erste Gedanke von Opfern verunglückter Schön­heits­behand­lungen. Wer die Zahlung verweigert, setzt sich jedoch ins Unrecht. Juristisch unterscheiden sich die Leistungen eines Friseurs, ebenso einer Kosmetikerin oder eines Tätowierers nicht von denen anderer Hand­werker. Wie Maler oder Tischlerin müssen sie zunächst Geld bekommen, auch wenn das Ergebnis nicht gefällt.

Beauty-Hand­werker sind wie alle anderen Dienst­leister verpflichtet, eine schlechte Arbeit nachzubessern. Das bedeutet: Kunde oder Kundin muss sie noch einmal Hand anlegen lassen, auch wenn es schwerfällt und die Nachbesserung zulassen. Wichtig ist außerdem, möglichst früh zu reklamieren, wenn etwas schief­geht, etwa wenn die Haarpracht zu drastisch gestutzt wurde, die Linien des Tattoos unsauber sind oder die Haut zu brennen beginnt. Bringen Beschwerden und der Nachbesserungs­versuch nichts, bleibt als letzter Weg nur noch, auf Schaden­ersatz und Schmerzens­geld zu klagen. Die Erfolgs­aussichten variieren je nach Fall. Die Rechts­expertinnen der Stiftung Warentest haben wichtige Urteile zusammen­getragen.

Brennendes Blondier­mittel beim Friseur

In einem in München verhandelten Fall wollte eine Kundin in einem Friseursalon ihre schwarz gefärbten Haare wieder aufhellen. Nach dem Auftragen des Mittels bemerkte sie ein unangenehmes Brennen, ein Arzt bestätigte später Hautschäden. Der Salon gab an, das Blondierungs­mittel habe eine 4,5-prozentige Wasser­stoff­per­oxid-Konzentration erhalten. Ein Gutachter dagegen ging von einer 9-prozentigen und damit schädlichen Konzentration aus. Die Friseurin musste wegen handwerk­licher Fehler 4 000 Euro zahlen. Das entschied das Amts­gericht München (Az. 159 C 18073/21).

Blondier­creme zu lange auf dem Kopf

Ebenfalls 4 000 Euro Schmerzens­geld nebst Zinsen musste ein Friseursalon einer Kundin zahlen, die durch eine Blondierung während der Einwirk­zeit der Blondier­creme am Hinterkopf eine hand­tellergroße Verätzung ersten bis zweiten Grades erlitt. Die Kundin hatte nach der Behand­lung zunächst 150 Euro für die Friseur­leistung bezahlt. Vier Tage später fand ein Gespräch zwischen ihr und dem Salon statt, bei dem ihr ein Friseur­gutschein angeboten wurde, den sie ablehnte. Die Frau, die anschließend umfassend in dermatologischer Behand­lung war, verklagte den Friseur erfolg­reich (Land­gericht Köln, Az. 7 O 216/17). Nach Einschät­zung des Gerichts hatte die Mitarbeiterin des Salons die Blondier­creme zu lange einwirken lassen. Immerhin 500 Euro Schmerzens­geld bekam eine Berlinerin, deren Haare beim Blondieren so gelitten hatten, dass sie abge­schnitten werden mussten. Die Frau wollte ursprüng­lich drei Haar­verlängerungen ersetzt haben. Das aber fand das Land­gericht Berlin unan­gemessen (Az. 23 O 539/01).

Wenn die Kopf­haut abstirbt

Sehr hart hatte es in einem ähnlichen Fall eine damals 15-­Jäh­­­rige getroffen. Beim Versuch, ihr die dunklen Haare blond zu färben, starb ihre Kopf­haut groß­flächig ab. Teuer für den Friseur: Er musste 18 000 Euro zahlen (Ober­landes­gericht Koblenz, Az. 12 U 71/13).

Tipp: Informieren Sie sich bei der Stiftung Warentest über Rege­lungen zum Schmerzensgeld.

Strohig nach dem Glätten

Dass eine miss­glückte Haarglättung eine Körperverletzung darstellen und den Anspruch auf Schmerzens­geld nach sich ziehen, entschied das Land­gericht Koblenz (Az. 3 O 267/22). Die Kundin eines Friseursalons hatte ebenfalls über unnatürlich strohige Haare geklagt, die zum Teil auch ausgefallen oder abge­brochen waren. Die Frau fühlte sich dadurch extrem unwohl und traute sich fast ein Jahr lang nur mit Kappe oder Mütze aus dem Haus. Ihr Haar ließ sie zu einem Kurz­haar­schnitt stylen. Von der Friseurin forderte sie Schaden­ersatz und Schmerzens­geld in Höhe von insgesamt knapp 10 000 Euro. Das Gericht sprach der Kundin 2 500 Euro Schmerzens­geld zu. Da das Haar mitt­lerweile auf Schulterlänge nach­gewachsen war, sah es aber keinen Anspruch auf Schaden­ersatz. Eine Frau, deren Haare nach dem Glätten monate­lang ebenfalls extrem strohig waren, bekam einige Jahre zuvor lediglich 1 000 Euro (Amts­gericht Charlottenburg, Az. 216 C 270/11).

Nicht in diesem Ton!

Ombré Style ­lila – diesen Farbton hatte sich eine Kundin ausgesucht. Der Friseur legte los, hatte aber nicht bedacht: Dieser Ton ist bei dunklem Haar nicht möglich. Auch zwei Nachbehand­lungen gingen schief. Das Haar war stark ­angegriffen, die Spitzen mussten gekürzt werden. Die Frau verlangte ihre 200 Euro zurück – und das Amts­gericht Coburg gab ihr recht. Zusätzlich musste ihr der Salon 50 Euro Schmerzens­geld zahlen (Az. 12 C 1023/13).

Tipp: Sie wollen lieber selbst färben? Lesen Sie unseren Test von Haarfärbemitteln. Und wie Sie beim Selbst­färben Fehler vermeiden, erfahren Sie in unserem Special zum Haarefärben.

Dottergelbes Desaster zu spät gemeldet

Eine Münchner Kundin wünschte sich eine Balayage-Färbung. Bei der Technik wird die Haarfarbe freihändig vor allem auf die Spitzen und Längen aufgetragen, das Ergebnis soll besonders natürlich aussehen. Bei dem Friseur­besuch wurde der Frau das Färbe­mittel gleich­mäßig über den gesamten Kopf verteilt und wirkte zwei Stunden ein. Ihre Kopf­haut habe massiv zu brennen und jucken begonnen, berichtete die Frau später, und nach dem Ausspülen seien ihre Haare gleich­mäßig dottergelb gewesen. Die Rechnung über 151 Euro beglich sie in „Schock­starre“, im Salon bekam sie eine Silber­tönung gegen den Gelb­stich. Erst sieben Monate nach der miss­glückten Färbung meldete sich die Kundin wieder im Salon, die Friseurin konnte sich nicht mehr an sie erinnern. Das Gericht befand, dass die unzufriedene Kundin eine angemessene Frist zur Nachbesserung hätte einräumen müssen und wies die Klage ab (Amts­gericht München, Az. 213 C 8595/18).

Strähn­chen mit Risiko

Friseure sind verpflichtet, Kunden über die Risiken des Färbens aufzuklären. Im Streitfall müssen sie die Aufklärung beweisen – durch Zeugen­aussage zum Beispiel. Als ein Friseur das nicht konnte, sprach das Land­gericht Mönchengladbach seiner Kundin 300 Euro zu. Sie hatte sich blonde Strähn­chen färben lassen – mit unschönen Folgen: Nach dem Färben waren die Haare über der Kopf­haut abge­brochen (Az. 5 S 59/09).

Lichtes Deck­haar

Eine Frau bat eine Friseurin, ihr Deck­haar vorsichtig zu kürzen, da es sehr dünn sei. Die Friseurin machte sich ans Werk. Nach dem Schnitt zahlte die Kundin und ging. Zwei Tage später kam sie wieder und verlangte Schmerzens­geld. Die Friseurin habe ihre Haare so kurz geschnitten, dass die Kopf­haut durch­scheine. Der Streit landete vor dem Amts­gericht München, wo die Kundin unterlag (Az. 173 C 15875/11). Der Grund: Sie hatte sich nicht beschwert, während die Friseurin mit der Schere zu Gange war.

Zu viel abge­schnitten kein Grund

Schmerzens­geld soll Schäden ausgleichen, nicht die Verletzung des eigenen Schön­heits­ideals. Das Amts­gericht Castrop-Rauxel ließ deshalb einen Kläger abblitzen, dem ein Friseur die Haarpracht auf 1 Zenti­meter gekürzt hatte – statt auf die georderten 3,5 Zentimenter. Im Frisiersalon werde – anders als beim Tischler – nicht nach Zenti­metern gearbeitet, sondern nach dem ästhetischen Erscheinungs­bild. Die Frisur sei völlig in Ordnung (Az. 4 C 957/01).

Nachbesserung verlangen

Vielleicht wurde nicht zu viel abge­schnitten, aber die Frisur ist nach Ansicht von Kundin oder Kunde trotzdem komplett miss­lungen. Sich dann einfach weigern zu bezahlen, ist keine Lösung. Die Frisierten können aber eine Nach­erfüllung verlangen, sofern das Ergebnis zum Beispiel bei der Farbe ganz anders ist, als sie es beauftragt hatten. Friseuse oder Friseur können dann noch einmal Hand anlegen. Am besten passiert das in gutem Einvernehmen und nach besserer Absprache.

Schmerzhafte Erfahrung im Kosmetiksalon

4 000 Euro Entschädigung erhielt eine 24-Jährige nach einer IPL-Haar­entfernung in der Bikinizone, bei der Narben zurück­blieben (Amts­gericht Wuppertal, Az. 94 C 28/11). Schon während der Behand­lung hatte die Frau über Schmerzen geklagt. Für das Gericht war entscheidend, dass die Kosmetikerin das ignoriert hatte.

Harte Strafe

In einer unver­öffent­lichten Entscheidung verurteilte das Amts­gericht Berlin-Moabit eine Kosmetikerin zu zwei­einhalb Jahren Haft. Zudem muss sie Schmerzens­geld an zwei Kundinnen zahlen, die sie bei einer Kryoli­polyse verletzt hat. Dabei werden Fett­zellen gekühlt, bis sie absterben. Da die Frau keine Heilpraktikerin ist, hätte sie die Behand­lung nicht durch­führen dürfen.

Unsauberer Lidstrich

Für Permanent-Make-up greifen Kosmetiker zur Tattoo­nadel. Eine Kundin verklagte anschließend ihren Salon. Ihr Dauer-Lidstrich hatte weiß­gelbe Flecken, war links dünner als rechts. Das Amts­gericht München gewährte ihr 2 500 Euro Schaden­ersatz: Tätowierung und Korrektur seien mangelhaft, die Folgen bleibend, auch wenn die Frau nicht „grob entstellt“ sei (Az. 132 C 16894/13).

Verpfuschtes Tattoo

Wenig elegant wirkte das Blütentattoo einer Frau aus Hamm. Der Tätowierer hatte zu tief gestochen: Farben und Linien waren verlaufen. Der Nadelkünstler bot an, die Laser­entfernung des Tattoos durch einen Mediziner zu zahlen. Anschließend wollte er an derselben Haut­stelle erneut loslegen. Die Kundin lehnte ab und verlangte die Kosten für die Entfernung des Tattoos sowie Schmerzens­geld. Vor dem Ober­landes­gericht Hamm siegte sie (Az. 12 U 151/13). Der Tätowierer musste die Laserbe­hand­lung zahlen und 750 Euro Schmerzens­geld.

Wenn eine Vorlage nicht wunsch­gemäß umge­setzt wird

Ein Mann wollte eines seiner Tattoos umge­stalten lassen: Ein sogenanntes Tribal-Tattoo sollte mit einem Cover-up durch zusätzliche Schattierungen einen 3D-Effekt erhalten. Der Kunde zeigte eine Vorlage für sein Wunsch-Tattoo und zahlte vorab 600 Euro an. Er wurde darauf hingewiesen, dass sich die Vorlage nicht eins zu eins über­nehmen lässt. Mit der Arbeit des Tätowierers war der Kunde nicht zufrieden, er brach die erste Über­arbeitung ab und wollte jetzt Engels­flügel als Cover-up. Auch die gefielen ihm nicht. Schließ­lich beendete der Kunde die Behand­lung und ging zu einem anderen Studio, mit dessen Arbeit er zufrieden war. Von dem Tätowierer, der als erstes mit der Über­arbeitung beauftragt war, verlangte er die Rück­zahlung des gezahlten Vorschusses, die Zahlung des neuen Cover-Ups und Schmerzens­geld in Höhe von mindestens 1 750 Euro wegen der erlittenen psychischen Probleme. Das Gericht wies die Klage ab. Der Tätowierer haben nicht fachlich mangelhaft gearbeitet. Es sei nicht möglich gewesen, die mitgebrachte Vorlage original­getreu umzu­setzen (Land­gericht Köln, Az. 4 O 94/19).

Jede Minute zählt

11:14 Uhr. Ein kleiner Junge kommt zur Welt. Der Augen­blick ging dem frisch­gebackenen Vater buch­stäblich unter die Haut. Er ließ sich eine Taschen­uhr stechen, die die Geburts­stunde seines Sohnes zeigen sollte. Die Zeiger des fertigen Tattoos standen aber auf 11:09 Uhr. Der Kunde klagte auf 3 500 Euro Schaden­ersatz. Das Studio hielt dagegen: Der Mann habe den Entwurf vorab gesehen, er sei selbst schuld an dem Fehler. Das Amts­gericht Bonn gab dem Vater recht (Az. 112 C 84/16). Er erhielt 1 500 Euro Schaden­ersatz.

Zu viel Sonne

Keinen Erfolg vor Gericht hatte ein Mann, der sich einen Schrift­zug auf den Arm tätowieren ließ und klagte, als Wochen später die Farben verlaufen und verblasst waren. Die geforderten 1 000 Euro Schmerzens­geld verwehrte ihm das Amts­gericht Gelsenkirchen (Az. 409 C 144/16). Der Tätowierer konnte mit Facebook-Fotos beweisen, dass sich der Mann gegen seinen Rat mit frischem Tattoo gesonnt hatte. Sonne kann Tattoos schädigen.

Dürfen Arbeit­geber Tattoos verbieten?

Auch wenn ein Tattoo von Trägerin oder Träger als rundum gelungen empfunden wird, gibt es manchmal juristischen Ärger. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeit­geber sicht­bare Tätowierungen verbietet. Über Tattoos im Polizeidienst wurde schon häufig gestritten und auch in anderen Jobs sind Arbeitskleidung und das äußere Erscheinungsbild immer wieder Thema.

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