Photovoltaik Unver­hoffter Geldsegen für Altanlagen

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Photovoltaik - Unver­hoffter Geldsegen für Altanlagen

Ältere Photovoltaikanlage. Auch bei Altanlagen kann sich der Weiterbetrieb auszahlen. © picture alliance / WILDLIFE

Mit jedem Jahr fallen mehr Solar­anlagen aus der 20-jährigen EEG-Förderung. Wann sich der Weiterbetrieb lohnt.

Rund 20 000 Photovoltaik-Anlagen (PV) werden im Jahr 2023 in Deutsch­land 20 Jahre alt. Damit fallen sie zum Jahres­ende aus der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Wer eine Altanlage betreibt, darf den Strom zwar weiter einspeisen, viel Geld gibt es dafür allerdings nicht mehr. Erst­malig können Betreiber einer Altanlage ihren Strom selbst verbrauchen oder über sons­tige Direkt­vermarktung anbieten. Umso mehr stellt sich die Frage, welche Lösung sich für einen Weiterbetrieb nach der Förderung lohnt und was es zu beachten gilt. Die Energie­experten der Stiftung Warentest liefern Antworten.

Unser Rat

Technikcheck. Lassen Sie einen Fach­betrieb prüfen, wie sicher und leistungs­fähig Ihre Altanlage noch ist. Denken Sie früh daran, den Anlagencheck zu beauftragen. Bis Sie einen Termin bekommen, kann es dauern.

Laufen lassen. Durch die Anschluss­regelung können Sie Ihren Strom bis 2027 weiter einspeisen und erhalten 10 Cent pro Kilowatt­stunde. Dafür müssen Sie nichts tun. Eine Voll­einspeisung ist die einfachste Lösung.

Eigen­verbrauch. Sie können Ihre Anlage auch auf Eigen­verbrauch umstellen. Das kann Geld sparen. Die Umstellung kostet allerdings.

Altanlagen können bis Ende 2027 weiterlaufen

Pünkt­lich zum Ende der EEG-Förderung hatte der Bund im Jahr 2020 eine befristete Anschluss­regelung für ältere Anlagen fest­gelegt. Danach dürfen Betreiber einer Ü20-Anlage ihren Strom bis Ende 2027 weiter ins Netz einspeisen. Nur: Sie bekommen deutlich weniger Geld als bisher. Anstelle eines festen Betrags entspricht die Höhe ihrer Vergütung dem „Jahres­markt­wert Solar“, höchs­tens aber 10 Cent pro Kilowatt­stunde. Zum Vergleich: Wer seine Anlage 2003 in Betrieb genommen hatte, dem wurden über 20 Jahre 45,7 Cent pro Kilowatt­stunde garan­tiert.

Wichtig: Ihre Anlage muss noch sicher funk­tionieren. Liegt der letzte Check länger zurück, sollte ein Fach­betrieb das Gerät rasch auf Leistung und Sicherheit prüfen. Das kann zwischen 200 und 300 Euro kosten. Und: Einen Termin zu bekommen, kann dauern. Darüber hinaus muss jede aktive Anlage seit spätestens 31. Januar 2021 im Markt­stamm­daten­register – einem Register für den deutschen Strom- und Gasmarkt – registriert sein. Gemeldet werden müssen auch ältere Geräte sowie sämtliche tech­nische Änderungen, etwa wenn von Voll- auf Über­schusseinspeisung gewechselt wird.

Photovoltaik - Unver­hoffter Geldsegen für Altanlagen

© Stiftung Warentest

Voll­einspeisung als einfachste Lösung

Zumindest bis zum Ende der Anschluss­regelung 2027 bleibt die Voll­einspeisung die einfachste Lösung. Aktiv werden müssen Sie dafür nicht. Die Einspeise­vergütung für Anlagen mit ausgelaufener Förderung ist zwar nied­riger als vorher. Aber die meisten Anlagen haben sich über die Lauf­zeit von 20 Jahren mehr als bezahlt gemacht. Fallen also keine hohen Kosten für Reparaturen an, lohnt es sich, die Anlage auch für kleine Erträge weiterlaufen zu lassen. Indem Sie weiter sauberen Strom produzieren, leisten Sie außerdem einen Beitrag zum Klima­schutz, tragen also zur Energiewende bei.

Alternativ auf Eigen­verbrauch umstellen

Wenn Sie Ihre Altanlage auf Eigen­verbrauch umstellen, sparen Sie unter Umständen Geld. Über­schüssigen Strom können Sie dabei weiter ins Netz einspeisen. Dafür fällt die Vergütung etwas geringer aus als bei einer Voll­einspeisung.

In Zeiten hoher Strom­preise kann sich das dennoch rechnen. So ist der Preis im vergangenen Sommer auf einen Wert von knapp 40 Cent pro Kilowatt­stunde gestiegen – Kosten, die gespart werden, wenn der eigene Strom verwendet wird. Am stärksten profitieren von dieser Variante strom­intensive Haushalte mit Geräten, wie E-Autos oder Wärmepumpen. Die Umstellung ist zumindest in der Theorie denk­bar leicht. Es reicht, den Netz­betreiber zu informieren. Ein Elektriker stellt darauf­hin den Stromfluss der Photovoltaik-Anlage um. Die Kosten dafür liegen bei 200 bis 300 Euro.

Tipp: Ihren Eigen­verbrauch können Sie in begrenztem Maße steuern. Verwenden Sie Elektrogeräte tags­über, wenn die Anlage den meisten Strom produziert. Laden Sie auch E-Bikes- und E-Autos besser am Tag.

Einige Leser schilderten uns ihre Erfahrung. Sie haben darauf hingewiesen, dass die Umstellung in der Praxis mit deutlich höheren Kosten verbunden sei. Grund dafür ist eine Änderung der tech­nischen Normen, die der Verband der Elektrotechnik kurz vor der befristeten Anschluss­regelung für Altanlagen durch­gesetzt hat. Den aktualisierten Normen nach gelten damit für Altanlagen die gleichen Rahmenbedingungen wie für neue Anlagen. Um auf Eigen­verbrauch mit Über­schusseinspeisung umzu­stellen, müsse damit in der Regel die Zähler­anlage ausgetauscht werden. Das ist teuer. Die Kosten reichen von einem hohen drei­stel­ligen bis zu einem mitt­leren vierstel­ligen Betrag. Damit lägen die Aufwände weit über den zu erwartenden Erträgen.

Tipp: Informieren Sie sich vorab bei Ihrem Netz­betreiber und Fach­betrieb, mit welchen Kosten eine Umstellung verbunden wäre.

Direkt­vermarktung lohnt sich kaum

Neben Voll- und Über­schusseinspeisung kann der eigens produzierte Strom auch verkauft werden. Aufgrund der hohen Hürden ist das allerdings nicht ganz einfach. Erste Voraus­setzung ist ein Direkt­vermarkter, der den Strom abnimmt. Oft interes­sieren sich diese aber erst für Anlagengrößen ab 100 Kilowatt­stunden.

Anlagen­betreiber erhalten vom Direkt­vermarkter den Börsen­preis. Dieser kann, wie im Sommer 2022, mit 40 Cent deutlich über der gedeckelten Einspeise­vergütung von 10 Cent liegen. Das muss aber nicht sein. Wie viel Betreiber für ihren Strom erhalten, kann sich im Viertel­stunden-Takt ändern. So kann der Preis auch weit unter den „Jahres­markt­wert Solar“ fallen. Wer seinen Strom über einen Direkt­vermarkter anbietet, setzt sich also einem erheblichen Preisrisiko aus.

Sie benötigen außerdem ein intelligentes Mess­system (Smart Meter). Dieses liefert Ihnen der Mess­stellen­betreiber. Im besten Fall ist das gleich­zeitig auch der Direkt­vermarkter. Da dieser möglichst hohe Erlöse erzielen möchte, kann es sein, dass er Ihnen Auflagen macht – etwa darauf besteht, dass Sie den gesamten Strom einspeisen. Eine Kombination aus Eigen­verbrauch und Direkt­vermarktung ist eher unwahr­scheinlich.

Weiterbetrieb auch bei kleinen Altanlagen

Solange Altanlagen Strom produzieren, sollten sie auch betrieben werden. Das gilt auch für Altanlagen mit geringer Leistung. Die meisten Anlagen funk­tionieren teils über 30 Jahre und machen sich schon nach 20 Jahren bezahlt. Zwar bringt die Anlage ohne Förderung keine großen Erträge mehr, aber sie kostet auch kaum etwas und speist ohne Aufwand weiter Strom ein. „Eine Anlage, die funk­tioniert und nicht schadhaft ist, lohnt sich immer weiterzubetreiben“, sagt Energie­experte Martin Bran­dis vom Verbraucherzentrale Bundes­verband. Muss die Anlage repariert werden, gilt es abzu­wägen, ob sich die Kosten rechnen. Dann könnte sich der Wechsel auf ein neues Gerät auszahlen.

Sparen bei der Versicherung

Auch bei Altanlagen bleibt eine Gebäudeversicherung und eine Privathaftpflichtversicherung unerläss­lich. Das bewahrt vor Kosten, wenn die Anlage durch Unwetter zerstört wird oder sich vom Dach löst und Schaden anrichtet. Spezielle Photovoltaik-Versicherungen ersetzen im Schadens­fall auch einen Ertrags­ausfall. Ohne EEG-Förderung sind die Erträge aber so gering, dass sich dieser Extra­schutz nicht mehr lohnt.

Altanlagen unkompliziert entsorgen

Photovoltaik-Anlagen fallen unter die „Waste of Electrical and Electronic Equipment“– Richt­linie der EU. Diese verpflichtet Hersteller dazu, Elektro- und Elektronikgeräte kostenlos zurück­zunehmen. Auch Händler und Installations­betriebe gelten als „Hersteller“. Bei 20 Jahre alten Anlagen kann es jedoch vorkommen, dass manche Hersteller nicht mehr am Markt sind. Altanlagen können dann bei kommunalen Wert­stoff­höfen kostenlos abge­geben werden. Der Abbau und Trans­port muss allerdings selbst organisiert werden.

Tipp: Kommt für Sie die Neuanschaffung einer Photovoltaikanlage in Betracht, checken Sie mit unserem Special zum Solarstrom, ob sich die Investition für Sie lohnt.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • B.Klaas am 29.07.2023 um 07:41 Uhr
    PV Strom Eigenverbrauch

    Natürlich sollte eine PV Anlage weiter betrieben werden bis sie keinen Strom mehr produziert.
    Um das festzustellen schaut man auf den Zähler und dafür braucht man keinen Fachmann.
    Ziel sollte der lukrative Eigenverbrauch sein. Hier fehlt die Info über V2H!

  • B.Klaas am 29.07.2023 um 07:39 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.