Pauschalr­eisen Insolventer Reise­ver­anstalter FTI – alle Reisen abge­sagt

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Pauschalr­eisen - Insolventer Reise­ver­anstalter FTI – alle Reisen abge­sagt

Insolvenz. Dem Mutter­konzern des Reise­ver­anstalters FTI Group ist das Geld ausgegangen. © picture alliance / dpa / Sven Hoppe

Europas dritt­größter Reise­konzern FTI hat nach seiner Zahlungs­unfähigkeit nun alle gebuchten Reisen ab 6. Juli abge­sagt. Gut: Kunden können jetzt Alternativen buchen.

Der Reise­ver­anstalter FTI hat nach seiner Anfang Juni erfolgten Zahlungs­unfähigkeit nun alle geplanten Reisen gestrichen, auch die ab dem 6. Juli 2024. Der vorläufige Insolvenz­verwalter der FTI Touristik GmbH, Axel Bierbach, beziffert die Anzahl der betroffenen Pauschalr­eisen und gecancelten Einzel­leistungen auf insgesamt 175 000.

Anzah­lungen auf Pauschalr­eisen werden erstattet

Wie Axel Bierbach mitteilte, wäre der Deutsche Reisesicherungs­fonds (DRSF) bereit gewesen, mit anderen Reise­ver­anstaltern die Erstattungs­ansprüche der Kundinnen und Kunden zu regulieren. Damit hätten Urlauber mit kleinem Budget ihre Reise antreten können, ohne zuvor auf Erstattung warten zu müssen. In der Kürze der Zeit sei diese Lösung aber nicht möglich gewesen. Alle bereits geleisteten Anzah­lungen und etwaige Vorleistungen für Pauschalr­eisen würden vom DRSF erstattet, so der Insolvenz­verwalter. Wer nur Einzel­leistungen wie Flug, Hotel oder Transfer gebucht hat, ist nicht über den Sicherungs­fonds geschützt, bekommt bereits gezahltes Geld nicht zurück.

Für FTI-Kunden gibt es eine Informations­seite unter www.fti-group.com/de/insolvenz. Telefo­nisch ist eine kostenlose Hotline unter +49 89 710451498 erreich­bar.

Absagen und neu buchen

Durch die Absagen, so Bierbach, sei es allen betroffenen Kundinnen und Kunden von Pauschalr­eisen nun möglich, umge­hend eine neue Reise für ihren Zeitraum zu buchen. Alternative Reisen können die Reisebüro­partner von FTI anbieten. Der Reise­ver­anstalter TUI teilte mit, dass er seine Kontingente bereits um 300 000 Plätze aufgestockt habe, vor allem in der Türkei und Ägypten, aber auch in Spanien und Griechen­land. Bei den Preisen werde sich gegen­über den gebuchten FTI-Reisen nicht viel ändern, so der TUI-Konzern.

Die abge­sagten FTI-Leistungen konnten in gängigen Reisebüros, auf Online-Buchungs­platt­formen wie Sonnenklar.tv, Check24, Ab-In-den-Urlaub, HolidayCheck oder auf den FTI-Buchungs­platt­formen (fti.de, fti.at, fti.ch, fti.nl, 5vorflug.de, drive.de) gebucht werden.

Reisesicherungs­fonds springt erst­mals ein

Der 2021 gestartete DRSF springt erst­mals ein. Er wurde installiert, um sich bei einer Pleite eines Reiseanbieters wie dieser um die Erstattung der Voraus­zahlungen der Kunden, gegebenenfalls den Rück­trans­port gestrandeter Urlauber sowie deren Unterbringung bis zum Rück­trans­port kümmern. Welche Rechte Pauschalr­eisende im Fall einer Insolvenz und darüber hinaus haben, erfahren Sie in unserem Special Reiserecht und Pauschalreisen.

Achtung: Nur wer eine Pauschalreise gebucht hat, ist über den Reisesicherungs­fonds abge­sichert. Als Pauschalreise gilt eine verbundene Buchung aus zwei unterschiedlichen Leistungen, etwa Flug und Hotel.
Nicht abge­sichert sind Buchungen einzelner Leistungen, also nur Hotel, nur Flug oder nur Mietwagen (zur Stornierung von Mietwagen­buchungen unten mehr).

Wichtig für Kunden: Der Sicherungs­schein

Alle, die bereits Geld für ihre Pauschalreise bezahlt haben, und alle, die schon im Urlaub sind und sich um den weiteren Aufenthalt und die Rück­beför­derung sorgen, sollten in ihren Unterlagen nach dem sogenannten Sicherungs­schein schauen. Der Sicherungs­schein stellt im Fall der Zahlungs­unfähigkeit des Reise­ver­anstalters sicher, dass Reisenden der gezahlte Reise­preis erstattet wird. Und zwar dann, wenn entweder Reise­leistungen ausfallen oder wenn man von Part­nern des Reise­unter­nehmens Zahlungs­aufforderungen erhält – beispiels­weise, wenn ein Hotel vor Ort selbst keine Zahlungen mehr vom Veranstalter bekommt.

Im Sicherungs­schein muss die jeweilige Reise­preis­absicherung für den Insolvenzfall beschrieben und das Versicherungs­unternehmen mit Adresse und Kontakt­daten benannt sein. Regel­mäßig ist dies der Deutsche Reisepreissicherungsfonds (DRSF). Unter bestimmten Umständen kann auch eine der Insolvenz­versicherungen benannt sein.

Mit diesem Sicherungs­schein in der Hand könne der Verbraucher sicher sein, die Zahlungen auf den Reise­preis zurück­zubekommen, falls der Anbieter und gegebenenfalls dessen Reise­töchter kurz­fristig Insolvenz anmelden oder Zahlungs­unfähigkeit erklären und damit die gebuchte Reise nicht durch­geführt wird, sagte der Reiserechtler Paul Degott der Nach­richten­agentur dpa.

Die wichtigsten Fragen zum Sicherungsfonds und wie es jetzt für Betroffene weitergeht, beant­wortet der DRSF online.

Diese Marken sind von der FTI-Pleite betroffen

Von der FTI-Insolvenz sind nach Auskunft des Unter­nehmens folgende Marken betroffen:

  • FTI in Deutsch­land, Österreich und den Nieder­landen
  • 5vorFlug in Deutsch­land
  • BigXtra Touristik GmbH
  • die Mietfahr­zeugs-Marken DriveFTI und Cars and Camper

Nicht betroffen sind nach Angaben von FTI gebuchte Leistungen bei Dritt­anbietern (wie TUI, Alltours, DERTOUR, vtours), die über die Portale der FTI Touristik gebucht worden sind. Sichern konnte der vorläufige Insolvenz­verwalter die Zukunft der rund 230 TVG-Reisebüros, die von der Raiff­eisen Vertriebs GmbH über­nommen werden.

FTI als Vermittler von Miet­autos

FTI hat nicht nur Reisen verkauft, sondern auch Mietwagen vermittelt, einmal über die eigene Internetseite, aber auch über Mietwagen-Portale wie zum Beispiel Billiger-Mietwagen.de. Erfolgte die Buchung direkt bei einer Mietwagenfirma wie Sixt, Hertz oder Europcar, kann die Buchung weiterhin gültig sein, weil FTI nur Vermittler war.

Wichtig zu wissen: Egal ob Reisende direkt bei FTI oder über ein Portal gebucht haben, ihr Fahr­zeug kann in der Regeln bis 24 Stunden vor Miet­beginn kostenlos storniert werden. Darüber sollten Insolvenz-Betroffene jetzt nach­denken. Denn von ihrer Kreditkarte wurde mit dem Zuschi­cken des Vouchers meistens bereits die gesamte Miete für das Auto abge­bucht – auch wenn der Miet­beginn weit in der Zukunft liegt.
FTI arbeitet als Vermittler, hat also selbst keine eigene Auto­flotte, und bezahlt die Vermieter vor Ort in vielen Fällen erst weit nach Rück­gabe des Mietwagens, wie uns Branchenkenner mitgeteilt haben. Sollte die Mietwagen­buchung erst in einigen Wochen anstehen, kann es durch­aus sein, dass der Auto­vermieter vor Ort noch keine Zahlung erhalten hat und wegen des laufenden Insolvenz­verfahrens kein Interesse an einer weiteren Vermietung hat. In diesem Fall wäre eine Stornierung der Buchung empfehlens­wert.

Tipp: Sie können zwischen zwei Vorgehens­weisen wählen.

  • Variante 1: Sie stornieren Ihre Buchung selbst oder buchen nach Stornierung Ihrer Mietwagen­buchung durch FTI bei einem anderen Anbieter neu, sofern Sie noch keine Geld­leistung vorgenommen hatten.
  • Variante 2: Sie haben bereits Geld­leistungen getätigt, stornieren Ihre Mietwagen­buchung und versuchen über das Char­geback-Verfahren Ihrer Kreditkarte Ihr Geld zurück­zubekommen. Die Banken bieten für dieses Verfahren ein Formular an. Geben Sie als Reklamations­grund „Ware oder Dienst­leistung nicht erhalten“ an und erläutern Sie, dass aufgrund der Insolvenz von FTI der Miet­vertrag mit dem Auto­vermieter am Urlaubs­ort nicht mehr zustande kommen kann. Möglicher­weise möchte die Bank, dass Sie ein Beleg der Storno­bestätigung vorweisen.
    In der Regel lassen sich Kreditkartenzah­lungen bis zu 120 Tage zurück­buchen. Sollte die Bank ein Char­geback als nicht gerecht­fertigt einstufen, dürfte sie die Rück­zahlung ablehnen.
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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 25.06.2024 um 12:45 Uhr
    Zahlung auf FTI-Konto

    @wobeco: Wir können uns nicht zu Sachverhalten äußern, die über den Inhalt des Artikels hinausgehen und können Ihnen hier leider nichts empfehlen. Für eine Beratung können Sie sich an die Beratungsstelle einer Verbraucherzentrale wenden.

  • wobeco am 25.06.2024 um 09:19 Uhr
    Zahlung auf FTI-Konto

    WINDROSE Finest Travel GmbH als 100%-Tochter der insolventen FTI-Unternehmen erbittet für eine individuell geplante Pauschalreise von NOV24-JAN25 eine (An-)Zahlung per Kreditkarte via https://pay.fti.group; würde damit das Geld nicht direkt in eine Insolvenzkasse fließen? Was ist ihre Empfehlung?

  • marcusherbst am 15.06.2024 um 08:55 Uhr
    Amex lehnt Chargeback ab

    Ich musste jetzt leider feststellen, dass Amex (ich habe die "Premiumkarte" Platinum) ein Chargeback ablehnt. Man solle sich an FTI wenden, wurde mir gesagt.
    Es gibt zwar keine Verpflichtung dieses anzubieten, im Kontext Preis/Leistung (das haben die 0€ KK von Visa/ Mastercard zumeist) und Kundenservice lässt sich aber festhalten: FINGER WEG VON AMEX Kreditkarten!

  • Loveandpeace am 06.06.2024 um 19:53 Uhr
    Wie immer …

    Moin !
    Alles wie immer. Der Steuerzahler bezahlt die Rechnung . Nachdem FTI bereits mehrere
    100 ! Millionen € als Staatsgarantien bekommen hat. Macht doch Nix … das Management hat doch sicherlich gut verdient. Und das tote Pferd einfach weiter geritten. Bis zum Exitus.
    Wer hat den Betrieb in dieser Zeit auf Erfolg kontrolliert ? Sicherlich wurde die Sicherheit nicht bedingungslos garantiert . Wo war hier das CONTROLLING ???
    Alles wie immer. Signa ,Benko…..usw.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 05.06.2024 um 14:45 Uhr
    Gebuchte Reisen nach dem 11. Juni 2024

    @Elsdorf50: Unter
    www.fti-group.com/de/insolvenz
    wird mitgeteilt, dass im ersten Schritt versucht wird, die Durchführung der geplanten Pauschalreise wie geplant zu ermöglichen. Nur wenn dies nicht gelingen sollte, greift der Absicherungsschutz durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF).
    Der DRSF sorgt dann im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags dafür, dass geleistete Zahlungen erstattet werden.