P&R-Insolvenz Anleger dürfen Auszahlungen behalten

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P&R-Insolvenz - Anleger dürfen Auszahlungen behalten

Container­trans­port. Anleger, die in Container von P&R investiert haben, haben viel Geld verloren. © Getty Images / iStockfoto

Aufatmen für Anleger der insolventen P&R-Containergesell­schaften: Der Bundes­gerichts­hof hat beschlossen, dass sie Auszahlungen von P&R vor der Insolvenz behalten dürfen.

Insolvenz­verwalter darf Geld nicht zurück­fordern

Der Bundes­gerichts­hof (BGH) hat beschlossen, dass Anleger der insolventen Contai­nerver­triebs­gesell­schaften von P&R aus Grün­wald bei München Auszahlungen behalten dürfen. In einem der Fälle, die dem BGH vorlagen, hatte ein Anleger noch kurz vor der Insolvenz von P&R im März 2018 erhalten. Mit dem Beschluss vom 26. Januar 2023 hat der BGH in letzter Instanz geklärt, dass die Insolvenz­verwalter Auszahlungen nicht zurück­verlangen dürfen (Az. IX ZR 17/22).

Beschluss gilt als richtungs­weisend

Diesen Beschluss begründete das Gericht ausführ­lich. Auch die Insolvenz­verwaltung Jaffé aus München sah sie in einer Presse­mitteilung zu dem BGH-Beschluss vom 7. März 2023 als „Leit­linie“ an, „wie vergleich­bare Fälle zu behandeln sind.“ Der BGH fasste noch zwei weitere Beschlüsse dieser Art. Ein viertes, noch anhängiges Verfahren beendete die Insolvenz­verwaltung. Damit können zehn­tausende P&R-Anleger aufatmen, die vor der Insolvenz noch Auszahlungen bekommen hatten.

Anfechtung soll Gläubiger schützen

Insolvenz­verwalter können Zahlungen anfechten, die bis zu vier Jahre vor einer Insolvenz geflossen sind, wenn es sich um eine „unentgeltliche Leistung“ handelt. Das regelt Paragraf 134 der Insolvenz­ordnung. Bei P&R Hatten Anle­gerinnen und Anleger Container gekauft, an P&R vermietet und nach mehreren Jahren wieder an P&R Verkauft. Feste Mietzah­lungen an die Anleger und eine Schluss­zahlung für den Rück­verkauf hingen also mit den gekauften Containern zusammen.

Viele Container gab es gar nicht

Viele Container, die P&R an Anleger verkauft hatte, gab es in Wirk­lich­keit aber nicht. Daher zweifelten die P&R-Insolvenz­verwalter daran, dass es eine Gegen­leistung gegeben hatte, als die Anleger Geld von P&R erhalten hatten. P&R hatte häufig mit frischem Geld Altanleger ausbezahlt und gar keine Container mehr gekauft. Die über­wiesenen Mieten und Rück­kaufzah­lungen für Container seien also Bluff und damit eine „unentgeltliche Leistung“ gewesen, argumentierte die Insolvenz­verwaltung. Diese „Anfechtung“ soll verhindern, dass Einzelne sich einen Vorteil verschaffen, indem sie noch kurz vor Schluss Geld aus einem Unternehmen ziehen und damit andere Gläubiger benach­teiligen. Solche Anfechtungen kommen häufig in Pleitefällen vor (siehe Artikel Was tun, wenn der Insolvenzverwalter Geld zurückfordert?).

Richter nahmen P&R in die Pflicht

Die Insolvenz­verwalter strengten sechs Pilot­verfahren an, um zu klären, ob sie Auszahlungen vor der Insolvenz anfechten dürfen. In einem hat der BGH nun seine Sicht ausführ­lich dargelegt. Er stützt sich auf das Bürgerliche Gesetz­buch. Danach sei P&R dafür verantwort­lich gewesen, den Anlegern das Eigentum an den Containern zu verschaffen. Die Investoren hätten die Container erworben und damit Anspruch auf Zahlungen daraus. Dass es sich teil­weise um ein Schnee­ball­system gehandelt hat, spielte in der Argumentation des Gerichts keine Rolle.

Zahlung wenige Wochen vor der Insolvenz

Der ausführ­lich begründete Beschluss vom Januar 2023 betrifft einen Anleger, der für 30 000 Euro P&R-Container gekauft und alle vereinbarten Zahlungen aus dem Investment noch wenige Wochen vor der P&R-Pleite im Früh­jahr 2018 erhalten hatte. Der Insolvenz­verwalter wollte insgesamt 33 500 Euro von ihm wieder­haben und zog vor Gericht. Das Ober­landes­gericht Karls­ruhe wies die Klage im Januar 2022 ab und ließ keine Revision zu. Dagegen legten die Insolvenz­verwalter Beschwerde beim BGH ein, der sie zurück­wies. Damit ist das Urteil des Ober­landes­gerichts Karls­ruhe rechts­kräftig.

Es ging um zwei bis drei Milliarden

Alexander Pfisterer-Junkert von der Kanzlei BKL Fischer Kühne vertrat den Anleger. Der Anwalt ist über­zeugt davon, dass der BGH-Beschluss Klarheit für viele gleich gelagerte Fälle bringt. Die Insolvenz von P&R war einer der größten Anlegerskandale in der Geschichte der Bundes­republik. Mehr als 50 000 Anleger bangen derzeit um rund drei Milliarden Euro. Wäre den Anfechtungs­klagen des Insolvenz­verwalters statt­gegeben worden, hätten die Privat­investoren oben­drein rund zwei bis drei Milliarden Euro zurück­zahlen müssen.

Einheitliche Steuer­regelung für das Pleite­jahr

Seit längerem ist geklärt, dass Anleger ihre Steuererklärungen bis einschließ­lich 2017 nicht mehr ändern müssen. P&R-Anleger konnten Abschreibungen auf die Container mit den Vermietungs­einnahmen verrechnen und hatten damit während der Lauf­zeit weit­gehend steuerfreie Erträge. Erst am Ende der Lauf­zeit wurde die Differenz der von P&R zurück­erstatteten Summe und dem Rest­buch­wert versteuert. Aus steuerlichen Gründen standen die zugesagten Erstattungen für die gebrauchten Container auch nicht von vorneherein in den Verträgen.

Insolvenzquote steht noch nicht fest

Ihre Abschreibungen dürfen Anleger nun nach einer einheitlichen Regelung zwischen Bund und Ländern auch für die ersten acht Monate 2018 geltend machen. Den restlichen Buch­wert ihrer Container können sie erst als Verlust geltend machen, wenn fest­steht, wie viel nach Abschluss des Insolvenz­verfahrens übrig bleibt. Dann dürfen sie ihre Rest­buch­werte mit der Auszahlungs­quote aus dem Verfahren gegen­rechnen. Das kann noch viele Jahre dauern. Bislang haben Anleger zwar zwei Abschlagszahlungen erhalten, die endgültige Quote steht aber noch nicht fest.

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