![Mikrobiom-Selbsttests - Teure Analysen ohne Aussagekraft](https://cdn.statically.io/img/cdn.test.de/file/image/a4/23/2e54f775-30ba-4385-844c-de2a34e279d4-web/6117649_mikrobiom-aAnalyse-t202404.jpg)
Darm im Fokus. Viele Angebote machen glauben, es lohne die Bakterien im Darm untersuchen zu lassen. © Getty Images / Laurence Monneret
Kommerzielle Sets zur Analyse der Darmflora sollen die Gesundheit verbessern − sagen die Anbieter. Doch Wissenschaftlerinnen warnen vor Kosten und möglichen Folgeschäden.
Selbsttests liegen im Trend. Auch wer Genaueres über die Zusammensetzung seiner Darmflora erfahren möchte, findet im Internet Angebote zur Analyse des so genannten Mikrobioms. Sie sollen helfen, unklaren Darmbeschwerden auf den Grund zu gehen und die individuelle Ernährung zu optimieren. Bei Verdauungsproblemen wie etwa einem Reizdarm, Allergien oder Infektanfälligkeit sei die Analyse ebenfalls sinnvoll.
Stuhltest zuhause, Auswertung vom Anbieter
Der Ablauf ist simpel: Man kauft ein Test-Set, nimmt damit zu Hause eine Stuhlprobe, schickt sie zur Analyse an den Anbieter und bekommt von ihm eine Auswertung – inklusive Ernährungs- und Handlungsempfehlungen, um das Darm-Mikrobiom zu optimieren.
Forscher sehen Risiken für finanzielle Ausbeutung
Durch die Forschung gestützt ist das nicht, im Gegenteil. Eine Gruppe um die US-Wissenschaftlerin Diane Hoffmann von der University of Maryland School of Law sieht Verbraucher durch Mikrobiom-Analysen finanziell ausgebeutet oder geschädigt, etwa wenn sie sich auf ungenaue Testergebnisse oder Ernährungsempfehlungen verlassen, die wissenschaftlich nicht fundiert sind.
Nach den Recherchen der Forschenden gibt es weltweit 31 kommerzielle Anbieter. Fast die Hälfte davon verkauft auch Nahrungsergänzungsmittel, die sie Kundinnen auf Basis der Analyse nahelegen. In der Fachzeitschrift Science fordern Hoffmann und ihr Team eine Regulierung dieses Lifestyle-Industriezweigs und kritisieren, dass Anbieter Aussagekraft und Nutzen der Tests nicht belegen müssten.
Gesund leben mit der Stiftung Warentest
Stuhltests, die sinnvoll sind. Anders als Mikrobiom-Selbsttests sind Stuhltests zur Früherkennung von Darmkrebs etabliert und sinnvoll. Die Kosten werden für Menschen ab 50 auch von der Kasse übernommen. Mehr zu dem Thema lesen Sie in unserem Beitrag zur Darmkrebsvorsorge.
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Deutsche Fachgesellschaft rät von kommerziellen Tests ab
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) bezeichnete Mikrobiom-Analysen bereits 2018 als „teuer und sinnlos“. „An dieser Einschätzung hat sich nicht viel geändert“, sagt Birgit Terjung, Chefärztin der Abteilung für Innere Medizin und Gastroenterologie GFO Kliniken Bonn und Mediensprecherin der DGVS. „Diese Tests sind in keiner Weise standardisiert und validiert“. Es gebe auch keine Einigkeit, was ein gesundes Darmmikrobiom ausmacht. Das Mikrobiom sei sehr individuell – wie der Fingerabdruck.
„Daher ist es sehr problematisch, weiterführende Empfehlungen zur Ernährungsumstellung oder zur Einnahme von Prä- und Probiotika oder Nahrungsergänzungsmitteln auf diesen Stuhlanalyseergebnissen aufzubauen“, erklärt Terjung. Gastroenterologen und auch Hausärzte bekämen dennoch häufig diese Selbsttests von ihren Patientinnen und Patienten vorgelegt.
Tipps für Verbraucher
- Sparen Sie sich das Geld für kommerzielle Mikrobiom-Tests. Die Kosten, beginnend ab 150 Euro, werden von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen.
- Bei Bauchbeschwerden wie Blähungen, Verstopfung oder Durchfall kann zunächst ein Ernährungsprotokoll helfen, um mögliche Zusammenhänge zwischen den Beschwerden und bestimmten Nahrungsmitteln zu erkennen.
- Lassen Sie Beschwerden immer ärztlich abklären, vor allem wenn sie anhaltend sind oder bei Alarmsymptomen wie Fieber, Blut im Stuhl, Nachtschweiß oder erheblicher ungewollter Gewichtsabnahme.
- Reden Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, bevor sie dauerhaft Ihre Ernährung umstellen oder Nahrungsergänzungsmittel nehmen.
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