Jamming und Relay Attack Auto­einbruch per Funk oft kein Fall für die Versicherung

1
Jamming und Relay Attack - Auto­einbruch per Funk oft kein Fall für die Versicherung

Kriminelle können die Fern­verriegelung mit einem Störsender unterdrücken. © Thinkstock

Wenn Auto­diebe das zur Verriegelung genutzte Funk­system umgehen und beim Öffnen des Wagens keine Spuren hinterlassen, bezahlen Versicherungen nicht. Kriminelle nutzen im Wesentlichen zwei Angriffs­arten, um die Sicher­heits­systeme von Fahr­zeugen unauffäl­lig zu umgehen: Jamming und Relay Attack. Wir erklären, wie die Auto­knacker vorgehen – und wie Sie sich gegen Auto­diebstahl schützen können.

Jamming

So funk­tioniert es: Beim Jamming wird das Funk­signal zum Schließen des Autos, das der Fahrer mit dem Schlüssel an die Fern­verriegelung sendet, mit einem Störsender (auf Eng­lisch „Jammer“) blockiert. Diese Art des Angriffs funk­tioniert also nur, solange sich der Fahrer mit dem Schlüssel in der Nähe des Fahr­zeugs befindet. Die Folge: Das Auto bleibt offen. Versichert ist nur das gewalt­same Eindringen, nicht das Öffnen einer unver­schlossenen Tür. Deshalb zahlen Kasko­versicherungen in der Regel nicht. Die Jamming-Masche passiert besonders häufig auf Park­plätzen vor Supermärkten. Die Täter unterdrücken das Schließ­signal, warten bis der Auto­besitzer im Laden verschwunden ist und räumen in aller Ruhe den Wagen aus.

Das sagen Gerichte: Der Diebstahl von Sachen aus dem Auto nach Jamming ist nicht versichert. Ein Berliner ging deshalb vor dem Land­gericht Berlin leer aus (Az. 23 S 32/14). Er wollte von seiner Hausrat­versicherung Sachen ersetzt haben, die aus seinem Auto entwendet wurden.

So schützen Sie sich: Achten Sie beim Fern­verriegeln darauf, dass das Auto durch Blinker­signale das Abschließen anzeigt.

Relay Attack

So funk­tioniert es: Eine andere Methode Krimineller, das Schließ­system von Autos auszutricksen, ist die sogenannte Relay Attack. Sie funk­tioniert mit Autos, bei denen ein Schlüssel oder eine Chipkarte nur an das Fahr­zeug gehalten werden muss, ohne einen Knopf zum Entriegeln zu drücken. Diese Systeme haben je nach Hersteller unterschiedliche Namen, zum Beispiel „Keyless Go“. Der Trick der Diebe: Sie fangen das Funk­signal mit einem speziellen Gerät vom Schlüssel ab, der sich beispiels­weise in einer Tasche befindet. Ein Komplize steht, ebenfalls mit einem speziellen Gerät ausgestattet, neben dem Ziel­auto. Das eigentlich sehr schwache Funk­signal, das normaler­weise nur in Fahr­zeugnähe zum Öffnen des Wagens reicht, wird so über mehrere Hundert Meter über­tragen.

Das sagen Gerichte: Die Autos sind hier ordnungs­gemäß verschlossen. Teil- und Voll­kasko­versicherung zahlen im Falle eines Diebstahls mit dieser Methode in der Regel. Hausrat­versicherungen, über die auch Sachen versichert sind, die sich vorüber­gehend außer Haus befinden, stellen sich meist quer. So erging es einem Mann in München, aus dessen Auto Gegen­stände im Wert von mehr als 3 000 Euro verschwanden. Am Fahr­zeug gab es keine Spuren eines Aufbruchs.*

Das Amts­gericht München entschied, das Verwenden eines falschen Schlüssels sei nicht mit „Aufbrechen“ gleich­zusetzen. Dieser Begriff stand in den Versicherungs­bedingungen. Außerdem bestehe eine „nicht unerhebliche Miss­brauchs­gefahr“, wenn Versicherungen sich nur auf die Angaben der Betroffenen und gegebenenfalls Zeugen verlassen müssten. Die Hausrat­versicherung muss nicht zahlen (Az. 274 C 7752/19).

So schützen Sie sich: Wenn Sie sicher­gehen möchten, können Sie den Schlüssel in einer Metall­dose oder einer speziellen Tasche (Stich­wort „RFID-Schutz­tasche“) aufbewahren. Ob das Funk­signal effektiv blockiert wird, testen Sie, indem Sie den Schlüssel samt Hülle wie gewohnt an das Auto halten. Es sollte sich dann nicht öffnen lassen.

* Diese Meldung ist im März 2015 auf test.de erschienen. Wir haben sie zuletzt im Januar 2021 aktualisiert und dabei die mit * gekenn­zeichnet Passage korrigiert.

1

Mehr zum Thema

1 Kommentar Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Antefix am 18.03.2015 um 11:03 Uhr
    Bequemlichkeit war immer etwas teurer,

    ...aber wie könnte man einem Versicherer jetzt noch beweisen, dass man das Abschließen wirklich nicht bloß vergessen oder fahrlässig unterlassen hatte? Dergleichen Unterstellungen nach sog. erstem Anschein ("prima facie") als Regulierungsabweisung eines Diebstahlversicherers waren ja erst aufgrund Einführung bequemer Fernbedienungen kaum noch rechtsrelevant.
    Sollte man sich jetzt vorsorglich um Zeugen bemühen, die nach Rückkehr zum ausgeraubten Auto beschwören können, man habe sich beim Weggehen tatsächlich nach seinem blechernen Liebling umgesehen, der die Verabschiedung durch Blinken auch brav quittiert habe? Oder darf man sich zur Blinkerei jetzt noch ein kleines Hupkonzert einbauen? Praktischer Vorschlag von mir: Dann nur mit Dashcam zwecks gleichzeitiger Tonaufzeichnung. (Dann darf es aber auch nicht bis zur Gerichtsverhandlung kommen, weil Richter solche Vorsichtsamaßnahme ignorieren dürfen, und daran hätte der Versicherer-Anwalt wieder großes Interesse.)