Interview Mund­geruch Was gegen schlechten Atem hilft

2
Interview Mund­geruch - Was gegen schlechten Atem hilft

Unangenehm. Verstecken hilft nicht gegen Mund­geruch. © Plainpicture

Probiotische Bakterien können laut einer Studie Mund­geruch mildern. Für Zahnmediziner Stefan Zimmer sind sie nur eine Zusatz­therapie, um schlechten Atem zu behandeln.

Interview Mund­geruch - Was gegen schlechten Atem hilft

Professor Stefan Zimmer ist Leiter der Zahn­klinik der Universität Witten/Herdecke. © privat

Herr Zimmer, was sind über­haupt probiotische Bakterien?

Es handelt sich um lebende Bakterien, die zu jeder gesunden Mund­flora gehören. Ihre Aufgabe ist es, die anaer­oben Bakterien, die eine ungesunde Mund­flora anzeigen und Mund­geruch verursachen, zurück­zudrängen.

In welcher Form gibt es Probiotika gegen Mund­geruch?

Sie werden meist als Nahrungs­ergän­zungs­mittel in Form von Lutsch­tabletten oder Kaugummi, aber auch als Mund­spüllösung angeboten.

Welche probiotischen Bakterien werden einge­setzt?

Sie heißen zum Beispiel Lactobacillus salivarius, reuteri und acidophilus, Streptococcus salivarius sowie Weissella cibaria. Für das letzt­genannte Bakterium konnte nachgewiesen werden, dass es die Bildung von flüchtigen Schwefel­verbindungen hemmen kann, die Mund­geruch verursachen.

Details zur aktuellen Probiotika-Studie

Für ihre Meta-Analyse, veröffent­licht im Fachmagazin BMJ Open, haben die Auto­rinnen und Autoren medizi­nische Daten­banken nach Studien durch­sucht, die die Wirkung von Probiotika auf Mund­geruch behandeln. Von mehr als 200 Studien erfüllten sieben die Anforderungen an ein qualitativ hoch­wertiges Studien­design. Ergebnis der Analyse: Mit Probiotika reduziert sich der wahr­nehm­bare schlechte Atem. Die flüchtigen Schwefel­verbindungen verringern sich kurz­fristig für vier Wochen.

Wie genau entsteht schlechter Atem?

Zu zirka 80 Prozent entsteht Mund­geruch in der Mund­höhle und nur zu etwa 20 Prozent im Bereich von Nase, Rachen oder Magen-Darm-Trakt. Es gibt den „normalen“ Mund­geruch am Morgen, der durch den geringen Speichelfluss in der Nacht und der dadurch erhöhten nächt­lichen Stoff­wechsel­aktivität von Bakterien verursacht wird. Auch Knoblauch, Zwiebeln, Rauchen oder Alkohol können natürlich für Mund­geruch sorgen.

Der krankhafte Mund­geruch hat andere Ursachen. Er entsteht in der Mund­höhle über­wiegend durch anaerobe Bakterien, die schwefelhaltige Aminosäuren abbauen. Dabei werden so genannte flüchtige Schwefel­verbindungen gebildet, die unangenehm riechen. Die Bakterien kommen haupt­sächlich im Bereich des hinteren Zungen­drittels vor. Aber auch in Zahn­zwischenräumen und Zahn­fleisch­taschen können sie sich sammeln.

Was sollten Betroffene bei Mund­geruch tun?

Ein guter Anfang ist eine professionelle Zahn­reinigung. Dabei werden die geruchs­bildenden Bakterien aus allen Nischen entfernt. Manchmal ist auch eine Parodontitisbehand­lung erforderlich. Zu Hause kommt es auf eine gute Mund­hygiene an mit regel­mäßiger Reinigung der Zahn­zwischenräume sowie des Zungenrü­ckens. Mit einem Zungen­reiniger kombiniert mit einer antimikrobiell wirkenden Zahnpasta lassen sich die Beläge abkratzen. Eine antibakteriell wirk­same Mund­spüllösung kann diese Reinigung ergänzen.

Wenn mögliche Ursachen in der Mund­höhle beseitigt sind und der Mund­geruch immer noch da ist, sollte ein Inter­nist aufgesucht werden, der nach Ursachen außer­halb des Mundes sucht.

Zahn­pfle­gepro­dukte im Test

Die Stiftung Warentest prüft Zahnpasta und elektrische Zahnbürsten regel­mäßig. Auch Mundspüllösungen, Zahnseide und Interdentalbürsten sowie Zungenreiniger haben wir untersucht. Auf unserer Themenseite Zahnpflege finden Sie alle Tests zum Thema wie auch Tipps zur Zahnpflege.

Empfehlen Sie, bei Mund­geruch Probiotika einzunehmen?

Die Studien­lage ist noch nicht so über­zeugend, dass ich sie als alleinige Therapie empfehlen möchte. Außerdem reduzieren Probiotika die Masse an Bakterien in der Mund­höhle nicht. Ich sehe sie haupt­sächlich als Mittel, um ein gesundes Milieu im Mund zu stabilisieren. Nach professioneller Zahn­reinigung und guter Mund­hygiene empfehle ich, sie probeweise vier Wochen zu verwenden.

Helfen auch probiotische Lebens­mittel wie Joghurt gegen Mund­geruch?

Einen erhöhten Joghurt-Konsum kann ich nicht empfehlen. In Joghurt sind die Bakterien Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermo­philus enthalten. Sie sind mit denen in den Probiotika verwandt. Es gibt auch eine Labor-Studie, die zeigt, dass eines der Joghurt­bakterien die Bildung von flüchtigen Schwefel­verbindungen bei einem anaer­oben Bakterium hemmt. Mir sind aber keine klinischen Studien bekannt, die einen Effekt gegen Mund­geruch stichhaltig belegen.

2

Mehr zum Thema

2 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 14.03.2023 um 10:09 Uhr
    Wo kaufen?

    @FreshMarv: Grundsätzlich empfehlen wir Ihnen, sich mit Ihrer Zahnärztin oder Ihrem Zahnarzt über eine geeignete Behandlung zu besprechen.
    Probiotika sind meist Nahrungsergänzungsmittel und beispielsweise in Apotheken erhältlich. Sicher kann Ihnen Ihre behandelnde Zahnärztin oder Ihr Zahnarzt bei Bedarf ein für Sie geeignetes Produkt empfehlen.

  • FreshMarv am 10.03.2023 um 18:47 Uhr
    Wo kaufen?

    Und woher bekomme ich diese Probiotika?