Gesetzliche Kranken­versicherung Wie viel Beitrag Selbst­ständige zahlen müssen

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Gesetzliche Kranken­versicherung - Wie viel Beitrag Selbst­ständige zahlen müssen

Klein­unternehmer. Solo-Selbst­ständige wie dieser Friseur sind in der gesetzlichen Kranken­versicherung meist besser aufgehoben als in der privaten. © Getty Images / Nelson Martinez

Hier erfahren Selbst­ständige, wie viel Beitrag sie für die gesetzliche Kranken- und Pflegekasse zahlen müssen und was sie bei Zahlungs­problemen tun können.

Schutz vor hohen Nach­forderungen

Ab 2024 schützt das Gesetz Klein­selbst­ständige besser vor finanzieller Über­forderung durch den Höchst­beitrag in der Kranken­versicherung. Bei den Verbraucherzentralen hatten sich in den vergangenen Jahren viele Betroffene gemeldet, die Tausende Euro an ihre Krankenkasse nach­zahlen sollten, obwohl sie keine entsprechenden Einnahmen hatten. Wer bereits den Höchst­beitrag von rund 840 Euro bezahlen muss, kann bei Nach­weis geringerer Einkünfte jetzt Geld zurück­fordern.

Achtung: Jetzt Bescheid für 2021 einreichen!

Eine Nach­forderung von mehreren Tausend Euro kann Solo-Selbst­ständige die Existenz kosten. Wer die Beitrags­schulden nicht voll­ständig zahlen kann, bekommt außerdem nur noch eine medizi­nische Notversorgung. Selbst­ständige, die ihre Einkommens­steuer­bescheide für zurück­liegende Jahre noch nicht bei der Krankenkasse einge­reicht haben, sollten dies deshalb schnells­tens tun. Das ist einfacher als zu viel gezahltes Geld später zurück­zuholen.

Weitere Infos zu diesem Thema lesen Sie im Abschnitt Hohe Nachforderungen vermeiden.

Wie können Selbst­ständige sich gesetzlich kranken­versichern?

Selbst­ständige und Freiberufler können als freiwil­lige Mitglieder in in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sein – aktuell sind dies rund 1,5 Millionen Menschen. In jungen Jahren ist die private Krankenversicherung (PKV) zwar attraktiv, weil sie höhere Leistungen zu oft güns­tigeren Beiträgen bietet – doch wer stark schwankende oder dauer­haft geringe Einkünfte hat, ist mit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) besser dran, um die Kosten der Kranken­versicherung dauer­haft gut aufbringen zu können. Die privaten Versicherer schätzen, dass sie nur etwa 500 000 Selbst­ständige in ihren Reihen haben.

Vor allem für Gering­verdiener sinn­voll

Die Entscheidung treffen Menschen, wenn sie sich selbst­ständig machen – später ist eine Rück­kehr in die gesetzliche Kasse nicht ohne weiteres möglich. Die Stiftung Warentest bietet deshalb eine Entscheidungs­hilfe zum Thema Gesetzlich oder privat versichern?

Eine Ausnahme gibt es für Menschen, die einen künst­lerischen oder publizistischen Beruf haupt­beruflich selbst­ständig ausüben. Sie sind gesetzlich pflicht­versichert, und zwar über die Künstlersozialkasse.

Tipp: Sie wollen sich privat kranken­versichern? Passende Policen finden Sie mit unserem Vergleich Private Krankenversicherung.

Alle Einkünfte zählen für den Beitrag mit

Den Beitrag zur Kranken- und Pflege­versicherung berechnen die Krankenkassen auch für Selbst­ständige nach dem Einkommen des Versicherten. Bei freiwil­lig Versicherten ziehen die Kassen allerdings nicht nur die Einkünfte aus der selbst­ständigen Tätig­keit für die Beitrags­berechnung heran, sondern alle Arten von Einkünften, wie zum Beispiel Miet­einnahmen. Im Folgenden erklären wir, wie die Beiträge berechnet werden und welcher Höchst­beitrag aktuell gilt.

Bei Zahlungs­schwierig­keiten schnell handeln!

Haben Selbst­ständige kein Geld für die Kranken­versicherung, können die Krankenkassen ihnen zwar nicht kündigen – säumige Beitrags­zahler verlieren aber ihren Anspruch auf Leistungen. Gleich­zeitig wachsen die Beitrags­schulden immer weiter. Deshalb ist es wichtig, schnell zu handeln (Wenn es Zahlungsprobleme gibt).

Das zahlen Selbst­ständige für die Krankenkasse

Bei haupt­beruflich Selbst­ständigen berechnet die Kranken­versicherung die Beiträge anhand der aktuellen Beitrags­sätze und des beitrags­pflichtigen Einkommens.

So setzt sich der Beitrag zusammen (Werte für 2024)

  • Allgemeiner Beitrags­satz inklusive Anspruch auf Krankengeld ab dem 43. Krank­heits­tag: 14,6 Prozent
  • Selbst­ständige ohne Anspruch auf Krankengeld zahlen den ermäßigten Beitrags­satz: 14,0 Prozent
  • Zusatz­beitrags­satz: unterschiedlich je nach Kasse, durch­schnitt­licher Zusatz­beitrag 1,7 Prozent
  • Pflege­versicherung für Versicherte, die ein Kind haben oder unter 23 Jahre alt sind: 3,4 Prozent
  • Pflege­versicherung für Versicherte mehreren Kindern: stufen­weise Ermäßigung, ab fünf Kindern bleibt der Beitrag bei 2,4 Prozent.
  • Pflege­versicherung für Kinder­lose ab 23 Jahren: 4,0 Prozent

Ein kinder­loser haupt­beruflich selbst­ständiger Versicherter mit Anspruch auf Krankengeld zahlt bei einer Kasse mit durch­schnitt­lichem Zusatz­beitrag also insgesamt 20,3 Prozent seiner Einkünfte für Kranken- und Pflege­versicherung – allerdings werden Einkünfte nur bis zur Beitrags­bemessungs­grenze (siehe unten) berück­sichtigt.

Beitrags­pflichtiges Einkommen

Haupt­beruflich Selbst­ständige haben in der gesetzlichen Kranken­versicherung den Status freiwil­lig versichert, sie müssen deshalb auf jegliche Art von Einkommen Beiträge zahlen, das für den laufenden Lebens­unterhalt zur Verfügung steht.

Dazu gehören neben dem steuerrecht­lichen Gewinn aus der selbst­ständigen Tätig­keit auch andere Einkünfte, etwa aus Vermietung und Verpachtung, Zinsen oder Dividenden, Unter­halts­zahlungen vom getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartner, gesetzliche Rente, Betriebs­renten oder Direkt­versicherungen. Unter Umständen zählt sogar das Einkommen eines nicht gesetzlich versicherten Ehe- oder Lebens­part­ners mit.

So hoch ist der Höchst­beitrag für Selbst­ständige

Die Kranken­versicherung berück­sichtigt Einkünfte aber nur bis zur Beitrags­bemessungs­grenze, die aktuell bei 62 100 Euro im Jahr liegt, das entspricht 5 175 Euro monatlich (Werte für 2024).

Für eine Krankenkasse mit durch­schnitt­lichem Zusatz­beitrag zahlt ein kinder­loser Selbst­ständiger mit Anspruch auf Krankengeld monatlich maximal rund 843 Euro für die Kranken­versicherung plus rund 207 Euro für die Pflege­versicherung. Zusammen liegt der Höchst­beitrag also bei rund 1 050 Euro im Monat (20,3 Prozent von 5 175 Euro).

Einkünfte mit dem Steuer­bescheid nach­weisen

Einkünfte aus selbst­ständiger Tätig­keit und Vermietung oder Verpachtung weisen Versicherte mit ihrem Einkommensteuer­bescheid nach. Bestimmte Betriebs­ausgaben oder Werbungs­kosten behandelt die Krankenkasse ebenso wie das Finanz­amt: Diese Kosten mindern die Einkünfte.

Tipp: Haben Sie noch keinen Einkommensteuer­bescheid, weil Sie sich gerade erst selbst­ständig gemacht haben, können Sie Ihr Einkommen aus der selbst­ständigen Tätig­keit auch schätzen.

Wer anfangs zu viel zahlt, kann Geld zurück­verlangen

Ein Vorteil für Selbst­ständige: Legt jemand keine Einkommens­nach­weise vor, zum Beispiel, weil es noch keinen Steuer­bescheid gibt, gilt vorläufig das mit dem letzten Steuer­bescheid nachgewiesene Einkommen als Grund­lage für die Beiträge weiter.

Inner­halb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalender­jahres müssen Selbst­ständige dann den Einkommensteuer­bescheid bei der Kasse einreichen, zum Beispiel bis Ende 2024 den Bescheid für 2021. Dann setzt die Kasse den Beitrag rück­wirkend nach dem tatsäch­lich erzielten Einkommen fest. Je nachdem gibt es dann eine Rück­zahlung oder Versicherte müssen selbst Geld nach­zahlen.

Wer es versäumt, den Steuer­bescheid inner­halb von drei Jahren vorzulegen, muss für das betreffende Jahr rück­wirkend den Höchst­beitrag von 1 050,52 Euro (2024) für Kranken- und Pflege­versicherung berappen – es sei denn, er oder sie reicht inner­halb von 12 Monaten doch noch den Steuer­bescheid nach.

Bei Höchst­beitrag kein Einkommens­nach­weis nötig

Selbst­ständige, deren Einkommen bei mindestens 62 100 Euro im Jahr liegt (Wert für 2024), brauchen keinen Einkommens­nach­weis bei der Kranken­versicherung einzureichen. Sie zahlen ohnehin den Höchst­beitrag.

Tipp: Viele weitere Informationen zu Beiträgen und Leistungen der GKV finden Sie in unserem Special Gesetzliche Krankenversicherung.

Mindest­beitrag für gering verdienende Selbst­ständige

Gesetzliche Kranken­versicherung - Wie viel Beitrag Selbst­ständige zahlen müssen

Selbst­ständige Reiseleiter. Sie verdienen oft sehr wenig. Für sie und andere Selbst­ständige mit kleinem Einkommen gilt ein reduzierter Mindest­beitrag zur Kranken- und Pflegekasse. © mauritius images / imageBROKER / Stefan Kiefer

Selbst­ständige mit geringen Einkünften mussten früher unver­hält­nismäßig hohe Krankenkassenbeiträge zahlen. Das ist nun vorbei: Für rund 240 Euro im Monat gibt es die Kranken- und Pflege­versicherung.

Früher hohe Beiträge für gering verdienende Selbst­ständige

Gering verdienende Selbst­ständige mussten zuvor mehr als 400 Euro im Monat für Kranken- und Pflege­versicherung aufbringen. Ausnahmen galten lediglich für Existenz­gründer und im Rahmen einer Härtefall­regelung. Anders als bei Angestellten im Nied­riglohn­sektor richtet sich der Beitrag bei Selbst­ständigen nicht immer nach dem Einkommen. Die Kassen setzen bei ihnen ein fiktives Mindest­einkommen an, unabhängig davon, wie wenig sie tatsäch­lich verdienen. Von diesem Betrag, der jähr­lich neu fest­gelegt wird, errechnen sich dann die Beiträge.

Entlastung durch nied­rigeren Mindest­beitrag

Jetzt gilt für Selbst­ständige ein fiktives Mindest­einkommen von 1 178,33 Euro im Monat. Selbst­ständige, deren regel­mäßige monatliche Einkünfte diesen Betrag nicht über­steigen, zahlen für Kranken- und Pflege­versicherung rund 239 Euro Beitrag im Monat. Der Beitrag verringert sich allerdings auch nicht weiter, wenn jemand zum Beispiel nur 800 Euro im Monat verdient.

Etwas güns­tiger wird es, wenn eine Kasse weniger als den durch­schnitt­lichen Zusatz­beitrags­satz von derzeit 1,7 Prozent verlangt. Sind die Einkünfte auch noch so gering: Ist jemand haupt­beruflich selbst­ständig, kommt eine beitrags­freie Familien­versicherung beim Ehepartner nicht infrage.

Tipp: Nutzen Sie unseren umfassenden und ständig aktuellen Krankenkassen-Vergleich!

Vorsorgen für krank­heits­bedingten Verdienst­ausfall

Der Mindest­beitrag von 239 Euro (Wert für 2024) sichert Selbst­ständigen mit geringem Einkommen den kompletten Versicherungs­schutz von Kranken- und Pflege­versicherung einschließ­lich eines Krankengelds ab dem 43. Tag der Arbeits­unfähigkeit. Auf das gesetzliche Krankengeld zu verzichten, um nur den ermäßigten statt des allgemeinen Beitrags­satzes zu zahlen, lohnt sich für Selbst­ständige mit kleinem Einkommen nicht. Die Versicherung einschließ­lich des Krankengeldes kostet sie nur 7 Euro im Monat mehr.

Wer schon ab dem 15., 22. oder 29. Krank­heits­tag einen Ersatz für fehlende Einkünfte braucht, kann dafür einen speziellen Wahl­tarif bei seiner Kasse abschließen.

Tipps: Krankengeld-Zusatz­angebote der Kassen für Selbst­ständige zeigt unser Vergleich Wahltarife Krankengeld. Preise und Leistungen unterscheiden sich enorm! Gesetzlich Versicherte können auch mit einer privaten Kranken­tagegeld-Police ergänzend oder alternativ zum Krankengeld der Kasse vorsorgen. Hier geht es zum Vergleich Krankentagegeld für gesetzlich Versicherte.

Wenn schon vor der Krankheit kein Verdienst mehr da war

Achtung: Wer schon vor der Erkrankung nichts verdient, hat keinen Anspruch auf Krankengeld. In einem aktuellen Fall ging ein selbst­ständiger Veranstaltungs­manager leer aus. Pandemiebe­dingt hatte er keine Einnahmen. Dann wurde er krank. Dafür hatte er einen Wahl­tarif abge­schlossen und mit Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeits­unfähigkeit versichert. Die Krankenkasse verweigerte die Zahlung der beantragten rund 107 Euro pro Tag für etwa zwei Wochen. Ihr Argument: Trotz Corona-Beihilfen hatte der Mann ein negatives Betriebs­ergebnis erzielt. Es liege also gar kein Arbeits­einkommen vor, nach dem ein Entgelt­ausfall berechnet werden könne (Sozialge­richt Berlin, Az. S 56 KR 1969/20).

Wenn es Zahlungs­probleme gibt

Rund 9,65 Milliarden Euro Beitrags­schulden notierten die gesetz­lichen Krankenkassen Mitte 2023. Und zwar von den sogenannten Selbst­zahlern, also den Mitgliedern, die ihren Beitrag komplett selbst zahlen – ­ohne Unterstüt­zung eines Arbeit­gebers. Die meisten sind Selbst­ständige, so der Spitzen­ver­band der gesetzlichen Kranken­versiche­rung. Ihre finanzielle Instabilität hat sich in der Pandemie weiter verschärft.

Mindest­beitrag gesenkt

Ein Teil der Schulden sind jedoch deutlich älter und haben nichts mit der Pandemie zu tun. Weil der bis 2018 geltende Mindest­beitrag von rund 420 Euro für Kranken- und Pflege­versicherung viele Klein­unternehme­rinnen und Klein­unternehmer finanziell über­forderte, wurde er auf rund 220 Euro gesenkt (FAQ: Kein Geld für die Krankenkasse – was tun?).

Bei Zahlungs­schwierig­keiten mit der Kasse sprechen

Ob als Freiberufler, Solo-Selbst­ständige oder als kleine Firma mit einigen Angestellten: Schwankende Einkünfte gehören für fast alle zum Alltag. Manchmal bricht die Auftrags­lage sogar komplett ein. Wer dann nur geringe Rück­lagen hat, kann in Zahlungs­schwierig­keiten geraten. Was viele nicht wissen: Auch mit der gesetzlichen Kranken­versicherung können Selbst­ständige – wie mit anderen Gläubigern – über einen Zahlungs­aufschub verhandeln.

Beiträge für die GKV nicht einfach aussetzen

Selbst­ständige und Freiberufler sollten nicht einfach weniger oder nichts mehr zahlen, in der Hoff­nung, später nach­zahlen zu können. Wichtig ist, früh­zeitig Kontakt mit der Kranken­versicherung aufzunehmen und die Situation zu schildern. Gesetzliche Krankenkassen haben verschiedene Möglich­keiten, wie sie mit Beitrags­schulden umgehen können (FAQ: Kein Geld für die Krankenkasse – was tun?).

Hohe Nach­forderungen vermeiden

Steuer­bescheid verspätet vorgelegt

Hohe Nach­zahlungs­forderungen von Krankenkassen können Selbst­ständige in den finanziellen Ruin treiben. Vor allem Klein­selbst­ständige mit geringen Einkünften sind betroffen, wenn sie ihrer Krankenkasse den Einkommens­steuer­bescheid nicht recht­zeitig vorgelegt haben. Der Bescheid für 2020 hätte vor dem 1. Januar 2024 bei der Kasse sein müssen. Auch nur wenige Tage Verspätung führen dazu, dass die Krankenkasse von den Betroffenen rück­wirkend den Höchst­beitrag nach­fordern kann. Hierbei wird fiktiv ein Einkommen in Höhe der Beitrags­bemessungs­grenze des betreffenden Jahres angenommen.

Zweite Chance auf korrigierten Beitrag

Für das Jahr 2020 müssten freiwil­lig versicherte Selbst­ständige den Höchst­beitrag von rund 840 Euro monatlich für Kranken- und Pflege­versicherung zahlen. „Das bedeutete für Betroffene Nach­zahlungen bis zu 8 000 Euro. Für viele Klein­selbst­ständige war das existenz­bedrohend“, so Julika Unger, juristische Fachberaterin bei der Verbraucherzentrale Rhein­land-Pfalz.

Sie bekommen jetzt die Chance, das nach­träglich richtig­zustellen. Sie brauchen dann nur die Beiträge für ihr tatsäch­liches Einkommen zu bezahlen. Auch wenn die Krankenkasse den Beitrag bereits rück­wirkend auf den Höchst­beitrag fest­gesetzt hat und schon Zahlungen geflossen sind, muss das künftig korrigiert werden. Voraus­setzung ist: Das Kassen­mitglied muss den Steuer­bescheid inner­halb von 12 Monaten, nachdem die Beiträge auf den Höchst­beitrag fest­gesetzt wurden, bei der Kasse nach­reichen.

Schnell handeln und Einkünfte nach­weisen

Verbraucherzentralen berichten: Am schlimmsten betroffen von hohen Beitrags­forderungen sind sogenannte Solo-Selbst­ständige wie Fußpfle­gerinnen, Friseu­rinnen oder Kiosk­besitzer, die nur sehr geringe Einkünfte erzielt haben und daher häufig nur den gesetzlich fest­gelegten Mindest­beitrag von rund 200 Euro zahlten.

Die Folgen sind massiv: Wer es versäumt hat, recht­zeitig den Steuer­bescheid vorzulegen, soll auf einen Schlag die Differenz zum Höchst­beitrag für ein ganzes Jahr leisten.

Wenn das passiert, heißt es schnell zu handeln, um den finanziellen Ruin abzu­wenden.

So vermeiden Sie Nach­forderungen

Vorbeugen. Legen Sie bis spätestens Ende dieses Jahres (vor dem 1. Januar 2025) den Einkommens­steuer­bescheid für das Jahr 2021 bei der Kasse vor.

Korrigieren. Haben Sie die Frist für den Steuer­bescheid von 2020 verpasst, reichen Sie den Bescheid schnellst­möglich nach. So weisen Sie Ihre geringen Einkünfte aus dem Pandemie­jahr 2020 nach.

Aufklären. Konnten Sie den Bescheid gar nicht recht­zeitig vorlegen, weil die Finanzbehörde den Steuer­bescheid nicht recht­zeitig ausgestellt hat, melden Sie sich bei Ihrer Kasse. Dann verlängern die Kassen die Frist nach Prüfung des Einzel­falls.

Nicht zu zahlen ist gefähr­lich

Durch Wegsehen und Nicht-Zahlen können Selbst­ständige das Problem zu hoch fest­gesetzter Beiträge nicht aus der Welt schaffen. Sie müssen schnell handeln, sonst verschlimmert sich ihre Lage.

  • Krankenkassen sind nicht verpflichtet, eine Ratenzahlung zu akzeptieren. Manche lehnen dies komplett ab, andere lassen sich nicht auf kleine Raten von 100 Euro im Monat oder weniger ein.
  • Akzeptiert die Krankenkasse keine Ratenzahlung, dann „ruht“ der Leistungs­anspruch der betroffenen Versicherten so lange, bis die Schulden komplett zurück­gezahlt sind. Die Betroffenen haben dann nur noch Anspruch auf eine medizi­nische Notversorgung und können nicht „normal“ mit der Versichertenkarte zu ihren Ärztinnen und Ärzten gehen. Sie müssen mitteilen, dass sie wegen Beitrags­schulden nur Anspruch auf eine Akut­versorgung haben.
  • Zu den Beitrags­schulden kommen permanent die Säum­niszuschläge hinzu. Sie sind extrem hoch: 1 Prozent pro Monat, also 12 Prozent im Jahr. Für einen Beitrags­rück­stand in Höhe von 8 000 Euro fallen 960 Euro Säum­niszuschlag pro Jahr an, die den Schulden­berg weiter erhöhen.

Aus diesem Grund ist es wichtig, sofort Rat zu suchen, wenn hohe Beitrags­nach­forderungen der Kasse ins Haus flattern. Mit dem neuen Gesetz lässt sich der Weg in die Schulden vermeiden.

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6 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Tom_Chem am 09.07.2021 um 00:52 Uhr
    Beitragsbemessungsgrenze steigt und steigt

    Seit Jahren beobachte ich das jetzt schon. Ich habe mich mit 39 Jahren freiberuflich selbständig gemacht und bin mit 170 Euro Mindestbeitrag bei der KV eingestiegen. 2020 habe ich schon 195 Euro bezahlt. Das ist eine Erhöhung von 14,7 Prozent.....Eine Unverschämtheit.....eine Mindestbemessung ist ja in Ordnung, aber dass diese an den Mindestlohn gekoppelt ist, verrät niemand. Der Mindestlohn steigt und steigt und somit auch dieses fiktive Einkommen.
    Mittlerweile sind wir bei 210 Euro angekommen. Jeder der unter diesen 1096,67 Euro verdient, zahlt somit immer mehr....So zieht Papa Staat auch den Armen noch mehr das Geld aus der Tasche, damit diese bald nicht mehr selbständig ihren Lebensunterhalt bestreiten können und indirekt zu einer nichtselbständigen Arbeit gezwungen werden. Für diesen Mechanismus gibt es ein Wort: Sklaverei..
    Das Paradoxe an der ganzen Sache ist, das wenn man einen Job mit nur 500 Euro Brutto hat, nur etwa 90 Euro bezahlt , also die Hälfte davon nämlich nur 45.

  • Ramses2005 am 25.01.2019 um 19:30 Uhr
    Anrechnung des Partnereinkommens,

    Ich bin selbstständig, wobei mein Geschäft noch Verluste schreibt. Eigentlich müsste ich die Beitragsbemessungsgrenze 1038,33 nun bin ich verheiratet und der Hammer ist, das für meine neue Berechnung das Einkommen meines Mannes dazugerechnet wird und schon muß ich den höheren Beitrag von 417 Euro (Pflegeversicherung ist schon enthalten ;-) )
    bezahlen.
    Also keine Einsparung für meine Selbsständigkeit.
    Das nenne ich mal Augenwischerei.
    Die neuen Berechnungen gelten also für Selbständige ohne verdienende Partner !

  • sepplmoos am 09.01.2019 um 11:32 Uhr
    Der Neid der angestellt Beschäftigten

    Mit Verlaub siriustag21, so kann nur jemand sprechen, der keine Ahnung von den Zwängen eines Selbständigen hat. Während Angestllte Arbeitstage von max. 8h hben ist der bei Selbständigen in der Regel mindestens 12 h, meist aber mehr (14 -16h, zusätzlich den von Paule-Berlin genannten Zuständen). Bezahlung erfolg ausschließlich für abgegebene Leistung, nicht für Kundenakquise, Vertrieb, Marketing, Kundenservice, Wartung eigener Systeme, Steuer, Rechnungsstellung, etc. Angestellte haben dafür ihre Kolle/inn/en. Neidisch, dass ein Selbständiger sein Arbeitszimmer absetzen kann oder ein tolles Auto fährt? Das tolle Auto hat nicht jeder Selbständige, nur jene, die es sich tatsächlich erabeitet haben oder überheblich sind. Ein Selbständiger ist nicht versichert gegen Anstellungslosigkeit - keine Aufträge, kein Umsatz/Gewinn, heißt: nichts zum Leben (Whg, Auto, Nahrung), davon aber trotzdem zu allererst Krankenkasse und Steuer zahlen. Steuer bekommst du zurück, KK nicht. Erst mal selbst machen

  • andreas_h63 am 19.11.2018 um 18:30 Uhr
    Beiträge werden nicht pauschal erhoben

    Diie KV-Beiträge für Selbstständige werden nicht pauschal erhoben. Das war wohl ein Missverständnis. Natürlich zahlen auch Selbstständige ihre Beiträge in Abhängigkeit von ihrem Gewinn. In dem Beitrag geht es um die Senkung des "fiktiven Mindesteinkommens". Jeder Selbstständige, der ab Januar 1 038,33 Euro oder weniger Gewinn pro Monat hat, bezahlt seine Beiräge nach diesem fiktiven Einkommen, also auch jemand, der nur 500 Euro Gewinn hat. Bisher lag das "fiktive Mindesteinkommen" bei mehr als 2000 Euro. Man ging davon aus, dass jeder Selbstständige mindestens dieses Einkommen zur Verfügung hat. Wenn es in der Realität weniger war, hatte man Pech gehabt; die KV-Beiträge berechneten sich trotzdem nach diesem Einkommen. Viele kleine Selbstständige mussten daher einen großen Teil ihres Einkommens nur für die Krankenversicherung berappen. Die Beiträge für Selbstständige, die mehr als das "fiktive Mindesteinkommen" verdienen, berechnen sich nach wie vor nach dem tatsächlichen Gewinn.

  • andreas_h63 am 19.11.2018 um 18:25 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.