![Geldanlage mit ETF - Viel zu wissen hilft nicht unbedingt viel](https://cdn.statically.io/img/cdn.test.de/file/image/d2/50/ef0a380c-fe06-4c82-83c5-8f540cd98782-web/6084566_geldanlage-etf-a2401.jpg)
In welche Richtung gehen die Kurse? Anlegerinnen und Anleger, die sich gerne und viel mit Wirtschafts- und Börsennachrichten beschäftigen, legen trotz ihres umfangreichen Wissens nicht unbedingt besser an als andere. © Getty Images / Jorg Greuel
Wer sich an der Börse auskennt, will das beim Geldanlegen gern umsetzen – in der Hoffnung auf höhere Renditen. Wissen ist zwar nützlich, doch gute Streuung ist am besten.
„Wie lege ich mein Geld am besten an?“ Auf dem Weg zur Antwort auf diese Frage kann man sich leicht verlaufen, die falschen Leute nach dem Weg fragen oder die falschen Schlüsse aus den eigenen Beobachtungen ziehen.
In einer Rubrik zum Thema Missverständnisse bei der Geldanlage wollen wir in loser Folge auf solche Missverständnisse eingehen. Hier Teil 3: Viel zu wissen hilft nicht unbedingt viel. Teil 2 war: Anlegen auf Sicht kostet Rendite. Teil 1 war: MSCI World ETF – nur was für Einsteiger?
Wenn viel Wissen nicht viel hilft
Zeitungen, Finanznewsletter und Magazine, Finfluencer und Podcaster: Die Medien sind voll mit Analysen von Geschäftsmodellen, Absatzmärkten, Dividendenschätzungen, Gewinnrechnungen, Cash Flows, Umsatzprognosen, ausgefeilten Kennzahlen und nicht zuletzt Meinungen von Aktienanalysten mit den neuesten Aktientipps.
Folgende Schlagzeilen kommen Ihnen vielleicht bekannt vor: „Die 6 Aktien, die Sie 2024 brauchen“, „Starmanager nennt seine aktuellen Favoriten“, „5 Aktien, die vom neuen Trend besonders profitieren werden“.
Einige Leser denken sich dann: „Wenn ich da wirklich tief eintauche, dann weiß ich mehr als der Durchschnitt und kann meine Geldanlage selbst in die Hand nehmen – und zwar erfolgreich!“. Andere sind eher abgeschreckt: „Uh, das ist mir zu viel, zu kompliziert, zu zeitraubend. Ich will mich damit nicht beschäftigen. Ich überlasse die Geldanlage lieber Fondsmanagern, die sich damit auskennen und die sich Unternehmen und Wirtschaftszahlen jeden Tag und in Echtzeit anschauen.“
Doch ganz so einfach ist es nicht. Fondsmanager sind zwar Fachleute und können Laien die Zusammenstellung eines Aktienkorbes abnehmen, aber besser als der Markt sind sie meist nicht. Mit Markt ist zum Beispiel ein Index wie der MSCI World gemeint, den man in Form eines ETF kaufen kann. Tief einzutauchen hilft auch nicht unbedingt. Im Gegenteil: Auch Leute, die Geldanlage als Hobby betreiben und viel Zeit reinstecken, schaffen es nur selten, den Markt zu schlagen – und langfristig wird es noch unwahrscheinlicher. Das zeigen Studien von Anlegerdepots. Ein Grund dafür ist auch, dass Handelskosten die Rendite schmälern.
Die Kontroll-Illusion
Die Psychologie beschreibt einen weiteren Effekt, der mit viel Wissen einhergeht: den der Kontroll-Illusion. Anleger mit vielen Detailkenntnissen glauben leichter, durch ihr Wissen Entwicklungen kontrollieren zu können – oder bei Finanzmärkten: voraussagen zu können. Doch das ist ein Irrtum.
Wohlgemerkt: Wissen ist natürlich hilfreich, wenn es um die Geldanlage geht. Was ist ein Fonds, welche Wertpapiere gibt es, wie muss meine Geldanlage aufgestellt sein, welche Risiken gehen mit welcher Anlage einher – solche Grundkenntnisse erleichtern das Finanzleben ungemein. Uns geht es hier jedoch um Detailwissen über Unternehmen, zur Aktienanalyse, verschiedenen Kennzahlen und Märkten.
Das Problem, Informationen in Mehrgewinn umzumünzen
In den 1950er Jahren führte Harry Markowitz die Moderne Portfoliotheorie ein, welche auch heute noch den Rahmen für die moderne Kapitalmarktforschung darstellt. Mithilfe seiner Annahmen konnten ziemlich einfache Schlussfolgerungen für eine sinnvolle Geldanlage entwickelt werden. Eine dieser Annahmen war, dass es im Finanzmarkt keine exklusiven Informationen gibt und sich alle Marktteilnehmer die gleichen Informationen teilen. Oder anders ausgedrückt: Es gibt keine Marktteilnehmer mit Insiderinformationen. Das stimmt natürlich nicht in der Praxis, aber da das Handeln aufgrund von Insiderinformationen in den meisten Ländern strafbar ist, kann die Annahme in der Tat als halbwegs gültig betrachtet werden.
Wenn sich ein Aktienpreis aufgrund aller öffentlichen Informationen im Tauziehen von Angebot und Nachfrage bildet, dann nennt man das auch einen „Marktpreis“ – das ist der Preis, den der Markt im Schnitt bereit ist, für die Aktie zu zahlen.
Wer Teil 1 MSCI World ETF – nur was für Einsteiger? gelesen hat, wird sich erinnern: Sogar professionelle Fondsmanager tun sich schwer damit, nicht nur auf Informationen zu reagieren, also quasi hinterherzulaufen, sondern sie besser als der Markt zu antizipieren. Kein Wunder: Das entspricht ja dem Blick in die Glaskugel. Wenn sogar Profis oft daran scheitern, Informationen in einen Mehrgewinn umzumünzen, dann stellt sich für private Investoren erst recht die Frage: Wozu das ganze Analysieren, Datensammeln und Wälzen von Geschäftsberichten?
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Ein solider Kern und dazu individuelle Beimischungen
Natürlich bleibt es Anlegern mit Spaß an der Börse unbenommen, sich trotzdem mit Einzelaktien und Trends zu beschäftigen und hier und da anzulegen. Die Autoren dieser Zeilen können das sogar gut nachvollziehen. Da man zwecks guter und wichtiger Streuung jedoch häufig mehr Aktien kaufen müsste, als man sich leisten kann, empfiehlt es sich, einen Kernbaustein mit einem breit streuenden Welt-ETF zu nutzen und nur mit 30 Prozent der gesamten Aktienanlage seinem Spieltrieb zu folgen. Hier kann man dann Einzelaktien kaufen sowie in Themen- oder Branchenfonds investieren. Man sollte aber immer bedenken: Auch wer neueste Zahlen und Trends beim Anlegen berücksichtigt, nutzt trotzdem nur Informationen, die längst im Markt, sprich eingepreist, sind.
Wen Börse nicht interessiert, der kann getrost darauf verzichten. Für ihn reicht ein ETF auf den MSCI World Index. Auch das ist eine Lehre aus der Kapitalmarkt- und Portfoliotheorie: Man sollte streuen und anlegen wie der „breite Markt“ – weshalb ein weltweit anlegender Indexfonds die erste Anlaufstelle ist.
Fazit: Wissen hilft – ständiges am Ball bleiben nicht unbedingt
Für private Anlegerinnen und Anleger ergibt sich eine klare Erkenntnis: Sie benötigen für erfolgreiche Investitionen im Aktienmarkt kein Detailwissen zu einzelnen Firmen und Märkten! Vieles, was dazu tagein tagaus publiziert wird, ist nichts als Rauschen in der Welt der Informationen. Klingt gewagt? Analysen und Untersuchungen der letzten Jahre haben es immer wieder gezeigt.
Das heißt natürlich nicht, dass jegliches Finanzwissen überflüssig ist. Im Gegenteil: Über ein gewisses Grundwissen zu verfügen, ist essenziell für eine gute Geldanlage. Aber es sind nicht die Tagesmeldungen, die einem weiterhelfen.
Tipp: Wenn Sie sich für die Geldanlage mit ETF interessieren und nicht wissen, wie Sie dabei vorgehen sollen, hilft Ihnen unser ETF Spezial.
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@Tom422: Wir sind etwas zurückhaltender, was die Bewertung von Faktoren anbelangt. Begriffe wie "Beweis" passen nicht zu den Kapitalmärkten. Man sollte Faktoren nicht für
"Naturgesetze" der Kapitalmärkte halten. Dazu sind die Untersuchungsergebnisse zu Faktoren viel zu uneinheitlich. Die funktionieren nicht zu jeder Zeit und nicht in jedem Land und strukturelle Veränderungen der Kapitalmärkte können nicht ausgeschlossen werden. Zu Faktoren finden Leser hier mehr:
www.test.de/Faktor-ETF-6-Anlagestrategien-die-Sie-kennen-sollten-5880721-0
Zum Gerd Kommer ETF hier:
www.test.de/LG-Gerd-Kommer-Multifactor-Equity-ETF-Breite-Streuung-und-etwas-Weihrauch-6029520-0
yalgoo: Mit dem Satz "Eine stärkere Diversifizierung kostet im Zweifel Rendite." meinen Sie das Richtige, aber vielleicht darf ich präzisieren. Hohe Renditechancen gehen mit hohem Risiko einher. Das Risiko lässt sich durch Diversifizierung senken. Wichtig: Während durch Diversifizierung die Portfolio-Rendite dem (gewichteten) Mittel der einzelnen Portfoliobestandteile entspricht, ist das Risiko des Portfolios niedriger als das Mittel des Risikos aller Bestandteile! Kurz: Durch Diversifizierung senkt man das Risiko mehr als die Rendite! Deshalb ist Diversifizierung so wichtig für eine gute Geldanlage. Wegbereiter für diese Erkenntnis war Markowitz, der Vater der modernen Portfolio- und Kapitalmarkttheorie.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Es gibt mittlerweile deutlich bessere Welt-ETF als den MSCI World. Den Gerd Kommer ETF (WKN: WELT0A oder WELT0B) zum Beispiel. Dieser ist mit einer TER von 0,5% p.a. etwas teurer als ein ETF auf den MSCI World, löst jedoch viele Probleme von rein marktkapitalisierenden ETFs: Weniger Klumpenrisiko (heute: US+Tech), Small-Caps, Emerging-Markets, zahlreiche wissenschaftlich nachgewiesene Faktor-Prämien, keine IPOs usw. Kurzfristig kann der MSCI World diesen ETF outperformen. Langfristig ist eine Outperformance sehr unwahrscheinlich. Mindestens hat man mit dem ETF eine ähnliche Performance, jedoch ein niedrigeres black-swan-risk durch eine breitere Streuung. Man darf sich von dem Erfolg der USA in den letzten Jahren nicht täuschen lassen. Das ist hindsight bias und war schon immer gefährlich.
Es gibt nur eine Bank in Deutschland, die sich nur von den Kunden bezahlen lässt und Kickbacks der Anbieter an den Kunden ausschüttet. Diese Bank stellt gemäß des Risikoprofils des Kunden genau solche "passiven" Depots zusammen. Diese Depots sind breiter gestreut als nur MSCI World oder MSCI All Country World. Ich bin selbst seit über 10 Jahren Kunde und zufrieden mit dem Ergebnis. Einfach mal nach Quirin oder Quirion suchen.