Flug­verspätungs­versicherung Flyneo Lohnt sich eine Versicherung für Flug­ärger?

0
Flug­verspätungs­versicherung Flyneo - Lohnt sich eine Versicherung für Flug­ärger?

Flyneo ist ein neuer Versicherungs­schutz für Flug­gäste. Bei Flug­ärger wegen Annullierung, Über­buchung oder erheblicher Ankunfts­verspätung bekommen Flyneo-Kunden vom Versicherer BD24 Berlin Direkt bis zu 600 Euro ausgezahlt. Der Versicherungs­schutz kostet bis zu 20 Euro pro Flug­strecke. test.de erklärt das Angebot und sagt, was davon zu halten ist.

Die Flug­verspätungs-Police Flyneo gibt es in drei Varianten

Über die Internetseite Getneo.de können Flugreisende die Flyneo-Police abschließen. Im Versicherungs­fall erhalten sie Geld von der Versicherungs­gesell­schaft BD24 Berlin Direkt Versicherung. Es gibt drei Versicherungs­varianten.

Flyneo180. Bei Annullierungen, die weniger als 14 Tage vor Abflug angekündigt werden, bei Nicht­beför­derung wegen Über­buchung und bei einer Ankunfts­verspätung von drei Stunden oder mehr erhalten versicherte Flug­gäste je nach Flug­strecke 250 Euro (Kurz­strecke), 400 Euro (Mittel­strecke) oder 600 Euro (Lang­strecke). Als Kurz­strecke gilt eine Entfernung von bis zu 1 500 Kilo­metern zwischen Start- und Ziel­flughafen. Als Mittel­strecke gelten Flug­stre­cken zwischen 1 501 und 3 500 Kilo­metern. Ab einer Entfernung von mehr als 3 500 Kilo­metern spricht man von einer Lang­strecke.

Flyneo180+. Die Versicherungs­variante Flyneo180+ enthält den Versicherungs­schutz von Flyneo180 und zahlt außerdem bereits Geld aus, wenn die Ankunfts­verspätung zwischen 60 und 179 Minuten liegt. Dann erhält der Flug­gast unabhängig von der Flug­entfernung pauschal 100 Euro. Über Flyneo 180 und Flyneo180+ können Passagiere nur solche Flüge versichern, die in der EU starten oder in der EU landen und von einer EU-Air­line durch­geführt werden.

Flyneo60. Den Versicherungs­schutz Flyneo können Kunden für Flüge abschließen, bei denen sowohl Start- als auch Ziel­flughafen im EU-Ausland liegen. Wird ein solcher Flug annulliert oder kommt er am Ziel mit mindestens 60 Minuten Verspätung an, erhält der Kunde 100 Euro pauschal.

Pro Strecke werden bis zu 20 Euro pro Nase fällig

Der Flyneo-Versicherungs­schutz gilt immer nur für eine Strecke und pro Person. Das heißt: Wer für Hin- und Rück­flug versichert sein möchte, muss zwei Versicherungen abschließen. Und wer die ganze ihn begleitende Familie absichern will, muss für jede Person einzeln bezahlen. test.de hat auf Getneo.de ein paar Flüge zur Preis­er­mitt­lung einge­geben. Der Preis für eine Police lag bei unserer Stich­probe, je nach Variante, meist zwischen 6 und 20 Euro. Der Versicherungs­beitrag ist nicht abhängig vom Ticket­preis, da auch die Versicherungs­leistungen unabhängig vom Ticket­preis sind.

Flyneo180. Der Flyneo180-Schutz für den Luft­hansa-Flug von Frank­furt am Main nach Palma/Mallorca am 9. November 2019 (Flug­nummer LH1152) kostet 7 Euro (für Flyneo180+ fällt ein Aufschlag von 11 Euro an). Für den Luft­hansa-Flug LH456 von Frank­furt nach Los Angeles am 31. Oktober 2019 sind 16 Euro fällig, der Aufschlag für Flyneo180+ beträgt 4 Euro. Der Flyneo180-Schutz für den Rynair-Flug FR1142 am 27. Oktober von Berlin-Schöne­feld nach Lissabon kostet 9 Euro zuzüglich 11 Euro, wenn der Kunde für diesen Flug die Option Flyneo180+ wählt.

Flyneo60. Der Versicherungs­schutz Flyneo60 für den Flug von Moskau nach Oslo mit Air Baltic (Flug­nummer BT427) am 8. November kostet 6,27 Euro. Für den Flug mit Qatar Airways von Hong­kong nach Instanbul am 14. November 2019 (Flug­nummer QR815) kostet die Flyneo60-Variante 20,90 Euro.

Flüge mit Condor derzeit nicht versicher­bar

Nicht alle Flüge sind über Getneo.de versicher­bar. Wegen der aktuell unsicheren Zukunft der Air­line werden etwa Condor-Flüge derzeit nicht versichert, erklärt Mirko Kühne, Vorstand der BD24 Berlin Direkt Versicherung auf Anfrage von test.de. Auch bei Easyjet sind nicht alle Flüge versicher­bar. Für inner­europäische Flüge verwendet Easyjet seit 2019 nicht mehr den IATA-Code „EZY“, sondern den ICAO-Code „EJU“. Zurzeit biete man Flyneo ausschließ­lich für Flüge mit IATA-Code an, so Kühne. Schließ­lich sieht das Klein­gedruckte von Flyneo eine zeitliche Einschränkung für den Versicherungs­abschluss vor: Versicher­bar sind Flüge nur bis 36 Stunden vor Abflug.

Versicherer verspricht auto­matisierte Auszahlung

Laut Getneo.de wird der Flug­gast auto­matisch per E-Mail benach­richtigt, wenn Flug­daten­banken wie flights­tats.com dem Versicherer anzeigen, dass ein Versicherungs­fall vorliegt. Bei den Versicherungs­varianten Flyneo 180+ und Flyneo60 soll die 100-Euro-Pauschale für Verspätungen zwischen 60 Minuten und 180 Minuten dann auto­matisiert an den Flug­gast über­wiesen werden, ohne dass eine Schadens­meldung vom Kunden erfolgen muss. Nur bei höheren Auszahlungen etwa wegen einer Annullierung oder Ankunfts­verspätung von drei oder mehr Stunden, müsse der Kunde ein Schadensformular ausfüllen, um die Versicherungs­leistung zu bekommen.

Brauchen Flug­gäste eine Flug­verspätungs­versicherung?

Ist der Abschluss der Flug­verspätungs­versicherung Flyneo nun empfehlens­wert oder nicht? Die Antwort auf die Frage hängt letzt­lich vom Passagier ab. Hier fassen wir zusammen, was für die Versicherung spricht – und was dagegen.

Pro: Flyneo bietet Flug­gästen mehr als ihnen von Gesetzes wegen bei Flug­ärger gegen­über der Air­line zusteht. Für eine einstündige Ankunfts­verspätung bekommen versicherte Passagier bei Flyneo180+ pauschal 100 Euro, nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung gibt es eine Entschädigung von der Air­line erst ab einer drei­stündigen Verspätung (siehe Fluggastrechte: Der Weg zur Entschädigung). In den Tarifen Flyneo180 und 180+ muss der Versicherer die Versicherungs­summe von bis zu 600 Euro auch dann zahlen, wenn ein „außergewöhnlicher Umstand“ vorliegt, die mehr als drei­stündige Verspätung also durch ein unerwartetes Ereignis (etwa Vogel­schlag oder Winter­einbruch) verursacht wurde. Nach der europäischen Flug­gast­rechte­ver­ordnung ist die Air­line in solchen Fällen nicht zur Zahlung verpflichtet.

Contra: Die Flug­verspätungs­versicherung ist keine wichtige Versicherung, da sie – anders als etwa eine Privathaftpflicht oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung – keine existenz­bedrohenden Risiken absichert. 100 Euro Versicherungs­summe etwa im Falle von Flyneo180+ für eine einstündige Verspätung zu kassieren, ist nett, aber zur Sicherung des Lebens­unter­halts nicht zwingend erforderlich. Zudem kommen laut Flightstats bei allen Air­lines die meisten Flüge pünkt­lich an.

Wichtig: Versicherte können nicht doppelt kassieren

Wer eine Flyneo-Police abschließt, hat, wenn ein Entschädigungs­fall nach der europäischen Flug­gast­rechte­ver­ordnung vorliegt, stets nur einmal Anspruch auf Geld – und zwar gegen­über dem Versicherer BD24. Mit der Auszahlung der Versicherungs­summe geht der gesetzlichen Anspruch des Passagiers auf BD24 über. Der Versicherer verkauft die Forderungen des Passagiers aber weiter an das Flug­gast­portal Euflight.de, der auch die Website Getneo.de betreibt, über die derzeit die Flyneo-Police vertrieben wird. Ob Euflight seine Forderung durch­setzen kann, muss den Flyneo-Kunden nicht interes­sieren. Er darf sein Geld in jedem Fall behalten.

Fazit: Flyneo ist nur etwas für Spielernaturen

Die Flyneo-Flug­verspätungs­versicherung ist ein typischer Fall von „Kann man machen, muss man aber nicht“. Es handelt sich letzt­lich um eine Wette gegen die Versicherung. Wer auf eine deutliche Verspätung spekuliert, kassiert im Versicherungs­fall ein nettes Extra-Sümm­chen. Spar­same Menschen sollten die Versicherung eher nicht abschließen. Denn auch ohne Versicherung bleibt ihnen ja in den meisten Fällen der Schutz der europäischen Flug­gast­rechte­ver­ordnung. Wie Flug­gäste ihre Rechte auch ohne die Hilfe kommerzieller Anbieter durch­setzen können, zeigt unser Special Fluggastrechte: Der Weg zur Entschädigung.

0

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.