Nach­haltige Fonds und ETF

So haben wir getestet

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Nach­haltige Fonds und ETF Ethisch und erfolg­reich anlegen freischalten

Im Test

Wir haben Aktienfonds Welt, Aktienfonds Schwellenländer, Aktienfonds Europa und Aktienfonds Deutsch­land getestet. Bildet ein Fonds einen Index ab, so kam er für den Test nur infrage, wenn er im Index enthaltene Aktien kauft, also physisch repliziert. Ausgeschlossen von der Prüfung der Nach­haltig­keit haben wir Fonds, die einen Index synthetisch replizieren. Hierbei werden andere Aktien als die im Index enthaltenen gekauft und die Wert­entwick­lung des Index mittels eines Swaps, also eines Tausch­geschäfts, sicher­gestellt.

Wir haben 934 Fonds aus den genannten Fonds­gruppen als potenziell nach­haltig identifiziert. Entweder die Anbieter haben selbst ­angegeben, es handle sich um einen nach­haltigen Fonds, oder sie haben den Fonds nach Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungs­ver­ordnung einge­stuft. Die Fonds haben wir einem Vorab-Scree­ning unterzogen.

Das Vorab-Scree­ning

Zunächst werfen wir mithilfe des Prüf­instituts The Value Group und der Daten von MSCI einen Blick in die Fonds. Wenn sie in Unternehmen investieren, die fossile Reserven besitzen oder die mit kontroversen Waffen oder Tabak in Verbindung stehen, erhalten sie nur einen Punkt und werden nicht weiter untersucht. Wir tolerieren 5 Prozent Anteil an Unternehmen mit fossilen Energiere­serven, 10 Prozent mit Tabak und 0 Prozent mit kontroversen Waffen. Die Null-Prozent-Schwelle gilt ebenfalls, wenn die Fonds in Firmen investieren, die gegen die UN Global Compact Prinzipien verstoßen. Auch dann gibt es nur einen Punkt. Die Vereinten Nationen (UN) formulieren zehn Grund­sätze für eine verantwortungs­volle Unter­nehmens­führung. Unter anderem sollen die unterzeichnenden Unternehmen sich nicht an Menschen­rechtsver­letzungen mitschuldig machen und sich für die Abschaffung von Kinder- und Zwangs­arbeit sowie gegen Korruption einsetzen.

Unser Fragebogen

Den ­Anbietern der Fonds, die das Vorab-Scree­ning bestanden haben, haben wir einen Fragebogen geschickt. Für 513 Fonds und ETF haben wir eine Nach­haltig­keits­bewertung vergeben und unsere große Fondsdatenbank entsprechend aktualisiert. In der beigefügten PDF-Datei sind abge­bildet: alle Fonds und ETF, für die wir den Anlage­erfolg bewerten konnten und die mindestens zwei Punkte in der Nach­haltig­keits­bewertung bekommen haben.

Finanztest-Bewertung

Wir messen den Anlage­erfolg der Fonds anhand des Chance-Risiko-Verhält­nisses. Die monatlich aktualisierten Ergeb­nisse veröffent­lichen wir in unserer großen Fondsdatenbank. Wir erläutern zudem Details zum Fondsrating.

Finanztest-Nach­haltig­keits­bewertung

Die Finanztest-Nach­haltig­keits­bewertung bezieht sich auf den gesamten Auswahl­prozess der Fonds. Die Bewertung der Ausschluss­kriterien macht 50 Prozent der Gesamt­note aus. In die anderen 50 Prozent fließen weitere Auswahl­kriterien ein, etwa welche Auswahl­strategien der Fondsanbieter verfolgt, wie streng er bei der Auswahl der Aktien vorgeht oder ob er einen unabhängigen Nach­haltig­keits­beirat einsetzt (siehe unten). Engagement und Trans­parenz fließen nicht in die Nach­haltig­keits­bewertung ein. Wir bewerten sie separat.

Die Bewertung für die Nach­haltig­keit lautet wie folgt:

fünf Punkte – Sehr hoch

vier Punkte – Hoch

drei Punkte – Mittel

zwei Punkte – Nied­rig

ein Punkt– Sehr nied­rig

Ausschluss­kriterien im Detail

In unsere Bewertung fließen 29 Ausschluss­kriterien ein:

  1. Kohle­förderung zur Verwertung in ther­mischen Kraft­werken
  2. Konventionelle Erdgasförderung
  3. Konventionelle Ölför­derung
  4. Förderung von Ölsand, Ölschiefer und Schiefergas
  5. Betrieb von Kohle­kraft­werken
  6. Betrieb von Erdgas­kraft­werken
  7. Betrieb von Ölkraft­werken
  8. Kern­komponenten für ­Atom­kraft­werke
  9. Betrieb von Atom­kraft­werken
  10. Abbau von Uran
  11. Genetisch veränderte Organismen in der Land­wirt­schaft
  12. Massentierhaltung
  13. Tier­versuche für Kosmetik
  14. Produktion von Palmöl 
  15. Produktion von lang­lebigen ­organischen Schad­stoffen
  16. Ernste oder wieder­holte ­Umwelt­schäden
  17. Korruption, Steuer­vermeidung, Geld­wäsche
  18. Arbeits­rechts­verletzungen gemäß Konventionen der Inter­nationalen Arbeits­organisation (ILO)
  19. Menschen­rechts­verletzungen ­gemäß der Vereinten Nationen (Uno)
  20. Glücks­spiel
  21. Pornografie
  22. Alkohol
  23. Tabak
  24. Kriegs­waffen und Militärgüter 
  25. Hand­feuerwaffen
  26. Abge­reicherte Uranmunition
  27. Massen­vernichtungs­waffen
  28. Anti-Personen-Minen
  29. Streumunition

Um die volle Punkt­zahl zu erreichen, durfte ein Fonds nur in Unternehmen investieren, die höchs­tens 5 Prozent ihres Umsatzes mit Geschäften machen, die gegen die Ausschluss­kriterien des Fonds verstoßen, bis zur Grenze von 10 Prozent gab es die halbe Punkt­zahl. Ausnahmen sind geächtete Waffen, Ölsande und Fracking sowie Tabak­produktion und Pornografie. Hier lagen unsere Grenzen bei 0 und bei 5 Prozent. Bei Umwelt­zerstörung, Korruption, Arbeits- und Menschen­rechten kam es auf ernste und wieder­holte Verstöße an.

Wir unterscheiden die Ausschluss­kriterien in „voll erfüllt“, „einge­schränkt“ und „nicht erfüllt“.

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Beispiele „Fossile Energien“ und „Atom­kraft“

Im Ausschluss­kriterium „Fossile Energien“ zum Beispiel fassen wir die Punkte 1 bis 7 zusammen. Für jedes Einzel­kriterium vergeben wir bei Umsätzen bis 5 Prozent die volle, bei Umsätzen bis 10 Prozent nur noch die halbe Punkt­zahl. Eine Ausnahme gilt für Punkt 4 „Ölsand, Ölschiefer und Schiefergas“, hier gibt es einen vollen Punkt nur, wenn kein Umsatz in diesem Bereich gemacht wird, und einen halben Punkt bei Umsätzen bis 5 Prozent. Weil wir Kohle­förderung und -verstromung stärker gewichten, beträgt die maximale Punkt­zahl 8 Punkte. Das Ausschluss­kriterium „Fossile Energien“ gilt als „voll erfüllt“, wenn sechs Punkte erreicht sind. Ab drei Punkten ist es „einge­schränkt“, darunter „nicht erfüllt“.

Bei „Atom­kraft“ fassen wir die Punkte 8, 9 und 10 zusammen. Für jedes Einzel­kriterium vergeben wir bei Umsätzen bis 5 Prozent einen Punkt, bei Umsätzen bis 10 Prozent einen halben Punkt. Das Ausschluss­kriterium „Atom­kraft“ gilt bei drei Punkten als „voll erfüllt“, ab einem Punkt als „einge­schränkt“ und darunter als „nicht erfüllt“.

Weitere Auswahl­kriterien

Die andere Hälfte der Gesamt­note für die Finanztest-Nach­haltig­keits­bewertung setzt sich aus weiteren Auswahl­kriterien zusammen, zum Beispiel der Strenge der Auswahl. Je mehr Aktien im Auswahl­prozess aussortiert werden, desto besser. Ein Ausschluss­grad von mehr als 75 Prozent ist hoch, von mehr als 50 Prozent mittel, darunter gering. Zudem bewerten wir, ob es einen Nach­haltig­keits­beirat mit unabhängigen Experten gibt.

Nein‑X heißt, es gibt keinen solchen Beirat,
Ja‑Häkchenheißt, es gibt einen Beirat und dieser hat ein Mitspracherecht bei Fest­legung der Nach­haltig­keits­kriterien und Titel­auswahl,
eingeschränkt heißt, dass der Beirat keine oder wenig Mitspracherechte hat.

Zudem bewerten wir die Auswahls­trategien. Hierzu gehören Best-in-Class (Auswahl der Besten einer Branche), Best-of-all-Classes (Auswahl der branchen­unabhängig Besten), die absolute Auswahl (Auswahl von Titeln, die ein bestimmtes Rating erreichen) und die Themen­auswahl.

Auswahls­trategien im Detail

Beim Best-in-Class-Ansatz wählen Fonds­gesell­schaften aus jeder Branche die Besten aus – die Unternehmen also, die jeweils am nach­haltigsten sind. Vorteil: Das Portfolio ist breit gestreut. Nachteil: So landen etwa auch Ölkonzerne im Portfolio, was vielen grünen Anlegern nicht gefällt. Oft wird der Best-in-Class-Ansatz allerdings mit Ausschluss­kriterien verknüpft.

Bei der Best-of-all-Classes-Strategie wählen die Anbieter die nach­haltigsten Unternehmen über alle Branchen hinweg aus. Legen sie die Mess­latte hoch genug, haben Unternehmen aus schmutzigen Branchen keine Chance. Explizite Ausschluss­kriterien kann es trotzdem geben. Die Vorgehens­weise ist strenger als der Best-in-Class-Ansatz, das Portfolio ist weniger breit gestreut, weil auch ohne Ausschluss­kriterien weniger Branchen im Portfolio vertreten sind.

Während beim Best-in-Class- und Best-of-all-Classes-Ansatz die Unternehmen jeweils relativ zueinander bewertet werden, bekommen bei der absoluten Auswahl sprich: der Auswahl der mess­bar besten Unternehmen – nur die Unternehmen eine Chance, die bestimmte nach­haltige Mindest­stan­dards erfüllen. Gemessen wird der Mindest­stan­dard zum Beispiel anhand von Ratings oder Scores. Wie nach­haltig der Fonds ist, hängt von der Strenge der Kriterien ab. Diese Auswahl­methode wird oft mit Best-in-Class kombiniert.

Bei der Themen­auswahl definieren die Fonds Themen, zum Beispiel „globale Heraus­forderungen“, „Trans­formations­themen“ oder Branchen wie „Erneuer­bare Energien“ oder „Energieeffizienz“ und wählen die passenden Unternehmen aus. In der Praxis wird der Themen­ansatz oft mit einer der anderen Strategien kombiniert. Auch Ausschluss­kriterien kommen zum Einsatz.

Engagement

Auch das Engagement in Sachen Nach­haltig­keit haben wir bewertet. Damit ist gemeint, ob der Fondsanbieter auf den Haupt­versamm­lungen der Unternehmen, an denen er beteiligt ist, seine Stimm­rechte ausübt und ob er direkt mit den Unternehmen kommuniziert. Unsere Bewertung fiel umso besser aus, je mehr die Fondsanbieter die Firmen bei ihrem Engagement begleiten. Wir erwarteten von den Fondsanbietern, dass sie Konsequenzen ziehen und ihre Aktien verkaufen, wenn der Engagement-Prozess scheitert und ein Unternehmen bestimmte Miss­stände nicht abstellt. Außerdem bewerteten wir, wie gut die Anbieter über ihre Engagement-Strategie informieren. Beim Prüf­punkt „Umfang des Engagements“ greifen wir auf die Selbst­einschät­zung der Anbieter zurück.

Trans­parenz

Hier bewerteten wir, wie oft der Anbieter das Portfolio im Internet veröffent­licht, ob er offenlegt, welche Aktien er aus Nach­haltig­keits­gründen verkauft hat, ob er seinen Nach­haltig­keits­ansatz erläutert und regel­mäßig darüber berichtet.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 01.06.2024 um 10:55 Uhr
    Einfluss einzelner Aktien

    @all: In den letzten Jahren haben einzelne, hochkapitalisierte Aktien einen sehr großen Einfluss auf die Wertentwicklung eines Portfolios/Index gehabt: Apple, Microsoft, Tesla, Alphabet, Novo Nordisk, ASML ... Je nach Marktphase konnte es ein deutliches Handicap sein, wenn man auch nur ein paar Aktien aus einem knappen Dutzend nicht im Portfolio hielt. Das war nicht immer so extrem.

  • Profilbild test_de-Projektleiter_Stoffel am 01.06.2024 um 10:26 Uhr
    warum so große Unterschiede in der performance?

    @Michael76f: Vorweg: Die ETF unterscheiden sich in ihrer Währung und Ertragsverwendung (einmal ausschüttend, einmal thesaurierend). Wenn Broker und andere Informationsseiten Börsenkurse anzeigen, ist kein tauglicher Vergleich möglich. Wir berechnen die Wertentwicklung in Euro und mit rechnerischer Wiederanlage eventueller Ausschüttungen. Konkret: Diese zwei ETF unterscheiden sich auch bei uns deutlich in ihrer Wertentwicklung, die Beobachtung ist korrekt. Das kann bei Indizes mit Nachhaltigkeitsfiltern passieren. Die Aktienauswahl unterscheidet sich von Index zu Index (auch manchmal innerhalb eines Indexanbieters) und die Index-Konstruktion ist nicht immer identisch. Was hier als erstes auffällt: Der schwergewichtige Überflieger der letzten Monate Nvidia ist nicht im ETF von BNP. Auch wenn die Aktie im UBS-ETF nur 5 % ausmacht (Cap), kann das theoretisch schon einen Unterschied von 10 % im gesamten Index ausmachen – die Aktie hat sich nämlich in einem Jahr verdreifacht. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass der eine ETF besser als der andere ist. Was hier passiert ist Zufall.

  • Michael76f am 31.05.2024 um 15:14 Uhr
    warum so große Unterschiede in der performance?

    Guten Tag,
    wenn ich in meiner App schaue (net.zero), dann gab es bei dem nachhaltigen UBS MSCI WORLD (LU0629459743) in den letzten 6 Monaten eine Rendite con ca. 12%, während es bei dem BNP Paribas Vergleichsprodukt (LU1615092217) nur ca 8% gab. Es wundert mich, dass bei so ähnlichen Produkten ein so großer unterschied ist. Oder ist das normal?? Zumal beide Produkte eine Top Bewertung bei Ihnen haben...
    Vielen Dank für Ihre Einschätzung
    Freundliche Grüße
    M.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 18.12.2023 um 09:22 Uhr
    Link zum Artikel Finanztest 09/2023

    @fpr2023: Danke für Ihren Hinweis, wir haben das zwischenzeitlich repariert.

  • fpr2023 am 17.12.2023 um 15:28 Uhr
    Link zum pdf Nachhaltige Fonds, neue Welt falsch

    Leider funktioniert der Link zum pdf nachhaltige Fonds, neue Welt aus 09/23 nicht richtig.
    Man kommt zu einem Artikel über Ultrabooks!
    Bitte um Korrektur