Einfach zur Kur Vom Antrag bis zur Erholung

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Einfach zur Kur - Vom Antrag bis zur Erholung

Das Reizklima in Baabe an der Ostsee tut den Atemwegen gut. © Getty Images / Roland Wehinger

Kraft tanken, Seele baumeln lassen – niemand muss erst schwer krank werden, um zur Kur fahren zu dürfen. Stiftung Warentest erklärt, wie Sie zu Ihrer Auszeit kommen.

Wer ständig unter Strom steht, fühlt sich schnell erschöpft und ausgelaugt. Das beste Mittel gegen Stress in Job und Familien­leben ist eine Auszeit. Einige Tage im Well­ness­hotel reichen jedoch meist gerade einmal aus, um den Akku aufzuladen. Jeder, der mehr für sich und seine Gesundheit tun möchte und bereits gesundheitliche Beschwerden hat, sollte über eine ambulante Vorsorgekur in einem anerkannten Kurort nach­denken, auch offene Badekur genannt. Solch ein Tapeten­wechsel kann der richtige Weg sein, wieder zu Kräften zu kommen, gesund zu werden oder einer Verschlimmerung von Beschwerden vorzubeugen. Die Krankenkasse über­nimmt auf Antrag einen Teil der Kosten. Die Expertinnen der Stiftung Warentest erklären, wie Well­ness auf Kranken­schein funk­tioniert.

Kur ist nicht gleich Kur

Auch wenn der Begriff „Kur“ seit der Gesund­heits­reform im Jahr 2000 im Gesetz gar nicht mehr verwendet wird, so ist der Ausdruck „ich gehe auf Kur“ umgangs­sprach­lich immer noch geläufig. Fachleute sprechen einer­seits von Vorsorge, anderer­seits von Rehabilitation. Damit werden die verschiedenen Anwendungs­bereiche und Ziele einer Heilbe­hand­lung umschrieben: Vorsorgeleistungen wie eine ambulante Vorsorgekur sollen die Gesundheit erhalten, eine Reha stellt sie wieder her.

Kuren für spezielle Ziel­gruppen und stationäre Reha:

Stationäre Vorsorgekur,
Vorsorgekur für Eltern,
Stationäre Vorsorgekur für pflegende Angehörige,
Stationäre Rehabilitation

Die ambulante Vorsorgekur dauert in der Regel zwei bis drei Wochen. Den Termin wählt der Kurgast selbst. Er gilt in dieser Zeit als arbeits­fähig, anders als zum Beispiel bei der stationären Vorsorgekur oder bei Eltern-Kind-Kuren. Wenn er im Berufs­leben steht, muss der Kurgast also für die Zeit des Aufenthaltes Urlaub nehmen.

Unser Rat

Vorbeugen. Ob Studierende, Arbeitnehmer, Eltern oder Rentne­rinnen und Rentner – um eine Kur zu beantragen, müssen Sie nicht erst warten, bis Sie schwer krank sind. Ziehen Sie lieber früh die Reiß­leine. Ambulante und stationäre Vorsorgeleistungen sollen die Gesundheit erhalten. Bei einer Reha geht es darum, die Gesundheit wieder­herzu­stellen.

Informieren. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Ihre Möglich­keiten für Kur oder Reha. Mit ihm müssen Sie auch den Antrag bei der Krankenkasse oder bei der Renten­versicherung stellen. Welche Kur für Sie infrage kommt, richtet sich danach, wie schwer Ihre gesundheitlichen Probleme sind. Meist gilt der Grund­satz: ambulant vor stationär.

Anwenden. Die Kur soll Ihnen Hilfe zur Selbst­hilfe geben und Sie in die Lage versetzen, Ihre Gesundheit nach dem Aufenthalt eigen­ver­antwort­lich zu stärken. Nutzen Sie die Chance.

Krankenkassen im Internet. Wie viel Ihre gesetzliche Krankenkasse außer den kurärzt­lichen Behand­lungen und Heil­anwendungen zu Unterkunft, Verpflegung und Fahrt­kosten zuschießt, erfahren Sie in unserem Produktfinder Gesetzliche Krankenkassen. Sie können dort 68 gesetzliche Krankenkassen zum Beispiel nach Zusatz­beitrag und Extra­leistungen für Familien oder chro­nisch Kranke filtern.

Unterstüt­zung von der Krankenkasse

Drei Wochen Erholung für Körper und Geist und Zeit für sich selbst sind teuer. Kurreisende müssen dafür unter Umständen mehrere Tausend Euro hinblättern – es sei denn, die Krankenkasse über­nimmt einen Teil davon (Was die Kasse bei der Vorsorgekur bezahlt). Dafür ist ein Antrag erforderlich. Den können alle gesetzlich Kranken­versicherten stellen – vom erschöpften Studenten bis zum arthrose­geplagten Rentner.

Auf Antrag Erstattung von Kurkosten möglich

Bescheinigt der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin, dass eine ambulante Vorsorgekur medizi­nisch erforderlich ist, erstatten Krankenkassen auf Antrag Kurkosten. Oft zahlen sie auch Zuschüsse für Unterkunft, Fahrt­kosten und Verpflegung.

Maßnahmen am Wohn­ort vorrangig

Eine ambulante Vorsorgekur ist nicht Well­ness auf Kranken­schein. Sie kommt erst dann infrage, wenn die Behand­lung oder andere Maßnahmen am Wohn­ort des Patienten nicht ausreichen, wegen beruflicher oder familiärer Umstände nicht durch­geführt werden können oder aus medizi­nischer Sicht nicht sinn­voll sind. Oder wenn Heil­mittel am Kurort, zum Beispiel Thermal­wasser oder Solebäder, bessere Erfolge versprechen.

Vorsorgekur bei leichteren Beschwerden und gegen Risiko­faktoren

In aller­erster Linie soll eine Vorsorgekur den Organismus stärken und Krankheit und Pflegebedürftig­keit verhindern. Dabei spielen Bewegung, Ernährung, Psyche und äußere Umge­bung für die Genesung eine wichtige Rolle. Die ambulante Vorsorgekur setzt bereits bei leichteren Beschwerden an und soll Risiko­faktoren für Erkrankungen wie Überge­wicht, Über­beanspruchung einzelner Gelenke und Stress verringern. Zudem soll sie verhindern, dass sich bereits vorhandene chro­nische Erkrankungen verschlimmern. Ziel ist es, das Fort­schreiten zu bremsen oder das Wieder­kehren schub­weise auftretender Erkrankungen zu vermeiden.

Während einer Kur soll der Patient moti­viert werden, sich selbst zu helfen und erlernte Strategien in seinen Alltag zu integrieren.

Kur ist ein Bündel aus Dienst­leistungen

Anders als bei einer stationären Vorsorgekur muss der Kurgast nicht in eine Klinik. Er sucht sich selbst eine Unterkunft in einem staatlich anerkannten Kurort. Die Behand­lungen finden in einem Gesund­heits- oder Kurzentrum statt. Informationen über Heilbäder und Kurorte und die von ihnen angebotenen Therapien finden Interes­sierte auf der Internetseite des Deutschen Heilbäderverbands.

Eine Alternative sind sogenannte Pauschalkuren, die spezialisierte Reise­ver­anstalter auch im europäischen Ausland anbieten, etwa in Polen, Tschechien oder der Slowakei. Im Preis sind Unterkunft, Verpflegung, ärzt­liche Behand­lungen sowie therapeutische Anwendungen und oft auch die Fahrt enthalten.

Was bei einer Kur im EU-Ausland zu beachten ist

Auslands­kur. Gesetzlich Versicherte dürfen zur ambulanten Vorsorgekur auch ins EU-Ausland gehen. Beliebt sind Kuren in Polen und Tschechien. Wichtig ist, dass Patienten die Kur vor der Reise beantragen und die Bewil­ligung der Kasse abwarten.

Kurkosten. Die Krankenkassen zahlen auf Antrag durch Patient und Arzt Therapie­kosten nach denselben Regeln wie in Deutsch­land, jedoch nur bis zur Höhe, die eine gleich­wertige Behand­lung in Deutsch­land gekostet hätte. Auch Zuschüsse zu den übrigen Kosten sind möglich. Achtung: Die Kosten für in Deutsch­land nicht anerkannte Behand­lungs­methoden werden nicht erstattet.

Kurort. Das gewählte Reiseziel muss ein anerkannter Bade- und Kurort sein.

Gegen Ablehnung unbe­dingt Wider­spruch einlegen

Auch wenn alle Voraus­setzungen vorliegen, heißt das noch nicht, dass die Krankenkasse die Kur sofort genehmigt. In Paragraf 23 Absatz 2 Sozialgesetz­buch V steht, dass die Kasse sie unter den genannten Voraus­setzungen bewil­ligen „kann“, sie muss aber nicht. Die Möglich­keit zum Wider­spruch gegen eine Ablehnung sollten Versicherte immer wahr­nehmen. Wie das geht, erklären wir unter: Was Sie tun können, wenn Ihre Krankenkasse Ihre Kur ablehnt.

Auch Klage ist möglich

Führt der Wider­spruch nicht zum Erfolg, bleibt nur der Gang zum Sozialge­richt. Das ist für Versicherte kostenlos. Nur wenn ein Anwalt einge­schaltet wird, entstehen Anwalts­kosten.

Wer auch vor Gericht nicht recht bekommt, muss die Kur komplett aus eigener Tasche bezahlen. In jedem Fall sollten auch Selbst­zahler vorher mit ihrem Arzt sprechen. Dieser kann Empfehlungen für Therapien und spezielle Kurorte aussprechen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 12.10.2017 um 14:08 Uhr
    Privat Versicherte

    @Südhof: Im Artikel geht es vornehmlich um die Kostenübernahme der Krankenkassen für eine Kur, am Rande um die Reha-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung. Privat Versicherte schauen in die Bedingungen ihres Tarifes. Denn für welche Kuren in welchem Umfang der private Krankenversicherer die Kosten übernimmt, bestimmt allein der Tarif. Alle Versicherten können ihre Fragen auch an die unabhängige Patientenberatung stellen: 0800 011 77 22, www.unabhaengige-patientenberatung.de
    (maa)

  • Südhof am 11.10.2017 um 16:02 Uhr
    Und Privat Versicherte?

    Kann ich mit dem Artikel auch etwas anfangen, wenn ich nicht Gesetzlich Versichert bin?

  • tinne am 26.06.2017 um 22:44 Uhr
    Krebs NRW, AHB, Privatversicherte

    Ein paar wichtige Ergänzungen:
    - Krebskranke mit Erstwohnsitz in Nordrhein-Westfalen wenden sich immer an die ArGe Krebs NRW http://www.argekrebsnw.de unabhängig, ob die Kranken- oder Rentenkasse leisten muss.
    - Im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt ist oft eine "Anschlussheilbehandlung" empfehlenswert, die wie eine stationäre Reha funktioniert, aber ziemlich direkt nach der stationären Akutbehandlung angetreten werden muss. Noch auf Station informieren lassen!
    - Viele private Krankenversicherungen decken Kuren nicht ab, die Anschlussheilbehandlung gibt es gar nicht. Wer kann, sollte das direkt bei der Versicherungswahl prüfen und in die Entscheidung mit einbeziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 21.06.2017 um 14:28 Uhr
    Rentner

    @Antefix: Wer bereits in Rente ist, stellt seinen Antrag bei der Krankenkasse. Fehlläufer werden erfahrungsgemäß an den richtigen Versicherungsträger weitergeleitet. Sowohl in der großen Grafik auf Seite 70 als auch auf Seite 74 links unten stellen wir dar, wer bei der RV, wer bei der Krankenversicherung eine Reha beantragen kann und wie das geht. (TK)

  • Antefix am 21.06.2017 um 12:47 Uhr
    Reha für Rentner ?

    Für eine Rehabilitation zwecks unbehinderter bzw. wiedererlangter Leistungserbringung am bestehenden Arbeitsplatz waren bisher die Rentenversicherungsträger zuständige Antragsempfänger. Erst ab (Antragstellung eines) Altersrentenbezugs werden die gesetzl. Krankenkassen vom RVT zuständig "gemacht". Berichtet der Heftaufmacher auch über -- wie zu überwindende -- Unterschiede bei diesen sozialrechtlichen Genehmigungsverfahren, die unter den zahlreichen Kassen gewiss unterschiedlich gehandhabt werden?