Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig in Sachen Göttinger Gruppe/Securenta bestätigt. Danach sind mögliche Schadenersatzansprüche vieler Anleger der Göttinger Gruppe verjährt. In den 90er Jahren hatten 200 000 Verbraucher – darunter viele Kleinanleger– in dubiose Altersvorsorgeprodukte der Gruppe investiert und viel Geld verloren.
Geschädigte Anleger verklagten Wirtschaftsprüfer
Nachdem die Göttinger Gruppe insolvent wurde, hatten viele geschädigte Anleger auf Anraten der Jenaer Kanzlei Müller, Boon, Dersch die Wirtschaftsprüfgesellschaften verklagt, die das dubiose Anlagemodell gestützt hatten. Um die für einen Teil der Betroffenen drohende Verjährung ihrer Ansprüche zu „hemmen“, hatte die Kanzlei Ende 2011 Anträge bei der Gütestelle eingereicht.
BGH weist erste Beschwerden zurück
Doch das OLG Braunschweig entschied in bislang rund 500 Fällen, dass der Güteantrag den Lauf der Verjährungsfrist nicht aufgehalten habe. In den Anträgen sei die Größenordnung der Ansprüche nicht ausreichend mitgeteilt worden, so das OLG. Die Entscheidung des OLG Braunschweig wollten 15 Anleger vom BGH überprüfen lassen. Der BGH wies nun jedoch die ersten Beschwerden der Anleger ab.
OLG: „Tausende Klagen“ abgewiesen
Wie viele Mandaten der Jenaer Kanzlei ihre Fälle nun wegen der Rechtsprechung des OLG Braunschweig und des BGH verlieren werden, ist unklar. Die Kanzlei Müller, Boon, Dersch konnte auf Anfrage von Finanztest zur Zahl der eingereichten und verlorenen Klagen nichts sagen. In einer Pressemitteilung des OLG Braunschweig heißt es dazu, dass die Jenaer Kanzlei 4 500 Schadenersatzklagen beim Landgericht Göttingen eingereicht habe. „Tausende Klagen“ seien bereits vom Landgericht abgewiesen worden. In rund 500 Fällen, in denen Anleger Berufung eingelegt hatten, habe das OLG Braunschweig etwaige Schadenersatzansprüche der Anleger für verjährt erachtet.
Verfahren ohne Güteanträge nicht betroffen
Wie ein Sprecher der Kanzlei mitteilt, betreffe die Rechtsprechung des OLG Braunschweig zur Frage der Verjährung bei Güteanträgen aber nicht diejenigen Mandanten, für die keine Güteanträge gestellt worden seien, sondern bis Ende 2011 Klage beim Landgericht Göttingen eingereicht worden sei. Diese Verfahren seien weiterhin anhängig. Das Landgericht Göttingen führe in diesen Verfahren eine Beweisaufnahme durch, für die es von Amts wegen ein umfassendes Sachverständigengutachten zum Beteiligungsmodell der Göttinger Gruppe in Auftrag gegeben habe, teilte die Kanzlei mit.
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