Börsen­weisheiten Aktien und Fonds im Mai verkaufen – was ist dran?

0
Börsen­weisheiten - Aktien und Fonds im Mai verkaufen – was ist dran?

Anlage­pause. Laut Börsen­weisheit sollte man dem Aktienmarkt zwischen Mai und September fern­bleiben. © Getty Images / We are, Stiftung Warentest (M)

„Sell in May and go away“ lautet eine der bekann­testen „Börsen­weisheiten“. Wir haben über­prüft: Sollten sich MSCI-World-Anleger daran halten und im Mai alles verkaufen?

Den Spruch haben viele Anle­gerinnen und Anleger schon mal gehört: „Sell in May and go away“, also verkaufe im Mai und halte dich von der Börse fern. Häufig verbunden mit dem Zusatz „...but remember to come back in September“. Man soll also nicht vergessen, im September wieder einzusteigen.

Spruch aus analogen Zeiten?

Begründet wurden die schwachen Monate Mai bis August damit, dass die Börsenhändler damals in den Sommer­urlaub gingen. So hätte es weniger Nach­frage nach Aktien geben können und die Kurse könnten entsprechend schwächer gewesen sein. Das Argument wirkte schon damals etwas bemüht. Aber gilt das noch heute? Ist der Mai auch heute noch ein schlechterer Börsenmonat, insbesondere, wenn man markt­breit mit einem MSCI World ETF investiert?

Auch der Mai positiv

Zur Über­prüfung der These haben wir uns jeweils den Monat Mai angeschaut, seit es Daten zum MSCI World gibt: von Mai 1970 bis zum Mai 2022. Im Mittel gab es auch im Mai positive Renditen zu erwirt­schaften: +0,78 Prozent. Das ist sogar etwas mehr als der Mittel­wert über alle Monate seit Ende 1969 (+0,73 Prozent). Hätte man also Anfang Mai verkauft, hätte man diese Renditen nicht mitgenommen. Und auch die Anzahl der positiven Monate Mai (31) über­wiegt die Anzahl der Monate Mai mit Verlusten (22).

Ist es in den USA anders?

Aber wie sieht es für einen typischen US-Index aus – schließ­lich kommen viele der Börsen­weisheiten aus den USA?

Auch für den US-Aktien­index S&P 500 ergibt sich – mit Daten für den Total Return Index seit Mai 1988 in Dollar – das gleiche Bild: +1,24 Prozent im Schnitt im Mai. Wenn man sich nur den Preis­index (ohne Dividenden der im Index enthaltenen Aktien) anschaut, gibt es Daten schon seit 1964. Und ja: Dort ist die Mairendite im Schnitt bis Anfang der 1990er Jahre negativ. Aber das ist wegen der fehlenden Dividenden eine wenig aussagekräftige Analyse.

Renditen auch im Sommer

Auch für die Sommermonate Juli und August zeigt sich für den MSCI World im Durch­schnitt ein positives Bild. Warum Anleger diese Renditen nicht mitnehmen sollten, ist also unklar. Anders­herum gab es auch in den Monaten von September bis Mai immer wieder krasse Abstürze. Die Corona-Finanz­krise 2020 etwa ging im Februar los. Die Kurse stürzten bis März ab und erholten sich dann wieder. Hätte man 2020 im Mai verkauft und im September zurück­gekauft, hätte man einen ordentlichen Teil dieser Erholung verpasst und hätte sich zu deutlich teureren Kursen wieder eindecken müssen. Zudem können Order­kosten je nach Depot-Modell die Rendite zusätzlich schmälern.

{{data.error}}

{{accessMessage}}

Fazit: Diese Börsen­weisheit besser ignorieren

„Sell in May and go away“ ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die Börse nicht so einfach ist, wie es manche Sprichwörter oder auch manche vermeintliche Börsen-Gurus suggerieren. Diese Börsen­weisheit können Anle­gerinnen und Anleger ignorieren.

Im Schnitt hat es sich bisher gelohnt, auch im Mai an der Börse investiert zu sein – zumindest, wenn man sich den MSCI World oder den US-Markt anschaut. Das mag in anderen Ländern oder Regionen und in ausgewählten Perioden anders gewesen sein. Aber ohne plausible Erklärung, warum ausgerechnet der Mai ein schlechterer Börsenmonat als die anderen sein sollte, sind solche Ergeb­nisse als Zufall zu betrachten, nicht als ein geheim­nisvoll gültiges Muster.

Anle­gerinnen und Anleger sollten also bei ihrer Strategie bleiben und ohne unnötiges Handeln mit einem Welt-ETF in den breiten Welt­aktienmarkt investiert bleiben oder – falls Sie die Strategie des Pantoffel-Portolio verfolgen – ab und zu die richtige Gewichtung wieder­herstellen. Wer mit einem ETF-Sparplan spart, sollte diesen sowieso einfach laufen lassen und sich über schwächere Markt­phasen freuen, um zu güns­tigeren Kursen einzukaufen.

Tipp: Weitere Börsen­weisheiten haben wir in unserem Artikel 5 Börsenweisheiten im Check untersucht.

0

Mehr zum Thema

0 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.