Bankenkrise Bangen um die Banken – was jetzt wichtig ist

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Bankenkrise - Bangen um die Banken – was jetzt wichtig ist

Schieflage. Die ange­schlagene Credit Suisse wurde von ihrer Konkurrentin UBS über­nommen – den Deal fädelte die Regierung ein. © Imago Images / Future Image

Ist die Bankenkrise vorbei? Wir fassen die Ereig­nisse zusammen. Ein Banken­professor erklärt im Interview, warum die Aufsicht große Banken nicht in den Griff bekommt.

Ist die Bankenkrise vorbei?

Seit Wochen herrscht Unsicherheit im Bankensektor. Am letzten April-Wochen­ende wurde nun auch die strauchelnde US-amerikanische First Republic Bank vom Finanz­konzern JP Morgan Chase über­nommen. JP Morgan Chase sichere sämtliche Kundengelder und über­nehme den Groß­teil der Vermögens­werte der Bank, teilte die amerikanische Einlagensicherung FDIC mit. Die First Republic Bank ist die größte von drei US-Banken, die in diesem Jahr nach starken Mittel­abflüssen aufgrund von Liquiditäts­sorgen zusammen­gebrochen sind.

In Europa gab es nach der Notfusion der gescheiterten Credit Suisse mit der UBS bisher in der Folge keine weiteren Banken mit ähnlich massiven Problemen. Weitere Bank-Runs, bei denen viele Kunden gleich­zeitig ihr Geld abheben wollten, sind ausgeblieben.

Vor allem in den USA bleibt die Situation aber angespannt. Nach den Pleiten kleinerer Regional­banken haben Bank­kundinnen und -kunden im März bei anderen kleineren Banken sehr viel Geld abge­zogen und es zu größeren Banken über­wiesen oder in Geldmarkt­fonds gesteckt.

Auffällig ist außerdem, dass die Abfrage kurz­fristiger Liquidität der US-Banken bei der Zentral­bank Fed zwischen­zeitlich wieder auf ein Niveau wie in der Finanz­krise gestiegen ist. Üblicher­weise leihen sich Banken unter­einander kurz­fristig Geld. Nur wenn sie sich gegen­seitig miss­trauen oder der Bedarf an schnell verfügbarem Geld sehr hoch ist, etwa weil viele Kunden Geld abziehen könnten, muss der teurere Über­nacht­kredit genutzt werden.

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Deutlich weniger auffällig sehen die Zahlen für den Liquiditäts­bedarf der Euro-Banken bei der EZB aus:

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Zum finalen Scheitern der Pleite­banken hatte vor allem ein Liquiditäts­problem geführt. Ihnen war es nicht gelungen, ausreichend Geld herbei­zuschaffen, um den massiven Abzug der Einlagen ihrer Kunden zu ermöglichen. Die US-Zentral­bank hat verschiedene Maßnahmen getroffen, die Liquidität der Banken zu erhöhen. Außerdem hat die US-Regierung die Einlagensicherung der betroffenen Banken auf sämtliche Einlagen ausgeweitet, um die Lage zu beruhigen.

Wie ist die Lage in Deutsch­land?

Etwas Entwarnung gibt ein Blick auf die Gemein­samkeiten der Pleite­banken Credit Suisse und Silicon Valley Bank: Die Kunden­struktur war geprägt durch Geschäfts­kunden mit sehr großen Einlagen – viel mehr als über die jeweiligen Einlagensicherungen abge­sichert waren. Das machte die Kunden deutlich nervöser, da das Risiko, viel Geld zu verlieren, hoch war.

Bei den typischen deutschen und europäischen Sparer­banken ist die Gefahr eines Bank-Run kleiner, weil hier mehr Geld liegt, das von der Einlagensicherung abge­deckt ist und es eine größere Durch­mischung von Privat- und Geschäfts­kunden gibt.

Könnten Banken hier ähnliche Probleme bekommen, wie die Silicon Valley Bank, die ihre gehaltenen Staats­anleihen mit Verlusten verkaufen mussten? Dazu betont die Finanz­aufsicht Bafin auf Nach­frage von Finanztest: „Die Risiken aus abrupten Zins­anstiegen hat die BaFin schon lange im Fokus. Wir erwarten von den Instituten, dass sie ihre Zins­änderungs­risiken im Blick haben und recht­zeitig gegen­steuern.“ Nur einige „kleinere Banken“ mit „erhöhten Zins­änderungs­risiken“ begleite die Aufsicht eng. Sie weist zudem auf die Liquiditäts­vorschriften für Banken hin, die Liquiditäts­risiken entgegen wirken sollen.

Was ist bei der Credit Suisse passiert?

Die Schweizer Bank UBS hat im März ihre Konkurrentin Credit Suisse über­nommen. Nachdem die Situation bei der Credit Suisse immer besorgnis­erregender wurde und auch ein großer Notkredit der Schweizer Zentral­bank nicht ausreichend für Ruhe sorgte, schaltete sich die Schweizer Regierung ein. Sie hilft der UBS nun, um mit umfang­reichen Sicher­heits­netzen die ange­schlagene Konkurrentin zu über­nehmen.

3 Milliarden Franken (3 Milliarden Euro) zahlt die UBS insgesamt für die Credit Suisse. Der Deal wurde an einem Wochen­ende offen­bar unter großem Druck von der Regierung, der Zentral­bank und den beiden Banken verhandelt. „Ein Konkurs der Credit Suisse hätte schwerwiegende Folgen für die Schweizer und interna­tionale Finanz­stabilität gehabt“, betonte Zentral­bank­chef Thomas Jordan.

Staats­garantie bis zu 9 Milliarden Franken

Die Regierung der Schweiz hat der UBS eine Garantie von 9 Milliarden Franken für potenzielle Verluste aus dem Deal zugesagt. Finanz­ministerin Keller-Suter betonte aber bei der Presse­konferenz, jedes andere Szenario hätte mehr Kosten verursacht. Der Bund habe zwar Garan­tien über­nommen, aber es sei keine staatliche Rettung. UBS-Verwaltungs­rats­präsident Colm Kelleher sagte, die Verlust­garantie sei nötig, da in der Kürze der Zeit keine ausreichende Prüfung der Vermögens­werte der Credit Suisse möglich gewesen sei. Verluste bis zu 5 Milliarden Franken wolle die UBS selbst tragen. Außerdem unterstützt auch die Schweizer National­bank den Deal mit Liquiditäts­hilfen in Höhe von 200 Milliarden Franken.

Nach dem Zusam­menschluss entsteht eine Schweizer Riesen­bank. Die Bilanz­summe würde rund 1,5 Billionen Franken betragen – etwa das Doppelte des Brutto­inlands­produkts der Schweiz.

Die Aktionäre der Banken wurden nicht befragt. Die Schweizer Regierung setzte Aktionärs­rechte aus und berief sich auf ein Notrecht. Die UBS teilte in ihrer Presse­mitteilung knapp mit: „Die Trans­aktion benötigt keine Zustimmung durch die Aktionäre“.

Was bedeutet der Deal für Aktionäre und Anleihen-Besitzer der Credit Suisse?

Aktionäre der Credit Suisse bekommen eine UBS-Aktie pro 22,48 Aktien der Credit Suisse, der Kurs der Aktie brach am Montag nach der Über­nahme um 56 Prozent auf rund 0,80 Franken (0,80 Euro) ein. Die sogenannten Addi­tional-Tier-1-Anleihen (AT1-Bonds oder auch Coco-Bonds), nach­rangige Schuld­verschreibungen von Banken, im Wert von 16 Milliarden Franken verfallen wert­los. Die Schweizer Aufsichts­behörde Finma sagte, damit sei sicher­gestellt, dass die Anleger die Kosten der Rettung tragen. Reguläre Anleihen sind bisher nicht betroffen.

Die deutschen Finanz­aufsicht Bafin stellt auf Nach­frage von Finanztest klar, dass diese Vorgehen in Deutsch­land so nicht möglich wäre: „Im Falle eines behördlichen Eingreifens bei einer Abwick­lung oder einer Liquidation im Rahmen eines regulären Insolvenz­verfahrens ist es nicht möglich, Gläubiger von AT1-Instru­menten vor den Anteils­inhabern in Haftung zu nehmen.“ Ähnlich hatte sich zuvor schon die EZB geäußert.

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Silicon Valley Bank als Auslöser der Bankenkrise

Als Auslöser der Bankenkrise gilt die Pleite der amerikanischen Silicon Valley Bank am 10. März, nachdem es am Tag zuvor zu einem „Bank-Run“ gekommen war, bei dem viele Kunden gleich­zeitig versuchten, ihre Einlagen bei der Bank abzu­ziehen. Es ist die zweitgrößte Bank­pleite der US-Geschichte. Die Silicon Valley Bank hat in erster Linie Start-Ups aus der berühmten kalifor­nischen Gründer­region Silicon Valley finanziert. Am 12. März geriet in der Folge mit der Signature Bank eine zweite amerikanische Bank ins Straucheln.

Darauf­hin griff dann die US-Regierung ein. Sie versprach eine Absicherung aller Einlagen bei den beiden Banken, auch über die eigentliche Einlagensicherung von 250 000 Dollar hinaus. Alle Einleger der Silicon Valley Bank würden voll­ständig geschützt und könnten auf ihr gesamtes Geld zugreifen. US-Präsident Joe Biden erklärte, die Menschen bräuchten sich um ihre Einlagen nicht zu sorgen.

Was war das Problem bei der Credit Suisse?

Die Credit Suisse ist seit Jahren von Skan­dalen, öffent­lichen Rechts­streitig­keiten, Kunden­schwund und steigenden Verlusten geplagt. Ausgelöst durch die Bankenpleiten in den USA wurden Anleger und Kunden der instabilen Groß­bank immer besorgter. Der größte Aktionär, die Saudi National Bank, schloss aus, weiteres Geld in die Credit Suisse zu investieren. Die Bank bat daher die Zentral­bank der Schweiz um einen Kredit, um das Vertrauen durch die öffent­liche Unterstüt­zung wieder­herzu­stellen. Das reichte offensicht­lich alleine nicht aus, um den Vertrauens­verlust zu stoppen.

Zum Vergleich zum Börsenkurs der Credit Suisse zeigen wir noch die UBS, die Deutsche Bank und die australische Macquarie Bank. Alle vier Banken zählen nicht zu den Banken im MSCI World Banks Index, sondern werden im Index mit den sogenannten Diver­sifizierten Kapitalmärkten geführt. Das Haupt­geschäfts­feld dieser Banken liegt in den Bereichen Kredit­vergabe an Groß­kunden und Groß­unternehmen, Investment Banking, Broker-Geschäfte und Vermögens­verwaltung.

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Was passiert auf dem Aktienmarkt?

Vor allem Bankaktien sind nach der Pleite der Silicon Valley Bank und den folgenden Turbulenzen abge­sackt. Der MSCI Europe Banks Index lag auf Monats­sicht über 10 Prozent im Minus, der MSCI World Banks Index über 11 Prozent. Auch die Aktien­kurse deutscher Banken rutschten in Folge der Bankenkrise ab, vor allem die Deutsche Bank und die Commerz­bank sind betroffen.

Die Pleite der Silicon Valley Bank und die Probleme bei der Credit Suisse beinträchtigen den gesamten Finanzsektor. Wir zeigen die Wert­entwick­lung der Finanzsektoren für Welt, Europa und die Schwellenländer im Vergleich über ein Jahr.

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Für den Indexanbieter MSCI setzt sich der Finanzsektor aus den Unterbranchen Banken, diver­sifizierte Finanzen sowie Versicherungen zusammen. Wir zeigen die drei Unterbranchen jeweils für Welt und für Europa.

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Was ist mit meinem MSCI World ETF?

Anle­gerinnen und Anleger, die in einen welt­weit anlegenden Aktien-ETF investiert haben, brauchen nichts zu tun. Zwar ist auch der Welt­aktienmarkt zwischendrin etwas abge­sackt, hat seine Verluste auf Monats­sicht mitt­lerweile ausgeglichen. Der Sektor Finanzen war Ende Februar mit rund 15 Prozent zwar der zweitgrößte Sektor im MSCI World, aber nicht alle Banken wurden so stark abge­straft. Die Silicon Valley Bank selbst war im MSCI World vertreten, aber mit weniger als 0,1 Prozent. Etwas größer, aber ebenfalls im Nach­kommabereich, war der Anteil der Silicon Valley Bank in ETF mit Nach­haltig­keits­anspruch, den ESG-Varianten. Da die Silicon Valley Bank viele Kredite an Unternehmen für erneuer­bare Energien ausgegeben hatte, war sie laut Branchen­dienst Bloom­berg auch in vielen ESG-Fonds vertreten.

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Was müssen deutsche Sparer jetzt beachten?

Deutsche Spare­rinnen und Sparer sind weder von der Pleite der Silicon Valley Bank und der Signature Bank noch von den Turbulenzen der Credit Suisse betroffen. Für Banken mit Sitz in der Europäischen Union sowie in Norwegen gilt ein gesetzlicher Schutz für Spargeld in Höhe von 100 000 Euro pro Anleger und Bank. Finanztest empfiehlt allerdings nur die Geld­anlage in bestimmten Ländern, damit das Spargeld gut gesichert ist.

In Deutsch­land werden Sparer nach einer Bank­pleite von der gesetzlichen Entschädigungs­einrichtung deutscher Banken (EdB) bis zu einer Höhe von 100 000 Euro entschädigt. Viele deutsche Privatbanken wie Deutsche Bank oder Commerz­bank sind nicht nur Pflicht­mitglied der EdB, sondern gehören zusätzlich auch dem freiwil­ligen Einlagensicherungs­fonds des Bundes­verbands deutscher Banken (BdB) an. Bei diesen Banken können Anle­gerinnen und Anleger auch mehr als 100 000 Euro sicher anlegen. Letzteres gilt auch für Sparkassen sowie Volks­banken, die eigene Sicherungs­mecha­nismen haben.

In unsere Zins­vergleiche von Tagesgeld und Festgeld nehmen wir nur Institute aus Ländern auf, die von den drei großen Rating­agenturen Fitch, Moody´s und Stan­dard & Poor´s eine Topbe­wertung erhalten haben. Nur deren Länder und Sicherungs­systeme halten wir für finanz­stark genug, im Fall einer Bankenpleite Anleger zeit­nah zu entschädigen. Wer nach unseren Maßgaben angelegt hat, muss also aktuell nichts tun.

Tipp: Die Einlagensicherung ihrer Bank können Sie mit einem Tool in unserem Artikel zur Einlagensicherung über­prüfen.

Warum konnte die Silicon Valley Bank ihre Kunden nicht auszahlen?

Die Silicon Valley Bank hatte deutlich mehr Einlagen, als sie Kredite vergeben hatte. Einlagen sind Gelder, die Kunden bei einer Bank anlegen, etwa Tages­geld. Einen großen Teil dieser über­schüssigen Einlagen hatte die Silicon Valley Bank in sichere Anleihen, wie etwa Staats­anleihen, investiert. Durch die Zins­wende hatten diese Anleihen in letzter Zeit deutlich an Wert verloren. Steigende Zinsen ziehen die Kurse für schon im Umlauf befindliche, schlechter verzinste Anleihen nach unten. Das ist eigentlich kein Problem, denn werden die Anleihen bis zum Ende der Lauf­zeit gehalten, wird den Anlegern der Nenn­wert zurück­gezahlt – unabhängig vom aktuellen Kurs­wert. Da bei der Silicon Valley Bank aber nun viele Kunden an ihr Geld wollten, war die Bank gezwungen, ihre Anleihen zu schlechten Kursen und mit Minus zu verkaufen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 21.03.2023 um 14:01 Uhr
    Zugriff auf Sondervermögen (ETF, Aktien etc)

    @unentschieden: Wenn die depotführende Bank pleitegeht, können die Wertpapiere (ETF) zu einer anderen Depotbank übertragen werden. Es besteht ein sogenanntes Aussonderungsrecht. Wertpapiere können nicht physisch im Tresor gehalten werden.

  • unentschieden am 21.03.2023 um 11:10 Uhr
    Zugriff auf Sondervermögen (ETF, Aktien etc)

    Angenommen, ich hätte einen ETF im Wert von 1 Millionen € im Depot bei der Commerzbank, welches bekanntlich als Sondervermögen nicht zur Insolvenzmasse zählt und damit eigentlich sicher sein sollte - aber wie genau komme ich an die Wertpapiere im Falle einer Insolvenz der Commerzbank? Macht es in diesem Fall Sinn, die Wertpapiere *physisch* zu besitzen, also im Tresor als echtes Papier? Oder ist ein Zugriff von einer anderen Bank aus jederzeit möglich?

  • surfcop am 20.03.2023 um 19:59 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.