Anleger­anwalt Etwas zu vielseitig?

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Anleger­anwalt - Etwas zu vielseitig?

Rechts­anwalt Jochen Resch stellt in diesem YouTube-Video 2018 einen Ausstiegsweg für Anleger von IBH-Fonds in Aussicht. Elf Videos hat er zu IBH veröffent­licht. © Quelle: www.youtube.com/watch?v=a3fcRbzkPfw&list=PLfNKhWNsgXI2MrwIjV4K4EGzlNuWH9ixD&index=10

Ein Vorstand der Verbraucherzentrale Brandenburg hat als Rechts­anwalt Anleger vertreten und war auch für die Käuferin ihrer Fonds­anteile aktiv. Stiftung Warentest setzt die Resch Rechts­anwälte GmbH wegen schlechter Beratung und möglicher Interes­senkollision auf die Warnliste Geldanlage. [Update 2.12.2020] Die Verbraucherzentrale Brandenburg hat inzwischen mitgeteilt, ihr Vorstand Jochen Resch habe sein Amt nieder­gelegt. [Ende Update]

Anlegerin wollte Fonds­investment beenden

Als Anna Berger* 2017 Resch Rechts­anwälte aus Berlin beauftragte zu helfen, ein Fonds­investment zu beenden, waren die Schreiben an sie von Jochen Resch persönlich unterzeichnet. Ein Glücks­fall, so schien es: Der Rechts­anwalt vertritt seit Jahr­zehnten Anleger, äußert sich öffent­lich zu Anleger­schutz­themen und ist seit 20 Jahren im Vorstand der Verbraucherzentrale Brandenburg.

Fonds­anteil auffällig günstig über­nommen

Für Berger sieht es aber schlecht aus: Resch schloss für sie einen Vertrag mit einer Gesell­schaft, die den Fonds­anteil auffällig günstig über­nahm. Für diese war Resch auch tätig, obwohl das Mandat mit Berger noch lief. Zudem vertrat er weitere Anleger, die der Gesell­schaft Anteile über­trugen. Für Anleger ist ein hoher Preis gut, für die Käuferin ein nied­riger. Rechts­anwälten ist es verboten, entgegen­gesetzte Interessen zu vertreten.

Unser Rat

Probleme. Ihr Rechts­anwalt tut in Ihrem Fall etwas, was Sie so nicht wollen? Äußern Sie dies klar ihm gegen­über. Beschweren Sie sich bei gravierenden Problemen mit einem Rechts­anwalt bei der Rechts­anwalts­kammer, die für ihn zuständig ist. Hat der Anwalt einen Fehler gemacht, ist es gegebenenfalls möglich, gegen ihn vorzugehen.

Nur 1 Euro mit wenig Nachbesserung

Berger beteiligte sich 1999 am geschlossenen Immobilienfonds Achte Grund­besitz Wohn­baufonds GbR von IBH. Wie alle IBH-Fonds lief er schlecht (Wie 8000 IBH-Anleger 120 Millionen Euro verloren). Die Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger (SGK) aus Berlin bot IBH-Anlegern Hilfe an. Im Juni 2017 antwortete Berger und bekam im Juli 2017 Post von Resch, dem Gründer und bis 2005 Vorstand der SGK. Resch schlug unter anderem vor, ihr beim Ausstieg zu helfen, indem sie kündigte oder ihren Anteil anderen über­trug. Das nahm Berger an, sie zahlte dafür 892,50 Euro an ihn.

Besuch der Gesell­schafter­versamm­lung

Am 18. August 2017 besuchte Resch die Gesell­schafter­versamm­lung von Bergers Fonds. Die Fonds­geschäfts­führung stellte die Lage dar. Sie legte im August eine Prognose vor, wonach Anleger nach einer Fonds­auflösung je 10 000 Euro einge­setztem Kapital wohl etwa 3 300 bis 5 100 Euro zu erwarten hatten.

Über­tragungs­vertrag abge­schlossen

Ende August schloss Resch für Berger einen Über­tragungs­vertrag ab und informierte sie darüber. Ihren Anteil über­nahm die Hanseatische Immo-Invest GmbH (HII) aus Oldenburg, heute Berlin, – für 1 Euro. Falls der Fonds nach seiner Liquidation Anlegern mehr als 10 Prozent ihrer Beteiligungs­summe auszahle, sollte Berger noch ein Viertel des Mehr­erlöses erhalten. Ein selt­sam mageres Ergebnis für Reschs Mandantin angesichts der Informationen, die er hatte. Berger wollte den Vertrag kippen, gab aber auf.

Voll­macht auch von der Käuferin

Tatsäch­lich machte HII zumindest mit Bergers Anteil ein gutes Geschäft. HII verkaufte ihn im Januar 2020 im Paket mit Anteilen weiterer 23 Anleger an dem Fonds für gut 98 000 Euro. Je 10 000 Euro ursprüng­lichem Anleger­kapital bekam HII gut 1 750 Euro. In allen Finanztest vorliegenden Über­tragungs­verträgen über IBH-Anteile von Resch-Mandanten an HII bis 2020 sind 1 Euro plus ein Viertel vom Mehr­erlös vereinbart.

Käuferin auf Versamm­lung vertreten

In der Zwischen­zeit war Resch auch für HII tätig. Im August 2019 bevoll­mächtigte ihn HII, sie auf der Gesell­schafter­versamm­lung vom IBH-Fonds Achte Grund­besitz zu vertreten. Resch sieht darin kein Problem: Es habe in diesem Fall einheitliche Interessen gegeben. Die Vertretung stelle „keinen Verstoß gegen anwalt­liche Pflichten dar“. Mit dieser Ausnahme sei er nicht für HII tätig gewesen.

Ansprech­partner für die Über­tragung

Die Käuferin der Anteils­pakete von HII bezeichnet aber Resch als ihren Ansprech­partner für die Über­tragung. Resch gibt an, nicht für HII, sondern die Anleger­mandanten gehandelt zu haben. HII-Chef Philipp Endt­richt teilte mit, HII kenne Resch „als engagierten Vertreter der Anteils­eigner. Ansonsten gibt es keine Verbindung.“ HII lege wegen ihres Geschäfts­modells Wert „auf ein Low Profile“.

Warn­liste Geld­anlage von Stiftung Warentest

Wir setzen die Resch Rechts­anwälte GmbH wegen schlechter Beratung und möglicher Interes­senkollision auf unsere Warn­liste Geld­anlage.

* Name geändert

Hinweis zur Warn­liste Geld­anlage der Stiftung Warentest

Die Warn­liste Geld­anlage listet alle Unternehmen, Geld­anlage­angebote und Dienst­leistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im Format PDF herunter­laden. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischen­zeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgebe­richt­erstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warn­liste zu finden.

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Kommentarliste

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  • rruehl am 18.10.2020 um 16:26 Uhr
    Geld stinkt nicht, ich nehme es von Jedem

    Das ist ja fast unglaublich und wenn es war ist, muss es doch Konsequenzen geben. Alle beteiligten Parteien gleichzeitig zu vertreten und von jedem bezahlt zu werden ist wohl für Herr Resch das normalste der Welt. Bei dem Gespräch wo der armen Frau Berger erklärt wurde warum sie ihren Fondsanteil im Wert von 10.000, für den sie eventuell noch 3-5 tausend Euro bekäme, für nur 1€ verkaufen soll (mit Option auf mehr wenn alles gut geht). Wie verzweifelt muss sie gewesen sein sich auf diesen unseriösen Deal einzulassen!? Und das im Namen des Anlergerschutzes! Unglaublich und skandalös. Wer weiß wie viele geschröpfte Anleger es noch gibt die unter Mithilfe des SGK bei Resch gelandet sind und Ihre Anteile aus Verzweiflung billigst verkauft haben?
    @Pfluftl01: Hatten Sie den Eindruck, dass Resch und Staratschek hier ein gemeinsames Spiel spielen?
    @Stiftung Warentest: Danke für ihren Hinweis zur „Warnliste Geldanlage“. Sollte sich jeder mal ansehen.

  • rruehl am 18.10.2020 um 13:25 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • Pfluftl01 am 18.10.2020 um 11:20 Uhr
    Wir vertreten Ihre Interessen? Teil 3

    Vertritt man so die Interessen der Anleger,immerhin vertrat der SDK bereits bei der Gesellschafterversammlung 2017 einen Anteil von 15,46% aller Stimmen,dann liegt der Verdacht Nahe ein anderes Ziel zu verfolgen. Um an meine Vollmacht zu kommen, wird die Angst auf persönliche Haftung (das Risiko besteht) geschürt. Was dabei rauskommen kann beschreibt der hier erläuterte Fall von Frau Berger. Ich bedauere Frau Berger, denn sie wurde von allen Parteien über den Tisch gezogen, was mir hätte auch passieren können. Gibt es hier keine Möglichkeit durch dieses Fehlverhalten den verantwortlichen Anwalt aus der Anwaltskammer auszuschließen um andere vor ihm zu schützen?

  • Pfluftl01 am 18.10.2020 um 11:15 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • Pfluftl01 am 18.10.2020 um 11:14 Uhr
    Wir vertreten Ihre Interessen?-Teil 2

    Ziel war es, von mir eine Vollmacht zu erhalten um mich u.a. auf der Gesellschafterversammlung am 21.08.2019 zu vertreten. In der Vollmacht stand u.a. Folgendes (Zitat): „Die Schutzgemeinschaft für geschädigte Kapitalanleger e.V. Berlin ist insbesondere auch berechtigt, die Abwahl des Geschäftsführers und die Wahl eines neuen Geschäftsführers vorzunehmen. Diese Vollmacht berechtig ferner die Ausübung sämtlicher Einsichtsrechte in alle Unterlagen der Gesellschaft einschließlich der Prozessführung. Dem Vollmachtgeber dürfen dadurch keine Kosten entstehen!“ Ein Freund riet mir, die Vollmacht nicht zu erteilen und mir selbst ein Bild auf der Gesellschafterversammlung zu machen. Dies war sicher die bessere Entscheidung, denn der anwesende Anwalt der für alle durch die SDK vertretenen Anleger vor Ort war, hat keine Initiative gezeigt den Geschäftsführer abzuwählen oder den damals neuen Geschäftsführer zu Vorgängen befragt.