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Harvard-Forscher über Religion Glaube kann sich lohnen - finanziell

Die Wissenschaftler Robert J. Barro und Rachel M. McCleary haben den ökonomischen Nutzen von Religion erforscht. Was sind die Erfolgsfaktoren?
Ein Interview von Alexander Preker
Trinitatis-Kirche in Kopenhagen: Werte wie harte Arbeit, Disziplin, Sparsamkeit und Ehrlichkeit tragen zum Wirtschaftswachstum bei.

Trinitatis-Kirche in Kopenhagen: Werte wie harte Arbeit, Disziplin, Sparsamkeit und Ehrlichkeit tragen zum Wirtschaftswachstum bei.

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Bildagentur-online/De Simone/AGF/ picture alliance / Bildagentur-online/De Simone/AGF

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Als Makroökonom analysiert Robert J. Barro etwa Entwicklungen an den Finanzmärkten - und liefert dafür häufig rationale Erklärungen. Den metaphysischen Kern von Religionen können der 75-jährige Wirtschaftswissenschaftler und die 66-jährige Moralphilosophin Rachel M. McCleary mit diesen Ansätzen nicht durchdringen. Die beiden Harvard-Forscher können so aber den Zusammenhang von Ökonomie und Religion zeigen.

Und die wirtschaftlichen Wirkungen von Religion sind erstaunlich oft wohlkalkuliert, wie das Ehepaar in seinem Buch "The Wealth of Religions" zeigt. Der Titel erinnert an Adam Smith’ "The Wealth of Nations". Für ihr Forschungsfeld ziehen die beiden ebenfalls sehr grundlegende Schlüsse.

Zu den Personen
Foto: privat

Rachel McCleary, Jahrgang 1953, ist Wirtschaftsphilosophin, Politologin und Dozentin im Fachbereich für Wirtschaftswissenschaften an der Harvard University . Sie forscht seit Längerem interdisziplinär zur Ökonomie der Religionen, aktuell beschäftigt sie sich mit der Rolle des Gewissens, unter anderem im Staatsgefüge und der Politik in den USA.

Robert J. Barro, Jahrgang 1944, zählt zu den weltweit einflussreichsten Makroökonomen seit den Siebzigerjahren. Der US-Amerikaner forscht zu Geldpolitik und Finanzmärkten und gilt als Vertreter der Theorie der Rationalen Erwartungen. Er ist Inhaber der Paul-M.-Warburg-Professur an der Harvard University .

Ihre zentrale Erkenntnis: Zwischen dem Glauben an die Hölle und dem wirtschaftlichen Erfolg gibt es einen Zusammenhang. Um das nachzuweisen, haben sie Daten zur religiösen Einstellung und Praxis wie etwa dem Kirchgang oder zur Häufigkeit des Betens an jene zur wirtschaftlichen Entwicklung angelegt. Dafür bedienen sie sich umfassender Datensets wie des World Values Survey  oder des International Social Survey Programme .

Ein Autor der "Financial Times " warf ihnen dennoch vor, in ihrer Arbeit zu viele weitere Faktoren für ökonomischen Fortschritt zu vernachlässigen. Es handle sich bei dem Zusammenhang lediglich um eine Korrelation, nicht um Ursache und Wirkung. Im Interview erklären die beiden Wissenschaftler, warum die Gretchenfrage dennoch entscheidend sein kann für die Ökonomie – und warum China ein komplizierter Fall ist.

SPIEGEL: Wie wichtig ist der Glaube für Wohlstand?

Barro: Er kann sehr wichtig sein. Allerdings muss beispielsweise die für Riten aufgewandte Zeit berücksichtigt werden.

SPIEGEL: Also widersprechen Sie Max Weber, der argumentierte, dass starkes wirtschaftliches Wachstum mit Säkularisierung einhergehe?

Barro: Weber ging zum Ende des 19. Jahrhunderts tatsächlich nicht mehr davon aus, dass Religion noch eine wichtige Rolle für wirtschaftliche Entwicklung spielt. Er schrieb, je reicher eine Volkswirtschaft sei, desto weniger religiös sei sie. Doch das heißt nicht, dass Religion verschwunden wäre. Er argumentiert nämlich auch, dass der Protestantismus zum wirtschaftlichen Fortschritt beitrug, indem seine Arbeitsethik die industrielle Revolution erleichterte. Rachel und ich haben ihn also vermutlich ernster genommen, als er selbst es tat.

SPIEGEL: Zahlreichen Ländern geht es heute aber trotz Säkularisierung wirtschaftlich gut. Schauen Sie nur nach Deutschland.

Barro: Wir sehen dieses Muster von Säkularisierung vor allem in Westeuropa - und die Menschen schließen davon auf andere Regionen. Doch weltweit gesehen verbreiten sich etwa evangelikale Strömungen des Protestantismus oder der Islam. Der Protestantismus durch Missionierung wie in den USA, der Islam durch die demografische Entwicklung in der arabischen Welt. Und auch wenn in Westeuropa kaum noch jemand in die Kirche geht, hat Religion dort immer noch einen großen Rückhalt.

SPIEGEL: Deshalb unterscheiden Sie auch zwischen dem religiösen Glauben (believing) und der Zugehörigkeit zu einer Gemeinde (belonging).

Barro: Ich denke, das ist wichtig. Nicht überall fallen beide Dinge wie in den USA auch zusammen. In Europa ist das am ehesten noch in Polen und Irland der Fall.

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