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Hermann-Josef Tenhagen

Illegale Kosten So behalten Sie mehr Geld bei Ihrem Riester-Banksparplan

Hermann-Josef Tenhagen
Eine Kolumne von Hermann-Josef Tenhagen
Bei der Auszahlung von Riester-Banksparplänen werden oft hohe Kosten fällig. Eine Anleitung, wie Sie das vermeiden. Oder sich dagegen wehren.
Älteres Paar: Rechnen Sie damit, dass Sparkassen und Banken mauern

Älteres Paar: Rechnen Sie damit, dass Sparkassen und Banken mauern

Foto: Frank Hoermann / Sven Simon / picture alliance

In den vergangenen 20 Jahren haben 800.000 Kunden sogenannte Riester-Banksparpläne abgeschlossen, um so fürs Alter vorzusorgen. Die Banksparpläne waren auch bei Verbraucherschützern populär, weil man sehen konnte, dass Volksbanken und Sparkassen – anders als Versicherer und Fondsgesellschaften – bei guten Verträgen nicht zu viele Kosten abzogen. Außerdem beteiligten sie ihre Kunden und Kundinnen vertraglich fair an den Zinsgewinnen. Auch wir bei »Finanztip« haben solche Banksparpläne noch bis 2016 empfohlen.

Klar war schon damals: In der Rente oder Auszahlphase würden diese Kunden auch eine Versicherung abschließen müssen. Das Versicherungsangebot war zwingender Bestandteil eines jeden Riester-Vertrages. Übrigens auch, wenn Sparer und Sparerinnen einen Riester-Fondssparplan abgeschlossen haben. Die Logik des Staates dafür: Die geförderte Altersvorsorge Riester sollte in jedem Fall lebenslänglich reichen und das gehe nur mit einer Rentenversicherung, die ab dem Alter von 85 Jahren die monatliche Auszahlung übernimmt .

Damals gab es noch die Hoffnung, dass all die Babyboomer, wenn sie in Rente gehen, nicht allein auf das Angebot ihrer Bank oder Fondsgesellschaft angewiesen sein würden. Es sollte in Zukunft eine große Konkurrenz um die schönen Sparvermögen geben, so damals der Gedanke. Und damit preiswertere Angebote.

Keine günstigen Rentenangebote

Pustekuchen. Inzwischen gehen Zigtausende Riester-Sparer und -Sparerinnen in Rente. Mehr als eine Million  von ihnen gibt es bereits, nicht aber eine echte Konkurrenz um ihre Altersvorsorgegelder. Und deswegen blieben auch die günstigeren Versicherungslösungen für Kunden aus. Kunden sind aktuell auf das Angebot ihrer Sparkassen und Banken angewiesen. Mehr noch: Die Institute versuchen jetzt gemeinsam mit Versicherungsunternehmen der Sparkassengruppe und auch der Volksbanken, noch einmal ordentlich an ihren Riester-Kunden zu verdienen.

Auch Riester-Sparer, die mit einem Banksparplan oder Fondssparplan fürs Alter vorgesorgt haben, müssen für die Auszahlphase solche Versicherungsverträge abschließen. Wird ein solcher Versicherungsvertrag abgeschlossen, berechnen die Versicherer Abschluss- oder Verwaltungskosten, Verwahrkosten für die Zeit bis zur Rente und dann noch Kosten während des Rentenbezugs.

Das alles wird vom Sparvermögen des Kunden abgezogen, das die Banken und Fondsgesellschaften dem Versicherer überantworten. Die Kosten belaufen sich oftmals auf mehr als 1000 Euro.

Bundesgerichtshof hilft Riester-Sparern

Das ist eigentlich nicht einzusehen. Tatsächlich haben Bankkunden mithilfe der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eine Sparkasse erfolgreich verklagt, die dieses Geschäft betrieben hat. Die Abschluss- und Vermittlungskosten sind illegal, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) schon im November vergangenen Jahres. Nicht etwa, weil die Kosten unverschämt sind. Vielmehr geht es um Intransparenz. Laut BGH ist die Klausel unwirksam, dass bei der Vereinbarung einer Rente »dem Sparer ggfs. Abschluss- und/oder Vermittlungskosten belastet« werden, weil dem Verbraucher die Höhe dieser Kosten nicht klar wird (BGH, Az. XI ZR 290/22 ).

Niels Nauhauser, der für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg die Klage gegen die Sparkasse Günzburg-Krumbach betreut hatte, geht davon aus: Auch solche Kosten, die Fondsgesellschaften ihren Kunden für die Versicherungslösung abziehen, dürften illegal sein. »Die Klauseln sind im Wortlaut nicht identisch, aber wenn sie die konkrete Höhe der Kosten weder beziffern noch eingrenzen, dürften sie ebenfalls rechtswidrig sein«, erklärte Nauhauser gegenüber der Stiftung Warentest .

Banken und Fondsgesellschaften haben also womöglich ein Problem. Ihre ursprünglichen Angebote enthalten oft eine Kostenklausel, die unwirksam ist. Diese Kosten dürfen so nicht kassiert werden. Deswegen versuchen die Anbieter den Kunden jetzt neue Verträge mit neuen wirksamen Kostenklauseln für die Auszahlphase zu verkaufen. Die waren von den Kunden erst recht nicht vorauszusehen. Deswegen klagt die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg auch dagegen, derzeit am Landgericht Hechingen. Im Fokus steht das Vorgehen der Sparkasse Pfullendorf-Messkirch , auf das man sich in der »Finanztip«-Community ebenfalls eingeschossen hat .

So wehren Sie sich

Eine gute Nachricht für Sparer und Sparerinnen gibt es jetzt schon: Sie können sich wehren, wenn Sie einen solchen Vertrag haben. Und Ihre Bank oder Fondsgesellschaft versucht, Ihr sauer Erspartes besonders gewinnbringend an den hauseigenen Versicherer weiterzuschieben. Als Hilfe können Sie etwa das Musterschreiben aus dem »Finanztip«-Ratgeber zu Riester-Banksparplänen  nutzen.

Folgende Punkte sollten Sparer und Sparerinnen dabei beachten:

  • Die Bank oder Versicherung darf die genannten Gebühren nicht erheben, wenn sie nicht explizit und nachrechenbar in Ihrem Riester-Vertrag stehen. Das ist bei den alten Gebührenklauseln der Riester-Banksparpläne der Sparkassen nicht der Fall.

  • Auch die alten Gebührenklauseln, die Volks- und Raiffeisenbanken mit ihren Bank-Sparverträgen erheben, sind vermutlich nicht vollständig gedeckt. So haben das auch die Ombudsleute der Volks- und Raiffeisenbanken wiederholt gesehen und eine teilweise Rückabwicklung verlangt .

  • Das Gleiche gilt für Klauseln bei Riester-Bausparverträgen. Auch hier sollten keine unbestimmten Kosten für die Versicherungslösung im Alter abgezogen werden. Wenn das allerdings schon passiert ist, sollten die Kosten zurücküberwiesen werden. Mehrere Bausparkassen haben mich diese Woche darauf verwiesen, dass die Rente ja nicht ihre Lösung sei und die Kosten auch nur von dem Versicherer erhoben würden. Detaillierte Aussagen zu den Rentenkosten aber haben sie vermieden.

  • Wenn Sie vor November 2023 den Versicherungsvertrag für die Auszahlphase schon unterschrieben haben, der solche Gebühren vorsieht, sollten Sie verlangen, dass dieses Geld wieder auf Ihr Konto für Ihre Rente eingezahlt wird. Im Zweifel mit Zins- und Zinseszins.

  • Wenn Sie damals einen Riester-Fondssparplan bei Union Investment (Volksbanken), der Deka (Sparkassen) oder DWS (Deutsche Bank) unterschieben haben, ist auch dort eine Versicherungslösung ab 85 Jahren vorgesehen. Dafür werden bei Deka und Union nach unterschiedlichen Modellen beträchtliche Kosten abgezogen: einmal für den Abschluss; dann für die Verwaltung; dann während Ihr Geld darauf wartet, Ihnen als Rente ausgezahlt zu werden – und auch noch jährlich, wenn Sie die Rente schließlich beziehen. Das bestätigten mir die Fondsgesellschaften diese Woche. Möglicherweise sind auch diese Kosten nicht vollständig vom Gesetz gedeckt und sollten dann zugunsten Ihres Sparvermögens erstattet werden.

Rechnen Sie aber damit, dass Sparkassen und Banken mauern. Und damit, dass Sie (neue) Verträge mit erheblichen Kosten zur Unterschrift vorgelegt bekommen. Auch gegen die werden die Verbraucherzentralen voraussichtlich klagen. Sie sollten, wenn möglich, abwarten. Steht die Auszahlung unmittelbar bevor, sollten Sie nur unter Vorbehalt unterschreiben. Denn solche Verträge mit diesen Kosten waren für die Riester-Sparer und Sparerinnen nicht vorhersehbar.

Geld ohne neue Kostenfalle

Sie können natürlich auch versuchen, dieser Kostenfalle komplett zu entgehen und Ihr Riester-Erspartes anders nützlich einzusetzen. Dann sollten Sie Folgendes beherzigen:

  • Wenn Sie recht wenig Geld in Ihrem Riester-Vertrag angespart haben, wird Ihnen die Bank, Fondsgesellschaft oder Bausparkasse – ebenso die Versicherung – anbieten, die Summe auf einen Schlag auszuzahlen. Die Anbieter sprechen dann von einer Kleinstbetragsrente. Die Grenze liegt aktuell etwa bei 10.000 Euro. Machen Sie das. Aber verlegen Sie die Auszahlung zeitlich nach hinten, sodass in einem Jahr ausgezahlt wird, in dem Sie keine Gehaltseinkünfte mehr haben, sondern nur noch Rente. Im Zweifel können Sie die Auszahlung bis zum 1.1. nach Ihrem 67. Geburtstag herausschieben. Dann müssen Sie weniger Steuern berappen .

  • Die gleiche Strategie sollten Sie verfolgen, wenn Sie sich einen Teil Ihres Riester-Vermögens auf einen Schlag auszahlen lassen. 30 Prozent Auszahlung zu Rentenbeginn sind erlaubt, auch hier sollten Sie die Auszahlung und den Start der Rente aus Steuergründen nach hinten schieben.

  • Sie haben eine selbst genutzte Immobilie oder wollen in eine Genossenschaftswohnung ziehen? Dann können Sie Ihren Riester-Vertrag jederzeit bis zum Renteneintritt in einen Wohnriester-Vertrag umwandeln und das Geld für eine Rate Ihrer Baufinanzierung, eine neue Heizung, die energetische Sanierung Ihrer Immobilie oder auch für Pflichtanteile in einer Wohnungsgenossenschaft einsetzen .

Dann arbeitet Ihr komplett erspartes Geld schon jetzt für Sie – und nicht erst, wenn Sie über 90 Jahre alt sind.

Viel Erfolg.

Hermann-Josef Tenhagen