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Russlands Krieg gegen die Ukraine Grünenpolitiker bemängelt »sehr geringe Zahl« Leopard-Panzer im Kampfeinsatz

Nur wenige der gelieferten Kampfpanzer können noch von der Ukraine eingesetzt werden, sagt der Grünenabgeordnete Sebastian Schäfer nach einem Werkstattbesuch in Litauen. Und: Teile Kiews nach Raketenangriff ohne Strom. Der Überblick.
Ukrainische Soldaten mit einem Panzer vom Typ Leopard 1A5 (im November 2023)

Ukrainische Soldaten mit einem Panzer vom Typ Leopard 1A5 (im November 2023)

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Anatolii Stepanov / AFP

Von den aus Deutschland gelieferten modernen Kampfpanzern Leopard 2A6 sind nach Einschätzungen des Grünenhaushälters Sebastian Schäfer nur noch sehr wenige in der Ukraine im Einsatz. Schäfer fordert deshalb schnellere Schritte, um die Panzer wieder einsatzbereit zu machen. Der Fachmann für den Verteidigungsetat schrieb zum Jahreswechsel an die beteiligten Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann: »Leider ist festzustellen, dass nur noch eine sehr geringe Zahl der gelieferten Kampfpanzer von der Ukraine eingesetzt werden kann.« Die Reparatur dauere sehr lange, da es nach Auskunft der Reparaturwerkstatt der Industrie in Litauen an geeigneten Ersatzteilen mangele.

Schäfer hatte gemeinsam mit Verteidigungsminister Boris Pistorius vor Weihnachten die Werkstatt in Litauen besucht. Es gebe »dringende Handlungsnotwendigkeiten«, um die Ersatzteillage schnell zu verbessern, heißt es nun in seinen Schreiben, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Zudem hätten Reparaturversuche durch die ukrainische Armee zu weiteren Schäden an den Panzern geführt. Es sei zu prüfen, inwiefern dies durch eine bessere Schulung der Mechaniker oder durch die Bereitstellung von Anleitungen verhindert werden könne oder ob gleich eine Instandsetzung in der Ukraine möglich sei.

Die Bundesregierung hatte der Ukraine im März 2023 nach langem Zögern insgesamt 18 Leopard-2-Panzer aus dem Bestand der Bundeswehr übergeben. Die Lieferung ist Teil der Hilfe gegen den russischen Angriff. An den Fahrzeugen gibt es nun offenbar Gefechtsschäden sowie teils erheblichen technischen Verschleiß durch den Fahr- und Schießbetrieb.

Selenskyj warnt den Westen davor, Schwäche zu zeigen

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warnte den Westen unterdessen davor, Schwäche vor Russland zu zeigen. Sollte die Ukraine den Krieg gegen Russland verlieren, werde Kremlchef Wladimir Putin den Krieg näher an den Westen herantragen. »Putin erkennt Schwäche wie ein Tier, denn er ist ein Tier«, sagte Selenskyj in einem am Neujahrstag veröffentlichten Interview des britischen Magazins »The Economist«. Wenn er Blut wittere, werde Putin stark. »Und er wird auch alle zum Abendessen fressen samt eurer EU, Nato, Freiheit und Demokratie.«

Selenskyj sehe aktuell keinen gangbaren Weg zu einem Frieden. Er selbst erkenne auf russischer Seite »keine fundamentalen Schritte« dorthin. Stattdessen gebe es von russischer Seite nur ständige Luftangriffe. »Ich erkenne nur die Schritte eines terroristischen Staats.« Russland sende höchstens vermeintliche Friedenssignale aus, wenn die Arsenale leer geschossen seien. Doch nach einer Atempause gehe es wieder »mit aller Gewalt« weiter.

Die Kriegsziele der Ukraine für 2024 wollte Selenskyj nicht verraten, da im Vorjahr durch Leaks die Vorbereitungen zur Sommeroffensive der Ukraine verraten worden seien und die Vorbereitungen der Russen ermöglicht hätten. Allerdings werde daran gearbeitet, die militärischen Kapazitäten Russlands auf der Krim zu reduzieren. »Dies ist für uns extrem wichtig, da wir dadurch die Zahl der Angriffe aus dieser Region senken könnten«, sagte Selenskyj. Ein Großteil der Drohnen, mit denen die ukrainischen Städte angegriffen werden, starten von der Krim.

Um die Halbinsel von ihrer Versorgung abzuschneiden, benötige die Ukraine die deutschen Taurus-Marschflugkörper, sagte Selenskyj. Damit könnte etwa die Kertsch-Brücke angegriffen werden. »Russland muss wissen, dass dies für uns ein militärisches Ziel ist.« Bisher hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung der Taurus an Kiew abgelehnt.

Schwerer Raketenangriff auf Kiew

Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist am Dienstagmorgen Ziel eines schweren russischen Raketenangriffs geworden. Dabei habe Russland mehrere Hyperschallraketen des Typs Kinschal eingesetzt, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. In der Millionenstadt waren nach Berichten von Einwohnern laute Explosionen zu hören. In mehreren Stadtteilen gebe es Stromausfälle, schrieb Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram. Es seien Anlagen der zivilen Infrastruktur getroffen worden; eine Gasleitung sei beschädigt. Auch Probleme mit der Wasserversorgung wurden gemeldet. Es seien mindestens dreizehn Menschen verletzt worden, schrieb Klitschko.

Das russische Militär startete am Neujahrstag erneut eine Angriffswelle mit Kampfdrohnen und Raketen gegen ukrainische Städte, auch am Dienstag gab es wieder landesweit Luftalarm. Im Osten der Ukraine wurden Angriffe von Drohnen und Raketen gemeldet. Bei Sumy starben zwei Menschen beim Einschlag einer Drohne in ein Wohnhaus. In der gesamten Ukraine seien dabei 92 Menschen verletzt worden, schrieb Selenskyj auf seinem Telegram-Kanal.

Russland hatte in der Silvesternacht 90 sogenannte Kamikazedrohnen zu Zielen in der Ukraine gestartet. Die ukrainische Flugabwehr zerstörte nach eigenen Angaben 87 dieser Drohnen.

Kämpfe im Osten der Ukraine

Von den verschiedenen Frontabschnitten wurden am Neujahrstag heftige Kämpfe gemeldet. Allein im Osten des Landes seien 38 Angriffe russischer Truppen abgewehrt worden, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew am Abend mit. Der ukrainischen Raketenartillerie sei es gelungen, mehrere Aufmarschgebiete russischer Infanterie sowie Artilleriestellungen zu treffen. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Norwegen verkauft Waffen und Rüstungsgüter direkt an Kiew

Norwegen wird per Regierungsbeschluss ab sofort Waffen und Rüstungsgüter direkt an die Ukraine verkaufen. Das teilte die Regierung in Oslo am Montag auf ihrer Website mit. Nunmehr könnten norwegische Firmen entsprechende Exportgenehmigungen beantragen. Die Unterstützung der Ukraine in ihrem Kampf gegen die russische Aggression sei wichtig für die Sicherheit Norwegens und Europas, begründete Außenminister Espen Barth Eide die Entscheidung Oslos.

aka/dpa