Wieder extreme Unwetter erwartet

Ist das jetzt normal so? Wie der Klimawandel für mehr Starkregen sorgt

Ein Radfahrer und Autos fahren im Schritttempo durch die überfluteten Straßen von Potsdam.

Ein Radfahrer und Autos fahren im Schritttempo durch die überfluteten Straßen von Potsdam.

Wieder stehen Teile Deutschlands unter Wasser. Eine schwere Gewitterfront hat am Donnerstag für starke Regenfälle und Überflutungen, unter anderem in Hamburg, gesorgt. Straßen wurden überflutet und Keller, Geschäfte sowie Tiefgaragen liefen voll. Einen Tag zuvor hatten die Unwetter im Süden und Südwesten des Landes für Chaos gesorgt: Umgestürzte Bäume blockierten Bahnstrecken, es kam zu Blitzeinschlägen.

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Noch ist die Unwettergefahr nicht gebannt: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet am Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag mit einer Schwergewitterlage, die vom Südwesten und Westen bis zur Mitte Deutschlands reichen dürfte. Schwere Gewitter mit teils extrem heftigem Starkregen zwischen 40 und 80 Liter pro Quadratmeter innerhalb weniger Stunden und großer Hagel um drei Zentimeter seien dann möglich, warnt die Behörde.

Müssen wir uns an diese Unwetterlagen etwa gewöhnen? Sind kräftige Regenfälle und Überflutungen das neue Normal in Zeiten des Klimawandels?

Wann man von Starkregen spricht

Tatsächlich haben die Tage mit starken Niederschlägen in den vergangenen 70 Jahren in Deutschland leicht zugenommen. Das zeigen langfristige Analysen des DWDs. Besonders im Winter kommt es mittlerweile häufiger zu Starkregenereignissen. Im Sommer nimmt die Zahl der Regentage hingegen grundsätzlich ab, aber die Niederschlagsmenge an den verbleibenden Tagen nimmt zu.

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Als Starkregen werden Regenschauer bezeichnet, bei denen innerhalb kürzester Zeit besonders viel Niederschlagsmenge auftritt. Im Unterschied zu Dauerregen tritt der Starkregen meist lokal und punktuell auf. Eine feste Definition zu Starkregen gibt es nicht. Der DWD spricht Warnungen zu Starkregen in drei Stufen aus:

  • Markante Wetterwarnung: Regenmengen von 15 bis 25 l/m² in einer Stunde oder 20 bis 35 l/m² in sechs Stunden
  • Unwetterwarnung: Regenmengen von über 25 bis 40 l/m² in einer Stunde oder über 35 l/m² bis 60 l/m² in sechs Stunden
  • Warnung vor extremem Unwetter: Regenmengen von über 40 l/m² in einer Stunde oder über 60 l/m² in sechs Stunden

Starkregenereignisse werden intensiver

Der Blick auf die vergangenen Jahre zeigt: Gerade im Süden Deutschlands regnete es zuletzt stärker. Wie aus Daten des Gesamtverbands der Versicherers hervorgeht, kam es zwischen 2002 und 2021 zu knapp 6800 Starkregenereignissen in Bayern – der bundesweite Höchstwert –, in Hamburg hingegen nur zu 59. Es handelte sich dabei um Starkregen, der ein bis neun Stunden (mit Unterbrechungen) anhielt.

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Klimaprojektionen legen nahe, dass sich diese Tendenz fortsetzen wird. Das heißt: An Tagen mit Starkregen im Sommer wird voraussichtlich mehr Regen fallen. Auch die maximalen Niederschlagsmengen für Ein- und Fünf-Tages-Perioden dürften steigen. Zudem zeigen die Modelle laut DWD eine Tendenz zu häufigeren und intensiveren Starkregenereignissen in Zeiträumen unter 24 Stunden. Folglich kann es auch häufiger zu Überschwemmungen und Hochwasser kommen.

Zuletzt hatte es rundum die Pfingstfeiertage im Saarland und in Rheinland-Pfalz schwere Überflutungen gegeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass es dort zu derart starken Niederschlägen kommt, sei im Zuge des Klimawandels deutlich gestiegen, ergab jüngst eine Analyse des DWD. Statt wie einst im Mittel etwa alle 42 Jahre sei in der Region aktuell etwa alle 30 Jahre mit derartigen Niederschlägen zu rechnen. Bei einer global zwei Grad wärmeren Zukunft sei zu erwarten, dass sich vergleichbare Ereignisse in der Gegend im Mittel alle 23 bis 25 Jahre ereignen werden.

Atmosphäre kann mehr Feuchtigkeit aufnehmen

Doch wie hängt der Klimawandel mit den zunehmenden Starkregenereignissen zusammen?

Der Grund, warum es mehr und intensiver regnet, ist, dass sich die Erde erwärmt – durch Treibhausgase wie CO₂, die noch immer in großem Maß freigesetzt werden. „Pro ein Grad Celsius Temperaturerhöhung kann die Atmosphäre etwa 7 Prozent mehr Feuchtigkeit aufnehmen“, erklärte Sebastian Sippel vom Institut für Klima und Atmosphäre der ETH Zürich. „Diese durch Erwärmung zusätzliche Feuchte führt daher in der langfristigen Tendenz zu höheren Niederschlagsmengen, insbesondere bei Starkregen.“ Somit sei langfristig damit zu rechnen, dass Starkregenereignisse in den mittleren Breiten zunehmen werden.

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Mehr Regen in Nordeuropa, weniger im Süden

Nicht nur in Deutschland zeigt sich eine zunehmende Starkregengefahr. Das Ausmaß und die Intensität extremer Niederschläge hat seit den 1950er-Jahren grundsätzlich in Europa zugenommen. Insbesondere in Nordeuropa – also Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland – sei auf regionaler Ebene ein steigender Jahresniederschlag gemessen worden, erklärte die European Environment Agency (EEA). In Südeuropa nehme er hingegen eher ab.

Diese Entwicklung dürfte sich mit zunehmender globaler Erwärmung fortsetzen, wie die Projektionen zur Gesamtniederschlagsmenge der EEA nahelegen.

Diese Karte zeigt die Veränderungen der Jahresniederschlagsmenge im Zeitraum von 2041 bis 2070 im Fall des Klimaszenarios RCP8.5. Bei diesem Szenario beträgt der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 etwa 4,8 Grad Celsius im Vergleich mit dem vorindustriellen Zustand.

Diese Karte zeigt die Veränderungen der Jahresniederschlagsmenge im Zeitraum von 2041 bis 2070 im Fall des Klimaszenarios RCP8.5. Bei diesem Szenario beträgt der globale Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 etwa 4,8 Grad Celsius im Vergleich mit dem vorindustriellen Zustand.

„Die heute in Europa beobachteten intensivsten Niederschlagsereignisse werden sich den Projektionen zufolge bei jeder weiteren Erwärmung um ein Grad Celsius fast verdoppeln“, prognostiziert der Weltklimarat. Auch er erwartet regionale Unterschiede: Weniger Regen in Südeuropa, mehr Regen in Nordeuropa und den Alpenregionen. Für Mitteleuropa seien die Prognosen hingegen noch unklar.

Hochwassergefahr steigt

Global betrachtet dürfte vor allem auf Nordamerika, Europa und Asien mehr Starkregen zukommen. Generell würden starke Niederschläge bei zunehmender globaler Erwärmung häufiger und intensiver werden, so der Weltklimarat.

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Genauer sagen Klimamodellierungen voraus: Extreme Niederschläge, die heute alle 20 Jahre auftreten, nehmen bei einer Erderwärmung von zwei Grad um 22 Prozent zu. Extremereignisse, wie es sie sonst nur alle 100 Jahre gibt, nehmen sogar um 45 Prozent zu. Kommt es zu einer globalen Erwärmung von vier Grad, könnte sich die Häufigkeit von Zehn- und 50-jährigen Starkregenereignissen verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen.

Damit wird auch Hochwasser zu einer immer größer werdenden Gefahr. Zuletzt haben vor allem die Überschwemmungen in Brasilien und Kenia für internationales Aufsehen gesorgt. Südamerika und Afrika sind zwei der Kontinente, für die der Weltklimarat in Zukunft mehr Überflutungen erwartet. Auch in Süd- und Südostasien sowie Nordost-Eurasien könnte die Hochwassergefahr steigen. Die Schäden, die dann entstehen könnten, dürften alle bisherigen übertreffen.

Wir haben diesen Artikel am 28. Juni 2024 zuletzt aktualisiert.

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