Kolumne „Greenformation“

Warum stillstehende Windräder kein Zeichen für ein Scheitern der Energiewende sind

Blitze erhellen den Nachthimmel über einem Windenergiepark in Ostbrandenburg.

Blitze erhellen den Nachthimmel über einem Windenergiepark in Ostbrandenburg.

Einfache Fragen sind manchmal ganz besonders schwer zu beantworten. Wann immer man mit Menschen spricht, die beruflich nichts mit Energieerzeugung zu tun haben, kommt nach wenigen Minuten die Frage: Warum stehen Windräder so häufig still, obwohl es stürmt? Beweist das nicht das Scheitern dieser deutschen Energiewende?

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Unter Experten würde man jetzt weit ausholen und über den Zusammenhang zwischen Spotmarktpreisen an der Strombörse, Engpassmanagement und Redispatchmaßnahmen, EEG-Konto und Netzentgelte diskutieren. Das alles ist komplex und für Stromkunden, die nicht vom Fach sind, kaum verständlich.

Die einfachste Antwort auf die Frage ist jedoch simpel – und auf den ersten Blick paradox: Windräder drehen sich oft nicht, weil dieser Teil der Energiewende so gut vorankommt. In den ersten Monaten 2024 deckten die Erneuerbaren – allen voran die Windkraft – allein im Osten Deutschland rund drei Viertel des Strombedarfs. Vor zehn Jahren war es gerade einmal halb so viel.

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Schüttet man in eine halb volle Badewanne einen Eimer Wasser, dann steigt lediglich der Pegel. Schüttet man in eine bis an den Rand volle Badewanne einen Eimer Wasser, dann läuft die Badewanne über. So ähnlich ist es beim Wind- und zunehmend Solarstrom. Sie liefern bei durchschnittlichen Witterungsbedingungen so viel Strom, dass die Badewanne inzwischen gut gefüllt ist. Aber bei Starkwind mit Sonnenschein – und dann auch noch an verbrauchsschwachen Wochenenden – schwappt es immer häufiger über den Rand. Und das ist auf Dauer unwirtschaftlich und für die Gesellschaft teuer.

Der Ausbau der Stromnetze, der jetzt immer schneller vorankommt, führt zu einer gleichmäßigeren Verteilung der einzuspeisenden Strommengen. Aber die alleinige Lösung ist er nicht. In Zukunft ist es notwendig, den „überschwappenden“ Strom in Batterien zu speichern, daraus Wasserstoff herzustellen oder ihn in Wärmeenergie zum Beheizen von Gebäuden umzuwandeln.

Damit das funktioniert, ist der schnelle marktgetriebene Hochlauf dieser Technologien erforderlich – am besten ohne neue Subventionen. Solarspeicher und Großbatterien werden immer billiger, neue Technologien erlangen Marktreife. Das und die Zahl der Projekte machen Hoffnung, dass auch dieser Teil der Energiewende gelingt und dass sich in Zukunft die meisten Windräder auch dann drehen, wenn der Wind ordentlich bläst. Gebraucht wird der saubere Strom allemal.

Stefan Kapferer ist Chef des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz und war in seiner Karriere bereits Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sowie Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Er schreibt an dieser Stelle im wöchentlichen Wechsel mit anderen über den nachhaltigen Umbau der Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge der Kolumne finden Sie hier.

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