Viertagewoche rückt in den Hintergrund

7 Prozent mehr Geld: Wie sich die IG Metall für eine harte Tarifrunde warmläuft

Christiane Benner, erste Vorsitzende der IG Metall, informiert über die Forderungsempfehlung für die anstehende Tarifrunde.

Christiane Benner, erste Vorsitzende der IG Metall, informiert über die Forderungsempfehlung für die anstehende Tarifrunde.

Frankfurt am Main. Das Ergebnis ist eindeutig: „Meine gestiegenen Kosten ausgleichen.“ Das ist mit großem Abstand das Wichtigste, wenn Arbeitnehmer derzeit an mehr Geld denken. Dies geht aus einer Beschäftigtenbefragung der IG Metall hervor. Und daran orientiert der Vorstand der Gewerkschaft seine Forderung für die Tarifrunde im Herbst. 7 Prozent mehr Geld soll es geben – bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Für Auszubildende wird ein überproportionales Plus von pauschal 170 Euro pro Monat ins Spiel gebracht. Das Thema Viertagewoche spielt keine Rolle mehr.

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Die IGM-Chefin Christiane Benner betonte am Montagmittag nach einer Vorstandssitzung, ein Großteil der Bevölkerung sorge sich, den Lebensstandard nicht mehr halten zu können. Mehr Geld für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sei deshalb in den aktuell schwierigen Zeiten ein Beitrag zur Stabilisierung der Gesellschaft, sagte sie – auch mit Blick auf die Ergebnisse der Europawahlen.

Arbeitgeber wollen Nullrunde

In der breit angelegten Beschäftigtenbefragung haben sich 30 Prozent für einen Aufschlag von 6 bis 8 Prozent und sogar 34 Prozent für 8 Prozent und mehr ausgesprochen. Klar ist, dass eine harte Tarifrunde bevorsteht und dass es am Ende mit großer Wahrscheinlichkeit weniger als 7 Prozent werden. Benner hat denn auch klargemacht, dass die Metaller auf alles vorbereitet sind – auch auf unbefristete Streiks.

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Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall erläutert derweil, dass der Auftragseingang in den ersten drei Monaten um 2,4 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft sei. Die Auslastung der Betriebe geht zurück. Die Arbeitgeber im für die Metall- und Elektroindustrie enorm wichtigen Baden-Württemberg haben bereits deutlich gemacht, dass sie eine Nullrunde für angemessen halten.

Frank Wernecke, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, spricht.

Verdi-Chef: „Wir erleben keine schlechte Wirtschaftslage“

Nach vielen Jahren des Niedergangs haben Gewerkschaften zu einer neuen Stärke gefunden. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hat im Nahverkehr, an den Flughäfen und im Einzelhandel viel gestreikt, teils hohe Abschlüsse durchgesetzt und Mitglieder dazugewonnen. Verdi-Boss Frank Werneke spricht im RND-Interview über Überstunden, Mindestlohn – und darüber, ob er manchmal Neid auf Claus Weselsky verspürt.

Benner nannte diese Einlassungen „respektlos“ und „nicht besonders hilfreich“. Der Standort Deutschland werde derzeit von Arbeitgebern schlecht geredet. Vielen Betrieben gehe es besser, als „das Gejammer“ es vermuten lasse. Einer Erhebung der IG Metall zufolge verfügen die Unternehmen noch immer über dicke Auftragspolster, die sich in Monaten gerechnet deutlich über der Normalreichweite bewegen. Für nächstes Jahr sei zudem nach Prognosen der wichtigsten Wirtschaftsforschungsinstitute mit einer spürbaren Produktivitätssteigerung zu rechnen. Und die IG Metall macht auf den volkswirtschaftlichen Nutzen höherer Entgelte aufmerksam: Steigende Realeinkommen würden in diesem Jahr und 2025 das Wachstum treiben. In der Metall- und Elektroindustrie geht es um 3,9 Millionen Beschäftigte und die Schlüsselindustrien Fahrzeug- und Maschinenbau.

Dem IGM-Vorstand ist besonders wichtig, dass die unteren Einkommensgruppen in den Betrieben spürbar bessergestellt werden. Allerdings: Konkrete, mit Zahlen unterlegte Forderungen will die Gewerkschaft nicht nennen. Damit wolle man „Beinfreiheit“ behalten, so Benner. Wenn nun 300 bis 500 Euro genannt würden, drohe die Gefahr, dass Erwartungen enttäuscht werden.

„Attraktivitäts-Turbo“ für Azubis

Das 170-Euro-Plus bezeichnete die IG‑Metall-Chefin als „Attraktivitäts-Turbo“ für die duale Ausbildung. Benner: „So können sich Auszubildende auf ihre Ausbildung konzentrieren und müssen nicht nebenher jobben – so wie es im Moment jeder dritte Azubi machen muss.“

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Die noch vor einigen Monaten von der Gewerkschaft in den Fokus gerückte Einführung einer Viertagewoche steht erst mal nicht mehr auf der Agenda. Benner betonte: „In der Debatte war aufgrund des Preisdrucks klar, dass der Fokus in dieser Tarifrunde auf dem Thema Entgelt liegt. Die finanzielle Situation hat sich für viele dramatisch zugespitzt.“ Zudem habe sich herausgestellt, dass es sich in den Betrieben eher um das Thema von selbstbestimmten Arbeitszeiten dreht.

Deshalb will die IGM die Möglichkeiten für die Umwandlung von Geld in Zeitsouveränität ausweiten – bislang sind bis zu acht zusätzliche freie Tage für Beschäftigte möglich, die durch die Betreuung von Kindern oder Angehörigen besonders belastet sind. Tarifvorständin Nadine Boguslawski: „Die Ausweitung der bestehenden Wahloption auch hin zu einer Demokratie- und Ehrenamtszeit oder eine Verbesserung der bestehenden Regelungen wäre ein wertvoller Beitrag der Unternehmen, gesellschaftliches Engagement aktiv zu unterstützen.“ Die Empfehlung des Vorstandes wird nun in den regionalen Tarifkommissionen diskutiert. Anfang Juli will der Vorstand über die endgültige Forderung, die dann bundesweit gilt, entscheiden.

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