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Arbeitsrecht: Die 13 größten Irrtümer rund um den Urlaub

Wer seine Rechte kennt, hat bei der Urlaubsplanung deutliche Vorteile.

Wer seine Rechte kennt, hat bei der Urlaubsplanung deutliche Vorteile.

28 Urlaubstage haben Deutsche durchschnittlich im Jahr. Doch viele Menschen sind unsicher, wann sie diese freien Tage nehmen dürfen, ob sie sich bei Bedarf Tage auszahlen lassen können und was passiert, wenn sie im Urlaub krank werden. Schnell kippen kann die Stimmung im Büro auch, wenn zum Beispiel Anträge verschiedener Mitarbeitenden kollidieren.

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Ärger mit dem Chef ist dennoch vermeidbar – vor allem, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitehmer ihre Rechte kennen. Der reisereporter deckt die bekanntesten Irrtümer und Mythen rund um den Urlaub auf.

Mythos 1: „Resturlaub verfällt am 31. März des Folgejahres“

Nach dem Bundesurlaubsgesetz muss der bezahlte Urlaub in der Regel im laufenden Urlaubsjahr genommen werden. Aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Gründen können restliche Urlaubstage auch bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. Danach verfällt der nicht genommene Urlaub.

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Allerdings gelte hier eine Voraussetzung: Der Arbeitgeber sei dazu verpflichtet, das Personal über den Ablauf des Urlaubsanspruchs zu informieren. „Andernfalls verfällt er nicht“, erklärt Oberthür.

Aber: Laut einem Bericht des Fachportals „karriere.de“ braucht es einen guten arbeitsrechtlichen Grund, sich die Tage für das kommende Jahr aufzusparen. Die Covid-19-Pandemie habe beispielsweise nicht als solcher gegolten.

Mythos 2: „Resturlaub verjährt nach 3 Jahren“

Urlaub verjährt nicht automatisch nach drei Jahren. Das gilt, wenn Arbeitgeber ihre Beschäftigen nicht rechtzeitig auffordern, ihren Urlaub zu nehmen und sie vor einer drohenden Verjährung warnen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt im Dezember 2022 (9 AZR 266/20).

Sein Grundsatzurteil stärkt die Rechte vieler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland, die über offene Urlaubsansprüche streiten, die teilweise Jahre zurückliegen.

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Mythos 3: „Ich darf meinen Jahresurlaub nicht auf einmal nehmen“

Doch, rein rechtlich ist das erlaubt. Laut Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) haben Arbeitnehmer die freie Entscheidungsgewalt über den Zeitraum ihres Urlaubs. Wenn es also vier Wochen am Stück sind, gibt es eine rechtliche Grundlage dafür. „Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die Entscheidung zu akzeptieren“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeits- und Sozialrecht und Mitglied des Deutschen Anwaltvereins (DAV). „Die Ausnahme bilden betriebliche Gründe, die gegen den Urlaub sprechen.“

Denn nähmen zu viele Kollegen zeitgleich, beispielsweise im Herbst oder Winter, Urlaub, sei das Unternehmen nicht länger in der Lage dazu, ordnungsgemäß zu arbeiten. Kurzum: In diesem Fall habe der Arbeitgeber das Recht, einen Antrag abzulehnen. Wichtig sei dabei aber eine präzise Begründung.

Eine Frau arbeitet an ihrem Kalender.

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Mythos 4: „Der Arbeitgeber entscheidet über die Dauer des Urlaubs“

Auch bei dieser Annahme handelt es sich um einen Irrtum. Denn neben der Entscheidungsgewalt, die Arbeitnehmer in Bezug auf den Zeitraum ihres Urlaubs genießen, greift hier ein weiterer Paragraf des BUrlG.

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„Chefs sind dazu verpflichtet, mindestens zwei Wochen Urlaub am Stück zu gewähren“, sagt Oberthür. Auch hier bildeten betriebliche Gründe, die gegen die Abwesenheit eines Arbeitnehmers sprechen, die Ausnahme.

Mythos 5: „Die Firma darf meinen Urlaub abbrechen“

Den Experten zufolge ist auch diese Aussage falsch. Denn: Der Arbeitgeber habe nur im größten Notfall die Chance, Personal aus dem Urlaub zurückzuholen. Die Grundlage dafür sind laut Bundesarbeitsgericht „zwingende Notwendigkeiten, welche einen anderen Ausweg nicht zulassen“.

Heißt: Steht das Schicksal der Firma auf dem Spiel, ist der Abbruch einer Reise denkbar. Die Stornokosten trägt in diesem Fall der Arbeitgeber.

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Gut zu wissen: Die Bedingungen gelten auch umgekehrt. Wer sich also weigert, seinen Urlaub anzutreten, ist auf die Erlaubnis seines Chefs angewiesen. Ein Rückzieher funktioniert nur, wenn beide Parteien zustimmen.

Mythos 6: „Namensänderungen in den Reisedaten sind kostenfrei“

Wer seine persönlichen Daten bei einer Buchung eingibt, achtet am besten darauf, dass sie fehlerfrei sind. Denn für nachträgliche Änderungen, zum Beispiel wegen eines Tippfehlers, verlangen die Anbieter laut Tiana Preuschoff, Referentin für Verbraucherrecht bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen, in der Regel eine Bearbeitungspauschale. Und die kann – je nach gebuchtem Tarif – bis zu 120 Euro betragen.

Allen, denen es möglich ist abzusehen, dass ihr Name sich künftig ändert, rät die Expertin deshalb zu Taten: „Sie sollten sich über die Kosten einer Änderung informieren oder mit der Buchung warten, bis die Änderung vorgenommen wurde.“

Immerhin: Bei einigen Anbietern gibt es Ausnahmen. Oft ist es beispielsweise möglich, die Reisedaten innerhalb von 24 Stunden kostenfrei anzupassen. Und auch bei frisch vermählten Paaren drücken viele ein Auge zu, wenn sie sowohl ihre Personalausweise als auch die Heiratsurkunde vorzeigen. Ähnlich verhält es sich mit Änderungen durch Scheidungen: In diesem Fall ist die Scheidungsurkunde vonnöten.

Mythos 7: „Wenn ich den Arbeitgeber wechsle, bekomme ich neuen Jahresurlaub“

Auch bei dieser Aussage handelt es sich um einen Irrtum: Das BUrlG schließt doppelte Urlaubsansprüche aus. Abhilfe schafft laut Oberthür eine Auflistung der bereits genutzten Urlaubstage. „Sie fallen beim neuen Arbeitgeber zwar weg“, sagt sie. „Doch es ist zum Beispiel möglich, dass er nicht 28, sondern 30 Tage gewährt.“ Heißt: Bei einem Wechsel genössen potenzielle Urlauber das Recht, das beim neuen Arbeitgeber gilt. Somit sei auch die Bereitstellung von zusätzlichem Urlaubsanspruch denkbar.

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Das bedeutet im Gegenzug auch, dass alle, die beim alten Arbeitgeber mehr Urlaub nahmen, als ihnen nach einem Wechsel zusteht, Glück haben. Denn ein neues Unternehmen ist laut „karriere.de“ nicht dazu befugt, die Tage vom Arbeitnehmer zurückzufordern.

Besondere Konditionen gelten, wenn der Urlaubsanspruch vor einer Kündigung übrig bleibt, weil das Ende des Arbeitsverhältnisses droht. In diesem Fall sieht das Gesetz einen Ausgleich, beispielsweise in Form von Geld, vor.

Gut zu wissen: Grundsätzlich steht jedem Mitarbeitenden eines Unternehmens, also auch Praktikanten oder Mini-Jobbern, Urlaub zu. Bei einer Sechs-Tage-Woche geht das BUrlG von 24 Tagen jährlich aus. Wer wöchentlich fünf Tage arbeitet, hat demnach Anspruch auf 20 Tage Urlaub im Jahr.

Mythos 8: „Wer in der Probezeit ist, hat kein Recht auf Urlaub“

Dieser Irrtum hält sich schon seit langer Zeit. Es ist gewiss richtig, dass der „volle Urlaubsanspruch“ für Angestellte dem Gesetz zufolge erst nach einem halben Jahr gilt. Doch bis zu diesem Zeitpunkt haben sie das Recht auf einen Anteil. „Er beträgt für jeden vollen Kalendermonat ein Zwölftel des Jahresurlaubs“, erklärt Oberthür. Somit mögen freie Tage in der Probezeit beim Arbeitgeber zwar nicht gut ankommen. Erlaubt sind sie aber allemal.

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Mythos 9: „Der Arbeitgeber zahlt unverbrauchte Urlaubstage grundsätzlich aus“

Dieser Mythos entspricht nur teilweise der Wahrheit. Denn eigentlich dient der Jahresurlaub, der Arbeitnehmern zusteht, der eigenen Erholung. Deshalb ist es Oberthür nach möglich, dass Arbeitgeber für den „Zusatzurlaub“ – also die Tage, die über den im Gesetz verankerten Urlaubsanspruch hinausgehen – vertragliche Regeln festlegen. Heißt: In diesem Fall ist es denkbar, dass sie auf freie Zeit für ihr Personal bestehen.

„Andernfalls sind Chefs laut Recht zu einer Auszahlung verpflichtet“, bestätigt die Fachanwältin. Gleiches gilt für den Fall, dass ein Arbeitnehmer stirbt: Auch dann ist eine Auszahlung des überschüssigen Urlaubs möglich. Das Geld steht den Erben zu.

Mythos 10: „Als Führungskraft muss ich im Urlaub erreichbar sein“

Auch diese Annahme ist Oberthür zufolge falsch. Wer Diensthandy und -laptop zu Hause lässt, ist in der Theorie also rechtlich abgesichert. Schließlich ist der Grundgedanke eines Urlaubs noch immer, dass sich Menschen von ihrem Alltag erholen – und das gilt ebenso für Arbeitnehmer, die sich in einer Führungsposition befinden. Dabei handelt es sich um das sogenannten Recht auf Nichtereichbarkeit im Urlaub.

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Aber: Dass Chefs diese gesetzliche Grundlage in der Praxis missachten, ist keine Seltenheit. Das räumt auch Arbeitsrechtler Sebastian Schröder gegenüber dem Fachportal „karriere.de“ ein: „Für das berufliche Fortkommen eines Managers ist es nicht gerade förderlich, wenn er wochenlang nicht ans Telefon geht.“

Mythos 11: „Bei langer Krankheit verfällt der Urlaub“

Jein. Grundsätzlich gilt: Urlaub verfällt bei langwieriger Krankheit 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Aber auch hier hat das aktuelle Urteil des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt (siehe Irrtum 2) die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gestärkt.

Demnach muss der Arbeitgeber lange krank geschriebene Beschäftigte auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinweisen. Kommt das Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, verfällt der Resturlaub eines Urlaubsjahres bei Krankheit oder Erwerbsminderung des Beschäftigten nicht.

Die betreffenden zwei Fälle hatte das Arbeitsgericht vor seiner anstehenden Entscheidung auch dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt. Er sollte prüfen, ob europäisches Recht eine Verjährung des Urlaubsanspruchs gestatte, „wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht durch entsprechende Aufforderung und Hinweise tatsächlich in die Lage versetzt habe, seinen Urlaubsanspruch auszuüben“. Die Antwort war: Nein. Allerdings entschied der EuGH im September 2022 nicht, wie oft und wann ein Arbeitgeber informieren muss.

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Zwei Frauen aus NRW hatten sich bis in die höchsten Gerichtsinstanzen in Deutschland und Europa geklagt. Es ging unter anderem um 101 offene Urlaubstage aus mehreren Jahren sowie 14 Tage Resturlaub nach langwieriger Krankheit.

Mythos 12: „Ich habe einen Anspruch auf Urlaubsgeld“

Urlaub macht besonderen Spaß, wenn der Arbeitgeber die Reisekasse mit einer Finanzspritze aufbessert. Einen allgemeinen Anspruch auf Urlaubsgeld gibt es in Deutschland aber nicht, so der Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte (VDAA). Vielmehr handelt es sich um eine freiwillige Sonderzahlung des Arbeitgebers, die er zusätzlich zum regulären Gehalt zahlt, um einen Urlaub zu ermöglichen.

Anspruch haben Beschäftigte nur dann, wenn es entsprechende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag gibt. Außerdem gibt es den Sonderfall der sogenannten betrieblichen Übung. Zahlt der Arbeitgeber mindestens über drei Jahre hinweg wiederholt und vorbehaltlos Urlaubsgeld, ist er auch in der Zukunft dazu verpflichtet.

Mythos 13: „Wenn ich im Urlaub krank werde, verfallen die Tage“

Das Phänomen ist bekannt: Kaum hast du Urlaub, liegst du flach. Die gute Nachricht: Werden Beschäftigte im Urlaub krank, bekommen sie die Urlaubstage wieder gutgeschrieben, so der Bund-Verlag. Die Urlaubstage gelten dann als nicht genommen. Voraussetzung ist aber, dass eine Erkrankung vorliegt, die zur Arbeitsunfähigkeit führt. Zusätzlich brauchen Beschäftigte einen ärztlichen Nachweis, also ein Attest.

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Im Umkehrschluss bedeutet das: Nicht jede Krankheit muss zu einer Arbeitsunfähigkeit führen. Laut Bund-Verlag kommt es darauf an, ob Beschäftigte daran gehindert gewesen wären, ihren konkreten Tätigkeiten nachzukommen. Beispiel: Verletzt sich ein Beschäftigter im Urlaub den kleinen Finger, muss aber beruflich keinerlei manuelle Tätigkeiten oder Schreibarbeiten leisten, kann es sein, dass die Erkrankung gar nicht zur Arbeitsunfähigkeit führt.

Was müssen Reisende aktuell wissen? Alle wichtigen News für den Urlaub findest du beim reisereporter.

Mit dpa-Material

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