Die wichtigsten Fragen und Antworten

Was man vor der Wahl im Iran wissen muss

Eine Anhängerin von Masoud Pezeshkian, ein Kandidat für die iranische Präsidentschaftswahl.

Eine Anhängerin von Masoud Pezeshkian, ein Kandidat für die iranische Präsidentschaftswahl.

Berlin. Knapp sechs Wochen nach dem tödlichen Hubschrauber­absturz des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi wird am Freitag, 28. Juni ein Nachfolger gewählt – innerhalb der von der Verfassung vorgeschriebenen Frist von 50 Tagen. Zwar ist der wahre Machthaber im Iran der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei (85), auch der Präsident hat aber einen gewissen Einfluss. Denkbar ist zudem, dass der nächste Präsident Chameinei in dessen Amt nachfolgt. Sechs Kandidaten sind zur Wahl zugelassen, vier davon treten an – nicht alle davon sind Hardliner.

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Was wird im Iran gewählt?

Bei der Wahl wird ein neuer Präsident bestimmt, der das zweithöchste Amt im Staat bekleidet – nach dem Obersten Führer. Er wird für vier Jahre gewählt, seine Amtszeit ist auf zwei Legislatur­perioden begrenzt. 80 Kandidaten hatten sich für die Nachfolge des Hardliners Raisi beworben, darunter mehrere Frauen. Der Wächterrat – ein Gremium von sechs Geistlichen und sechs Juristen – hat sechs Männer zur Wahl zugelassen.

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Wer sind die Kandidaten?

Alle vier Kandidaten sind systemtreu und konservativ, Letzteres aber in unterschiedlicher Ausprägung. Unter den Bewerbern sind Said Dschalili, früherer Chef­unterhändler bei den Atom­verhandlungen, der amtierende Parlaments­präsident Mohammed Bagher Ghalibaf und der Geistliche Mostafa Purmohammadi. Hinzu kommt der einzige moderate Heraus­forderer, der Parlaments­abgeordnete und frühere Gesundheits­minister Massud Peseschkian. Er hat im Wahlkampf unter anderem Kritik an der Kopftuch­politik geübt.

Vizepräsident und Hardliner Amir-Hossein Ghasisadeh Haschemi zog am Donnerstag kurz vor der Präsidentschaftswahl seine Kandidatur zurück. Wenig später verkündete auch der amtierende Bürgermeister der Hauptstadt Teheran, Aliresa Sakani, nicht antreten zu wollen. Beide Politiker begründeten den Schritt damit, die verbliebenen konservativen Bewerber zu stärken.

Trauernde verabschieden sich von Irans Präsident Raisi

Die Islamische Republik hat nach dem Hubschrauber­absturz, bei dem Präsident Raisi, Außenminister Amirabdollahian und sechs weitere Menschen ums Leben kamen, erneut die Wahl.

Wie sind die Chancen der Bewerber?

In einer von der Nachrichten­agentur dpa verbreiteten Umfrage des iranischen Instituts ISPA galt Dschalili als Favorit, gefolgt von Peseschkian und Ghalibaf. Allerdings waren demnach zum Zeitpunkt der Befragung noch 30 Prozent unentschieden. Laut ISPA könnte die Wahl­beteiligung bei etwa 50 Prozent liegen. Dem Regime ist eine hohe Beteiligung wichtig, um der Wahl Legitimität zu verleihen. Beobachter mutmaßen, dass ein moderater Kandidat wie Peseschkian womöglich auch deswegen zugelassen wurde. Bei der Parlamentswahl im März war die Beteiligung auf ein Rekordtief von gut 40 Prozent gefallen. Chamenei rief nun zu einer „maximalen“ Beteiligung bei der Präsidentenwahl auf, um „den Feind zu überwinden“.

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Wer darf wählen?

Wahlberechtigt sind alle Iranerinnen und Iraner ab 18 Jahren, also rund 61 Millionen der etwa 87 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner.

Wann ist ein Sieger bekannt?

Ergebnisse dürften spätestens am Sonntag bekannt sein. Wenn allerdings keiner der Kandidaten eine absolute Mehrheit erzielt, kommt es am ersten Freitag nach Bekanntgabe der Wahl­ergebnisse zur Stichwahl. Das dürfte dann am 5. Juli der Fall sein.

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Sind die Wahlen frei und fair?

Nein. „Das Wahlsystem im Iran entspricht nicht den internationalen demokratischen Standards“, urteilt die Nicht­regierungs­organisation Freedom House. Der Wächterrat lehne in der Regel Kandidaten ab, die dem klerikalen Establishment gegenüber nicht als völlig loyal erachtet werden. „Infolgedessen haben die iranischen Wähler nur eine sehr begrenzte Auswahl an Kandidaten.“ Insgesamt stuft Freedom House den Iran als „nicht frei“ ein.

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Was sind die wichtigsten Themen?

Zu den wichtigsten Themen zählen die Wirtschafts­krise, die durch die westlichen Sanktionen angeheizt wird, sowie die Rechte von Frauen und Minderheiten. Beschäftigen werden den künftigen Präsidenten auch die eskalierenden Konflikte in der Region und die Spannungen mit dem Westen.

Israel, Hisbollah, Iran: In fünf Schritten zur nuklearen Weltkrise

Im Norden Israels droht ein zweiter Krieg, größer und blutiger als in Gaza. Die Hisbollah rüstet dafür seit Jahrzehnten auf. In Sicherheits­kreisen kursieren beklemmende Szenarien: Was, wenn die Hisbollah gemeinsam mit einem atomar bewaffneten Iran zu einem vernichtenden Schlag ausholt? Eine Analyse von RND-Chefautor Matthias Koch.

Welche Rechte haben Frauen im Iran?

„Seit der islamischen Revolution im Iran (im Jahr 1979) wird die eine Hälfte der Gesellschaft, nämlich die Frauen, von der anderen Hälfte systematisch unterdrückt“, sagte die iranische Frauen­rechtlerin und Friedens­nobelpreis­trägerin Shirin Ebadi im Oktober 2019 in einem Interview der Bundes­zentrale für politische Bildung. Unter dem Slogan „Frau, Leben, Freiheit“ kam es im Herbst 2022 nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini zu landesweiten Protesten gegen das islamische Herrschafts­system. Amini war von der berüchtigten Sittenpolizei festgenommen worden, weil ihr obligatorisches Kopftuch leicht verrutscht war. Die 22-Jährige starb in Polizei­gewahrsam. Die berüchtigte Sittenpolizei im Iran hat das Vorgehen gegen Frauen ohne Kopftuch im Frühjahr nach UN-Angaben wieder verschärft.

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Was ist das politische System im Iran?

Der Iran ist eine islamische Theokratie mit demokratischen Elementen. Der Oberste Führer der Islamischen Republik ist geistliches und politisches Oberhaupt. Er wird von einer Versammlung von Geistlichen, dem Expertenrat, auf Lebenszeit gewählt. Der Oberste Führer ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Der Präsident ist Chef der Regierung und wird alle vier Jahre gewählt, zuletzt am 18. Juni 2021. Auch das Parlament wird alle vier Jahre gewählt, zuletzt am 1. März dieses Jahres. Parteien nach westlichem Verständnis gibt es im Iran nicht, bei Parlaments- oder Präsidentschafts­wahlen werden Personen gewählt.

Wer regiert aktuell im Iran?

Bis zum Antritt eines Nachfolgers für Raisi fungiert der bisherige Vizepräsident Mohammed Mochber als Übergangs­präsident. Zwar hat der Oberste Führer in letzter Instanz das Sagen, das Präsidentenamt ist aber nicht nur zeremoniell. Der Präsident ist für die Alltags­geschäfte der Regierung zuständig und pflegt Beziehungen zum Ausland. Mit Zustimmung des Parlaments bildet er außerdem ein Kabinett.

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