Inspektionsreise der Botschaft

Kurzbesuch in einem abgeriegelten Land: Deutsche Diplomaten erstmals wieder in Pjöngjang

Nordkorea, Pjöngjang: Autos fahren auf einer Straße vor Hochäusern entlang.

Nordkorea, Pjöngjang: Autos fahren auf einer Straße vor Hochäusern entlang.

Peking. Am Donnerstag ist die deutsche Delegation wieder nach China zurückgekehrt. Zuvor war sie zu Besuch in Nordkorea, als mutmaßlich erste europäische Vertreter seit über vier Jahren. Dort haben sie eine „technische Inspektionsreise“ vollzogen, wie es aus dem Auswärtigen Amt heißt. Ob die jahrelang verwaiste Botschaft nun bald wiederbesetzt werden kann, bleibt allerdings fraglich. Mutmaßlich müssen nicht nur Mietrückstände bezahlt werden, sondern die Räumlichkeiten auch auf Abhörgeräte untersucht werden.

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Immerhin gibt es nun erste Anzeichen, dass sich das hermetisch abgeriegelte Regime allmählich öffnet. Dabei zeigt sich jedoch deutlich, dass das Land seine Pforten – mehr noch als bereits in der Vergangenheit – nur einigen auserlesenen Besucherinnen und Besuchern auftut.

Nicht einmal Unicef darf Mitarbeitende entsenden

Die Prioritäten lassen dabei tief blicken: Am 9. Februar landeten die ersten Touristinnen und Touristen am Flughafen von Pjöngjang. Auf Fotos ist zu sehen, wie die 97‑köpfige Reisegruppe in knalligen Daunenjacken und stylischen Sonnenbrillen die nordkoreanische Hauptstadt erkundet. Die ausschließlich russischen Gäste haben einen viertägigen Trip absolviert, der sie unter anderem auch in das vor zehn Jahren eröffnete Masik-Ryong-Skigebiet geführt hat.

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Doch die Eindrücke der Teilnehmenden fielen ziemlich gemischt aus. „Meiner Meinung nach ist die Besichtigung zahlreicher Denkmäler uninteressant für einen Menschen, der aus dem postsowjetischen Raum stammt“, meint die Russin Yulia Meshkova. Auf Instagram schreibt sie ihr enttäuschtes Fazit der Reise: „Insgesamt gibt es in dem Land keinen Kommunismus, sondern eine absolute Monarchie mit einer totalitären Diktatur.“ Dementsprechend werde sie Nordkorea – aus moralischen Gründen – nicht wieder besuchen, schreibt sie.

Es mag längst überfällig erscheinen, dass Nordkorea wieder Touristinnen und Touristen ins Land lässt. Dennoch ist ernüchternd, wen Machthaber Kim Jong Un außen vor lässt. Denn bis zum heutigen Tage konnten sämtliche internationale Hilfsorganisationen und NGOs seit Jahren keinen einzigen Mitarbeiter mehr nach Pjöngjang entsenden. „Wir fordern unsere Regierungspartner in der Demokratischen Volksrepublik Korea weiterhin dringend auf, die schnellstmögliche Rückkehr unserer internationalen Mitarbeiter zu ermöglichen“, heißt es von einer Sprecherin des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef).

Erinnerung an den Besuch am Stacheldrahtzaun: Fotos an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea sind bei Touristen obligatorisch.

In der Zone zwischen Nord- und Südkorea boomt das Geschäft mit der Grenze

An Südkoreas stark bewaffneter Grenze zum verfeindeten Norden blüht der Kapitalismus in seiner vielleicht raffiniertesten Form. Aus der Verschlossenheit Nordkoreas macht man hier ein Geschäfts­modell: Mit allem, was auf den Norden hinweist, wird Geld verdient. Ein Ortsbesuch.

Nur noch Vertreter wohlgesinnter Nationen?

Organisationen wie Unicef oder die deutsche Welthungerhilfe befinden sich in einer besonders prekären Situation. Denn sie müssen weiter administrative Kosten und Büromieten zahlen, um ihre Präsenz im Land nicht vollständig zu verlieren. Und gleichzeitig können sie lediglich über Zoom-Gespräche Kontakt zu Lokalkräften halten, nicht jedoch selber Projekte vor Ort evaluieren – geschweige denn überprüfen, wie hoch der Bedarf an humanitärer Hilfe tatsächlich ist.

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Kritikerinnen und Kritiker glauben, dass dies der neue Normalzustand ist: Kim Jong Un möchte künftig weder westliche Touristen noch NGO-Mitarbeitende oder neugierige Journalistinnen und Journalisten ins Land lassen, sondern ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter aus freundlich gestimmten Nationen. Denn das Regime betrachtet den Austausch als ideologische Gefahr für die eigene Bevölkerung.

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Kim Jong Un sieht „neuen kalten Krieg“

Die möglichen Beweggründe für die zunehmende Isolation hat der langjährige Nordkorea-Experte Rüdiger Frank in einem Essay für das Fachmagazin „38 North“ unter dem Begriff „De-Risking“ zusammengefasst – also Risikominderung. Während China und Russland nämlich zunehmend wirtschaftliche Möglichkeiten bieten, sind dadurch die Anreize für Pjöngjang deutlich gesunken, sich auch mit dem Rest der Welt zu engagieren. Dementsprechend, so argumentiert der Leiter des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien, hat die Parteiführung in Pjöngjang viele Öffnungsmaßnahmen nun wieder zurückgenommen – etwa die diplomatischen Vertretungen im Ausland deutlich reduziert, darunter auch in Spanien.

Das hermetische abgeriegelte Königreich, wie Nordkorea oft genannt wird, ist nach einer kurzen, zaghaften Öffnungsphase also wieder isolierter geworden. Denn die Welt bewege sich aus Sicht Pjöngjangs wieder auf einen „neuen kalten Krieg“ zu, wie Machthaber Kim Jong Un bei der Obersten Volksversammlung im Vorjahr selbst gesagt hat.

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