Unglücklicher Auftritt des Grünen-Politikers

Straftäter nach Afghanistan abschieben oder nicht? Hofreiter gerät bei „Lanz“ ins Schwimmen

Grünen-Politiker Anton Hofreiter im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz.

Grünen-Politiker Anton Hofreiter im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz.

Berlin. Schon in der Vorwoche hatte Markus Lanz es bei Omid Nouripour getan, diesmal konfrontierte er dessen Parteikollegen Anton Hofreiter. Wie er Olaf Scholz‘ Forderung finde, verurteilte Straftäter konsequent nach Afghanistan abzuschieben, fragte der ZDF-Moderator den Grünen-Politiker in seiner Talkshow am Dienstagabend. Und erwischte ihn auf dem falschen Fuß. „Ich halte das für problematisch“, antwortete Hofreiter und führte aus, dass es ja nicht sein könne, dass ein islamistischer Terrorist in Deutschland verurteilt und „de facto in die Freiheit entlassen wird, anstatt dass er bei uns sicher im Gefängnis sitzt.“

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Hofreiter erntete irritierte Blicke aus der Talkrunde, die neben Lanz aus Eva Quadbeck, Chefredakteurin des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), Martin Machowecz, stellvertretender Chefredakteur der „Zeit“, und Militärexperte Wolfgang Richter bestand. Lanz hakte verwundert nach: „Warum skizzieren sie das so herum? Was halten sie von dem Szenario, dass er hier ins Gefängnis geht und dann abgeschoben wird.“ Und Hofreiter lenkte ein: „Über diese Reihenfolge kann man diskutieren.“ Seine nachgeschobene Erklärung, er habe oft den Eindruck, es werde darüber diskutiert, verurteilte Straftäter sofort abzuschieben, konterten Lanz und RND-Chefredakteurin Quadbeck unisono: „Das will niemand.“

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Hofreiter verheddert sich bei Wahlanalyse

Die Szene war sinnbildlich für Hofreiters Auftritt. Der Grünen-Politiker stolperte von Fettnäpfchen zu Fettnäpfchen und bekam in der Debatte kaum einen Fuß auf den Boden. Dabei lag der ehemalige Fraktionschef seiner Partei gar nicht immer falsch, wirkte aber oft unvorbereitet und wenig souverän. Gleich zu Beginn verhedderte sich Hofreiter bei seiner Analyse des Grünen-Absturzes bei der Europawahl (8,6 Prozent weniger als 2019), verwies auf globale Krisen wie die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg und sprach von Details, bei denen man „eigene Fehler gemacht hat“, wie etwa beim Heizungsgesetz.

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Ob die Migrationspolitik der Grünen nicht etwas mit dem schlechten Wahlergebnis zu tun habe, fragte Lanz schließlich. „Das war mir vollkommen klar, dass Sie darauf hinaus wollen“, entgegnete Hofreiter schnippisch und widersprach: „Nach allem, was ich erkennen kann, war das nicht die zentrale Ursache dafür, dass die Grünen verloren haben.“ Dieser These widersprach Quadbeck, die es knackiger auf den Punkt bringen konnte als der Grüne: „Parteien werden gewählt, weil man ihnen zutraut, Probleme zu lösen. Migration ist im Moment das Topthema – und das wird den Grünen nicht zugetraut.“

„Wenn man da nicht trennscharf ist, bringt man die Leute gerade dazu, AfD zu wählen. Das finde ich ein bisschen gefährlich.“

Martin Machowecz,

stellvertretender Chefredakteur der Zeit

Oft drückte sich Hofreiter schlicht unglücklich aus – und wurde dafür in der Runde hart abgestraft. So auch, als er „einem erheblichen Teil“ der AfD-Wähler einen „gefestigten Rechtsextremismus“ zuschrieb – und später von mehr als 50 Prozent sprach. Zwar zeigt die Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, auf die sich Hofreiter bezog, einen Anstieg rechtsextremer Positionen in Deutschland, Rückschlüsse auf die AfD-Wählerschaft lässt sie allerdings kaum zu. Diese Ungenauigkeit kritisierte „Zeit“-Journalist Machowecz, der mahnte: „Wenn man da nicht trennscharf ist, bringt man die Leute gerade dazu, AfD zu wählen. Das finde ich ein bisschen gefährlich.“

Lanz treibt Hofreiter mit Suggestivfragen vor sich her

Immer wieder fiel auf, wie Hofreiter argumentativ in die Ecke gedrängt wurde und sich nur selten befreien konnte. Das lag auch daran, dass Lanz sich den einzigen Politiker in der Runde als Ziel auserkoren hatte. Mal hakte der Moderator hartnäckig nach, mal verfiel er allzu sehr in Suggestivfragen und legte Hofreiter verkürzte Versionen seiner Aussagen in den Mund, um ihn weiter vor sich herzutreiben. Das hatte auch zur Folge, dass sich die beiden oft minutenlang im Klein-Klein verloren und die übrigen Gäste zu kurz kamen.

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Im Schlussteil der Sendung gerieten Hofreiter und Oberst a.D. Richter mit ihren konträren Haltungen zum Ukraine-Krieg aneinander. Der Militärexperte nahm Bundeskanzler Olaf Scholz in Schutz und plädierte für eine maßvolle militärische Unterstützung der Ukraine. „Wir wollen auf keinen Fall eine Eskalation, die auf einen großen europäischen Krieg hinausläuft. Da waren wir uns doch alle einig“, sagte er. Es gebe zu viele Unsicherheiten, gerade mit Blick auf die US-Wahl, als dass Deutschland es riskieren könne, unvorbereitet das Risiko einzugehen, Kriegspartei zu werden. „Es ist wichtig, einer Eskalation vorzubeugen.“

Auch Militärexperte Richter bringt Grünen-Politiker ins Schwimmen

Dem widersprach Hofreiter: „Ich halte es für naiv zu glauben, dass die Eskalationsgefahr darin besteht, dass wir die Ukraine unterstützen. Die Erfahrung der letzten 15 Jahre mit Putin zeigt, dass die Eskalationsgefahr darin besteht, wenn man ihm nachgibt.“ Als er behauptete, dass Putin angekündigt habe, nach der Ukraine weitere Länder anzugreifen, fragte Richter verdutzt: „Wo hat er das gesagt?“ Hofreiter verwies diffus auf Reden des russischen Präsidenten, einen wirklichen Beleg für seine Behauptung konnte er allerdings nicht liefern. Dabei warnen Experten schon länger davor, dass Putin einen Angriff auf das Baltikum planen könne. Doch der Grünen-Politiker hatte die passenden Argumente für seine These erneut nicht griffbereit.

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