Bei „Maischberger“ wird es emotional

Freundliches Gesicht des Ärgers: Kretschmer greift Moderatorin nach Ukraine-Frage an

Nicht amüsiert über fehlende diplomatische Vorstöße: Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, war Gast in dem ARD-Polittalk und ereiferte sich sowohl über die offizielle deutsche Strategie bezüglich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine als auch über die Moderatorin.

Nicht amüsiert über fehlende diplomatische Vorstöße: Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, war Gast in dem ARD-Polittalk und ereiferte sich sowohl über die offizielle deutsche Strategie bezüglich des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine als auch über die Moderatorin.

Am Anfang war‘s nett. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer wünschte sich am Mittwoch bei „Maischberger“ eine Bundesregierung wie die deutsche Nationalmannschaft - „Leute, die‘s können, die zusammenhalten und die auch Spaß dabei haben und wo nicht jeder in eine andere Richtung rennt“.

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Dann kam das Gespräch auf den Ukrainekrieg – und damit wechselte die Stimmung in der Sendung von besonnen-heiter zu emotional-aufgeregt. Sandra Maischberger bat den CDU-Politiker um ein Statement zu „Waffenstillstand und Friedensverhandlungen im Ukrainekrieg“. „Was sage ich seit zwei Jahren? Was sage ich seit zwei Jahren?“ entgegnete Kretschmer in strengväterlicher Wiederholung. Und statt die Frage selbst zu beantworten, warf er Maischberger vor, dass er sich solche Fragen nicht mehr anhören müsse. Dass er sich diesbezüglich seit zwei Jahren von Journalistinnen und Journalisten „Unterstellungen“ anhören müsse.

Die leisen, die abwägenden Stimmen, die es auch in diesem Land gegeben habe, seien „beiseite geschoben worden“, sagt Kretschmer im Ersten. Es sei ein Fehler, diese Diskussion nicht geführt zu haben.

Zuletzt hatte Kretschmers Eintreten für eine Verhandlungslösung für einiges Aufsehen und weitgehende Ablehnung gesorgt. Der CDU-Politiker hatte sich Ende Dezember 2023 an die Medien gewandt und der Ukraine einen vorübergehenden Gebietsverzicht empfohlen.

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Auf Kretschmers Vorschläge zu Verhandlungen reagierte Kiew umgehend

„Es kann sein, dass die Ukraine bei einem Waffenstillstand erst einmal hinnehmen muss, dass gewisse Territorien für die Ukraine vorübergehend nicht erreichbar sind“, wurde er damals von den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zitiert. Kretschmer redete damals (wie auch am Mittwoch bei „Maischberger“ der Diplomatie das Wort – und sagte, „kein Quadratmeter des ukrainischen Territoriums“ sei „russisch geworden“.

„Haben Sie nicht das leiseste Moment einer Sorge, dass tatsächlich auch Ihre Bürger in Sachsen es wieder mit russischen Soldaten vor der Haustür zu tun bekommen?“, fragte Maischberger in ihrem Talk – und verwies damit auf die damalige Reaktion des ukrainischen Außenministeriums, das umgehend Kretschmers Vorschlag kommentiert hatte. „Wenn die Ukraine sich mit dem zeitweisen Gebietsverlust abfindet, dann rücken die russischen Truppen näher an Deutschland und dabei Sachsen heran“, hatte der Sprecher des Außenministeriums in Kiew, Oleh Nikolenko, Ende des Vorjahres bei Facebook geschrieben.

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Maischberger wirft ihrem Studiogast Aggressivität vor

Maischbergers Memo führte bei Kretschmer umgehend zu einer scharfen Replik. Was sie rede, höre man „seit zwei Jahren“, fauchte Kretschmer. Und immer mehr rote Linien würden überschritten. Von der „absurden Diskussion mit diesen 5000 Helmen“ sei man zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern und Streumunition gelangt. „Wir reden jetzt über ganz andere Waffensysteme“, sagte Kretschmer, „und das macht den Leuten Sorge“.

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„Wir reden jetzt über ganz andere Waffensysteme, und das macht den Leuten Sorge“.

Michael Kretschmer bei „Maischberger“

Ein Strategiewechsel sei nicht in Sicht, aber notwendig. „Die Menschen sterben. Jeden Tag sterben Menschen, die gesamte Welt gerät ins Chaos. Es entstehen neue Bündnisse, die wir früher immer als sehr gefährlich gesehen haben.“ Der Verzicht auf Waffenlieferungen in Kriegsregionen habe Deutschland und Europa Sicherheit gebracht. Dann bezog Kretschmer die Moderatorin in seinen Angriff ein: „Und Sie fragen mich jetzt auch wieder die gleichen Standardsätze.“

Maischberger warf ihrem Gast daraufhin vor, „aggressiv mir gegenüber “ zu sein – wo sie sich doch nur auf CDU-Parteichef Friedrich Merz berufe, der weitere Ukrainehilfen befürworte. Kretschmer bestritt aggressive Töne: Er sage ihr „mit einem sehr freundlichen Gesicht, dass Sie das Gleiche tun, was seit zwei Jahren immer wieder passiert. Es fällt Ihnen nichts Neues ein …“ Er, Kretschmer, wisse, dass Merz anderer Meinung sei, respektiere diese. Merz habe – anders als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) – zumindest einen Standpunkt.

Kretschmer trat erneut für ein schnelles Kriegsende durch Diplomatie, politische Allianzen, ein. Möglich sei es, dass am Ende von Verhandlungen ukrainische Territorialverluste stünden. Aber das tägliche Sterben wäre zu Ende, Deutschland könne das Geld für den Krieg in seine Sicherheit, etwa einen Raketenabwehrschirm, investieren. Was er aber auch sagte: „Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren. Russland darf ihn nicht gewinnen.“ Was nichts anderes heißt als – Maischberger hakte nach – weitere Waffenlieferungen für die Ukraine? „Man muss ihr helfen“, bestätigte Kretschmer.

Keine Aussage über eine mögliche Koalition mit dem BSW

Darüber, ob er nach den Wahlen zum sächsischen Landtag am 1. September eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eingehen werde, das – siehe Wagenknechts Aussagen bei „Markus Lanz“ in der vorigen Woche – eine ähnliche Position zum Ukrainekrieg einnimmt, ließ Kretschmer sich nichts entlocken. Darüber werde er nach den Wahlen reden.

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Kretschmer hat immer wieder mit Statements zu Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine für Diskussion gesorgt. Schon im November hatte der CDU-Ministerpräsident dafür plädiert, den Konflikt „einzufrieren“. Früh nach dem russischen Angriff hatte Kretschmer bereits einem Vorrang der Diplomatie das Wort geredet.

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