Gehen die Planungen zu weit?

Lauterbach bringt mit seinem „Gesundes-Herz-Gesetz“ das Gesundheits­wesen gegen sich auf

Umstrittener Vorstoß: Der Kampf des Gesundheitsministers Karl Lauterbach gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht vielen Medizinern zu weit.

Umstrittener Vorstoß: Der Kampf des Gesundheitsministers Karl Lauterbach gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen geht vielen Medizinern zu weit.

Führende Vertreter der gesetzlichen Krankenversicherung gehen wegen eines Gesetzentwurfs von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Bekämpfung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf die Barrikaden. „Mehr Medikamente und Check-ups schon für Kinder sind Aktionismus, aber keine Strategie, die Zivilisationserkrankung in den Griff zu bekommen“, sagte der Chef des höchsten Entscheidungsgremiums der Krankenversicherung, Josef Hecken, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mit Blick auf das „Gesundes-Herz-Gesetz“ Lauterbachs.

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„Statt sich dafür einzusetzen, dass sich Kinder gesund und ausgewogen ernähren und es Aufklärungskampagnen zu einer gesunden Lebensweise gibt, sollen Arzneimittel verordnet werden“, beklagte Hecken. Die von Lauterbach präferierten Statine (Cholesterinsenker) seien keine „Pfefferminzbonbons aus dem Supermarkt“, sondern Medikamente mit vielen Wechsel- und Nebenwirkungen, warnte Hecken. Sie verursachten beispielsweise Muskelschmerzen, Leberschäden oder Diabetes. „Pillen statt gesunder Ernährung und mehr körperliche Bewegung – was leben wir unseren Kindern denn hier für eine Lebenseinstellung vor?“, empörte sich der Chef des Gemeinsamen Bundesausschusses von Ärzten, Kliniken und Kassen (G-BA).

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Lauterbach plant mit dem Gesetz unter anderem, die Bedingungen für die Verschreibung von Statinen deutlich zu lockern und damit rund zwei Millionen Menschen mehr als bisher den Zugang zu diesen Medikamenten zu ermöglichen. Das betrifft insbesondere Kinder und Jugendliche. Damit folgt Lauterbach zwar Empfehlungen von Kardiologen. Andere Ärzteverbände und die gesetzlichen Krankenkassen sind aber vehement dagegen.

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Arzneimittel bei Kindern umstritten

Hecken sagte, bei einem solchen Vorgehen beginne die lebenslange Medikation künftig schon im Teenageralter. „Die Herangehensweise, schon bei Kindern dauerhaft auf die Gabe von Arzneimitteln zu setzen, muss doch die absolute Ausnahme bleiben, wenn aus medizinischen Gründen nichts anderes geht“, mahnte er und betonte: „Frühe Arzneimittelgaben müssen auf unabdingbar notwendige Einzelfälle wie Kinder mit genetischer Vorbelastung beschränkt werden, bei denen eine Änderung des Lebensstils allein nicht ausreicht.“

Hecken stört sich wie Ärzteverbände und die Kassen insbesondere auch daran, dass Lauterbach die Regeln für die Behandlungen und die Verschreibung von Medikamenten per Gesetz festlegen will. Normalerweise entscheidet darüber der G-BA, der dabei umfangreichen Sachverstand berücksichtigt. Lauterbach setze aber offenbar allein auf die Sicht der Kardiologen, kritisierte Hecken. „Mein Verständnis von Entscheidungen auf einer wissenschaftlichen Grundlage ist ein anderes – man darf nicht nur jene Argumente wahrnehmen, die die eigene Meinung bestätigen“, sagte Hecken mit Blick auf Lauterbach. Um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, sei vor allem eine breit angelegte Präventionsstrategie nötig, so der G-BA-Chef.

In der offiziellen Stellungnahme des G-BA zum Gesetzentwurf Lauterbachs, die dem RND vorliegt, wird zudem darauf aufmerksam gemacht, dass Lauterbach ein derartiges Vorgehen in der Zeit der großen Koalition noch strikt abgelehnt habe. Damals wollte der damalige Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bestimmte Leistungen per Gesetz in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufnehmen. Lauterbach erklärte damals als Gesundheitsexperte seiner Fraktion, die SPD lehne es ab, dass ein Minister selbst über Kassenleistungen entscheiden könne. Spahn gab sein Vorhaben schließlich auf.

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