Europäischer Rechnungshof: Anerkennung von Berufsabschlüssen in anderen EU-Ländern zu schwierig
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Flur.
Quelle: Marijan Murat/dpa/Symbolbild
Brüssel. Der Europäische Rechnungshof kritisiert hohe Hürden bei der Anerkennung vieler Berufsabschlüsse in anderen EU-Staaten. Eigentlich ermöglicht das EU-Recht, dass man innerhalb der Europäischen Union in jedem Land arbeiten kann. Bei reglementierten Berufen, wie Arzt und Ärztin, Krankenhauspersonal oder Piloten müssen die Berufsabschlüsse im betreffenden Land aber formal anerkannt werden – und hier kommt es zu massiven Problemen. Bürgerinnen und Bürger seien mit vielen Hindernissen und teils unbegründet hohen Kosten von bis zu 17.500 Euro (für Piloten in den Niederlanden) konfrontiert, so das Fazit eines Sonderberichts des Rechnungshofs. „Krankenpfleger oder Mechaniker, die in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten möchten, werden möglicherweise von dem langen und übermäßig bürokratischen Prozess abgeschreckt, den sie zur Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen unter Umständen durchlaufen müssen“, erklärt Rechnungshofprüfer Stef Blok.
Während es in Deutschland nur 170 Berufe gibt, für die ein bestimmter Abschluss nötig ist, sind es beispielsweise in Ungarn mehr als 400. Immer wieder würden Behörden unnötig viele Unterlagen verlangen, beispielsweise Motivationsschreiben oder Wohnsitznachweise noch vor dem tatsächlichen Umzug in ein Land. Einige Staaten würde zudem zusätzliche Schulungen oder Prüfungen vorschreiben, ohne dies zu begründen.
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Zwar gibt es einen Europäischen Berufsausweis, der beispielsweise für Krankenpfleger und Apotheker erhältlich ist. Doch bei der Anerkennung des Berufsabschlusses wird dieser Ausweis nur selten genutzt, so der Rechnungshof. Bei Krankenpflegern lediglich in fünf Prozent der Fälle. Als Grund werden die Kosten für die Ausstellung des Ausweises vermutet. So müssten Bürgerinnen und Bürger unterm Strich 20 Prozent mehr zahlen, wenn sie auf diesem Weg ihren Berufsabschluss anerkennen lassen wollen.
Außerdem würden Warnmeldungen zu einzelnen Personen im eigens dafür eingerichteten EU-System nicht beachtet, so der Rechnungshof. In dem System können nationale Behörden Angaben zu Personen in sensiblen Berufen machen, die etwa wegen massivem Fehlverhalten aufgefallen sind oder Straftaten bei der Ausübung ihres Jobs begangen haben. Dem Sonderbericht zufolge gebe es eine regelrechte Flut an Warnmeldungen, weshalb die zuständigen Behörden bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen keine Prüfung vornehmen würden. Zwischen 2017 und 2021 seien von den Mitgliedstaaten mehr als 25.000 Warnhinweise eingegangen.
Der Rechnungshof kritisiert, dass die Behörden bei der Anerkennung von Abschlüssen nicht verpflichtet sind, einen Datenabgleich mit den Warnmeldungen vorzunehmen. „Zum Schutz der EU-Bürger sollte der bestehende Warnmechanismus unserer Ansicht nach in das Anerkennungsverfahren integriert werden, wenn es um Berufe geht, die Gesundheit und Sicherheit betreffen oder Integrität erfordern. Dies gilt insbesondere für Berufe im Zusammenhang mit Minderjährigen“, so Rechnungshofprüfer Blok.