Kommunaler AfD-Fraktionspartner

NPD-Nachfolgepartei: Welche Positionen vertritt Die Heimat?

NPD, das war sie mal: Inzwischen nennt sich die Partei Die Heimat – und will jetzt in zwei Brandenburger Kommunen mit der AfD koalieren. (Archivbild)

NPD, das war sie mal: Inzwischen nennt sich die Partei Die Heimat – und will jetzt in zwei Brandenburger Kommunen mit der AfD koalieren. (Archivbild)

Es ist ein Skandal, der auch innerhalb der AfD für Unmut sorgt. Drei AfD-Politiker wollen mit der rechtsextremen Partei Die Heimat in zwei Brandenburger Kommunalparlamenten gemeinsame Fraktionen bilden. Wohlwissend, dass Die Heimat die Nachfolgepartei der Neonazipartei NPD ist – und auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD zu Organisationen steht, mit denen sie jede Zusammenarbeit ausschließt. Der AfD-Landesvorstand reagierte prompt und beschloss noch am Dienstag ein Parteiausschlussverfahren gegen die drei Kommunalpolitiker.

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Im Landkreis Oberspreewald-Lausitz im Süden Brandenburgs an der Grenze zu Sachsen hatten zwei AfD-Vertreter im neu gewählten Kreistag und ein Politiker der Partei Die Heimat mitgeteilt, sie würden zusammen eine Fraktion mit dem Namen Heimat und Zukunft bilden. Auch in der Stadtverordnetenversammlung Lauchhammer im betreffenden Landkreis soll es künftig eine neue Fraktion von Gürtler mit den beiden selben AfD-Mitgliedern sowie einem weiteren AfD-Verordneten geben – unter dem Namen AfDplus.

Bundesverfassungsgericht entzieht NPD-Nachfolger die staatliche Finanzierung

Mit dem Urteil stellt sich nun auch die Frage, ob auch die rechtspopulistische AfD von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann.

Die Heimat hatte am Montag triumphierend in einer Mitteilung verkündet, die AfD erkenne sie als „seriöse“ Kraft an: „Veränderung in Sicht: AfD und Heimat gründen erste gemeinsame Fraktionen“. Weiter hieß es: „Was unserer Region nutzt, erfährt unsere Zustimmung, ganz gleich, welche politische Kraft einen Antrag in den Kreistag bzw. die Stadtverordnetenversammlung einbringt.“ Doch was will die Partei eigentlich?

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Wer steckt hinter Die Heimat?

Die rechtsextreme wurde 1964 als Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD) gegründet. Nicht nur in den Buchstaben im Parteinamen entsteht schnell ein erster Vergleich zur NSDAP, auch warnen Politikwissenschaftler und die Richter des Bundesverfassungsgerichts vor der Partei. Zuletzt entzog das Bundesverfassungsgericht dem NPD-Nachfolger die staatlichen Mittel. Nach dem gescheiterten Verbotsverfahren gegen die Partei, beschlossen die Delegierten im Sommer 2023 eine Umbenennung zu Die Heimat. Man wolle damit ein „neues Kapitel“ aufschlagen, hieß es damals in einer Erklärung. Die Mitglieder, nach Parteiangaben sind es 3000, stimmen einer rechtsextremen Ideologie zu und vertreten zum Teil neonazistische Werte.

Hinter Die Heimat steckt in erster Instanz ihr Vorsitzender, der ehemalige Soldat und gelernte Physiotherapeut Frank Franz. In einem Gespräch mit dem Nachrichtenportal „Spiegel“ im Jahr 2017, als die Partei noch NPD hieß, verteidigte er etwa einen Wahlflyer, in dem es hieß „Angehörige anderer Rassen bleiben körperlich, geistig und seelisch immer Fremdkörper, egal, wie lange sie in Deutschland leben“.

In den Brandenburger Fraktionen übernimmt besonders Thomas Gürtler eine prägende Rolle; Als Kreisfraktionsvorsitzender der Partei Die Heimat soll er die Zusammenarbeit mit der AfD „orchestrieren“, heißt es in der Pressemitteilung. Gürtler wiederum gehört laut eines Wahlchecks aus dem Jahr 2021 des Aktionsbündnisses Brandenburg zum völkischen Flügel innerhalb von der Partei Die Heimat.

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Das Anliegen ebenjenen Flügels ist eine sogenannte „rassische“ Gemeinschaft: Nicht etwa Staatsbürgerschaft oder Pass solle eine Rolle zur Bestimmung einer Volkszugehörigkeit spielen, sondern „der ethnokulturelle Ausdruck“. Dieser definiert sich anhand der Abstammung, heißt es laut Aktionsbündnis Brandenburg aus der Gründungsproklamation des Völkischen Flügels: „Deutscher kann demzufolge immer nur derjenige sein, der deutsche Eltern hat, welche deutschen Abstammungsgemeinschaften als Nachfahren zuzurechnen sind oder in der ein Elternteil entsprechend deutsch und der andere Elternteil zumindest europider Abstammung ist.“

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Gürtler, der die gegründete Fraktion Heimat und Zukunft im Kreistag Oberspreewald-Lausitz selber führen soll, hat die Gründungsproklamation des Völkischen Flügels als einer der Erstunterzeichnenden erarbeitet. Er ist zudem der einzige Abgeordnete der Partei Die Heimat im Kreistag Oberspreewald-Lausitz.

Wofür steht Die Heimat?

Das Ziele der Partei ist eindeutig: Man strebe einen „fundamentalen Systemwechsel“ an, fasst die Bundeszentrale für politische Bildung das Vorhaben der Partei zusammen. Die Partei will nicht nur traditionelle Werte bewahren, sondern zusätzlich auch die nationale Kultur und Identität schützen. Auch, und auch diese Forderung ist wenig überraschend und hinlänglich historisch bekannt, steht die Partei für eine ethnisch homogene „Volksgemeinschaft“, deren Grundlage eine „nationale Identität, nationale Souveränität und nationale Solidarität“ sind. Viel Nationalismus und Rassismus also, wenig Inklusion, Zuwanderung und Diversität.

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Die ehemalige NPD fordert zudem laut Kurzwahlprogramm zur Europawahl den Austritt Deutschlands aus der EU, den sogenannten „Dexit“, und den Rückzug aus der Nato. Auch weitere Forderungen wie das Ende einer „Gesinnungsdiktatur“ und eine Aufarbeitung des „Corona-Unrechts“ sowie die „Remigration“ von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte finden sich in dem Programm. Wirtschaftspolitisch setzt die Partei unter anderem auf die Wiedereinführung der D-Mark. Zudem erkennt sie das Grundgesetz nicht als demokratische Verfassung an. Das darin verankerte Asylrecht müsse gestrichen werden, fordert sie in ihrem Parteiprogramm aus dem Jahr 2010.

Seit ihrer Gründung 1964 engagiert sich die Partei für ein Ende des Staates Israel. Der Landesvorsitzende von Die Heimat in Nordrhein-Westfalen, Claus Cremer, postete etwa am 7. Oktober nach dem Angriff der Hamas auf Israel eine palästinensische Flagge. Dazu schrieb er laut eines Berichts des Innenministeriums NRW: „Die Welt brennt derzeit an allen Ecken und Enden. Deshalb ist es wichtig den Überblick zu behalten und zu wissen, auf welcher Seite man steht.“

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Wo ist Die Heimat am stärksten?

Weder auf Bundes- noch auf Landesebene konnte sich Die Heimat zuletzt einen Sitz in den Parlamenten sichern. Zuletzt erhielt sie aber bei der Bundestagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 0,8 Prozent, national der höchste erzielte Wert. Mit 480 Mitgliedern ist Die Heimat Bayern der mitgliederstärkste Landesverband, alle weiteren Verbände liegen zum Teil weit darunter.

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Auch wenn Die Heimat seit den 2010er-Jahren einen starken Mitgliederschwund verzeichnet, zählt sie nach wie vor zu der stärksten rechtsextremen Partei in Deutschland. Auch nahm die AfD der Partei nach ihrer Gründung viele Mandate ab; trotz alledem hält Die Heimat besonders in Sachsen, Brandenburg, NRW und Schleswig-Holstein noch verschiedene Sitze in lokalen Parlamenten.

Kann Die Heimat verboten werden?

Das Bundesverfassungsgericht hat sich 2017 mit einem Verbotsverfahren gegen die damalige NPD auseinandergesetzt und dieses am Ende zurückgewiesen. Zwar sei das Konzept der Partei „auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gerichtet“, so damals der Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, Andreas Voßkuhle. Das Ziel zu erreichen, ebenjene demokratische Grundordnung zu gefährden, hielt das Bundesverfassungsgericht jedoch für ausgeschlossen und erteilte dem Verbotsverfahren eine Absage.

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Im Januar 2024 war die Parteifinanzierung beim Bundesverfassungsgericht Thema. Dieses entschied Die Heimat für sechs Jahre von staatlichen Finanzierungen auszuschließen.

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