Wiederentdeckung einer alten Zutat: Warum nicht mal mit Verjus das Leben versauern?
Wieder im Kommen: Verjus ist die Essenz aus unreifen weißen Trauben eines Rebstocks.
Quelle: imago images/KHARBINE-TAPABOR
Nachhaltige Foodtrends wie das Verwerten von Gemüse vom Blatt bis zur Wurzel („From Leaf to Root“) haben Hochkonjunktur. Da passt die Wiederentdeckung einer alten Zutat für Essen und Getränke gut rein: Verjus. Hinter dem nach exklusiver Delikatesse klingenden Namen verbirgt sich nichts anderes als Traubenabfall. Dennoch zählt Verjus, abgeleitet vom französischen Ausdruck für grünen Saft, nach Ansicht von Kulinarikern und Cocktailspezialisten zu den Sommertrends 2024.
Auf manchen Weingütern werden jedes Jahr im Sommer tonnenweise unreife Trauben aus den Rebstöcken geschnitten. Dieses Ausdünnen, auch grüne Lese genannt, soll die Qualität der verbliebenen Trauben steigern und den Wein fruchtiger und konzentrierter machen. Die überflüssigen, grünen Früchte galten bislang als Abfallprodukt – landen nun aber zunehmend in Cocktailbars oder in Küchen gehobener Restaurants.
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Historie als Säuerungs- und Würzmittel
Die unreifen Trauben werden samt Stielen zerquetscht, ihr Saft gefiltert, pasteurisiert und abgefüllt. Das Ergebnis ist Verjus, ein grüner Saft ohne auch nur einen Hauch von Alkohol, der mit seinem fruchtigen Aroma und der milden Säure als eine feine Alternative zu Zitronensaft und Essig gehandelt wird. Verjus passt als Würze zu Fisch und Geflügel, eignet sich für die Zubereitung von Soßen, zum Marinieren sowie zum Verfeinern von Gemüse und Salat und als Zutat für Cocktails.
Schon in der Antike war Verjus bekannt – vor allem als Verdauungsmittel nach dem Genuss fettreicher Speisen. Das Extrakt ist reich an Mineralstoffen wie Kalzium, Magnesium und Kalium und wegen seiner Histamin- und Fruktosefreiheit für Allergiker geeignet. Bekannt ist Verjus auch heute noch unter seinem ursprünglichen Namen Agrest, was im Italienischen für „unreife Traube“ steht. Bis ins Mittelalter hinein schätzte man den Saft in Europa als Säuerungs- und Würzmittel für Speisen. Er wurde aber auch, vermischt mit Wasser, getrunken.
Nachdem die Kreuzfahrer die ersten Zitronen nach Europa mitgebracht hatten, bevorzugte man die Säure dieser Früchte für Marinaden und Essig. Verjus geriet etwas in Vergessenheit. Immerhin datiert die erste schriftliche Erwähnung von Verjus in einem deutschen Kochbuch aus dem 16. Jahrhundert. Und in Frankreich schätzte man den Traubensaft als Geheimzutat: Ein Senfhersteller aus Dijon befand Mitte des 18. Jahrhunderts, dass der grüne Saft aus den nahe gelegenen Weinbergen Senf eine sanftere Note verlieh als herkömmlicher Essig. Der mit Verjus versetzte Dijon-Senf wurde damit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt.
Heute beliebte Zutat für Drinks
Als Ersatz für saure Limetten und Zitronen wird Verjus laut dem Magazin „Mixology“ heute vermehrt in Bars eingesetzt. Dabei spielt offenbar nicht nur der raffiniertere und milde Geschmack eine Rolle, sondern auch der Preis: Die Zutat sei vergleichsweise günstig. „Zitronen frisch zu pressen ist sicherlicher teurer“, zitiert die Deutsche Presse-Agentur den Chefredakteur des Magazins, Nils Wrage.
Wer sich selbst das Leben ein bisschen versauern will, kann sich ganz einfach ein alkoholfreies, sommerliches Erfrischungsgetränk mixen: Dafür Eiswürfel in ein Glas geben und mit zehn Millilitern Verjus, 30 Millilitern Tonic Water und 50 Millilitern Wasser mit Kohlensäure aufgießen. Eine Zitronen- oder Limettenscheibe darf auch hinein – aber nur als Deko.
